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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.
spart werden. Wir müssen sie entweder an dem vor-
gelegten Fall selbst, diesen direct untersuchend, ge-
winnen, oder schon an einem andern Fall gewonnen
haben, und zu dem vorliegenden Fall mitbringen. In
der That lernen wir durch den D'Alembert'schen Satz,
wie unsere Beispiele zeigen, nichts, was wir nicht auf
anderm Wege auch lernen könnten. Der Satz hat den
Werth einer Schablone zur Lösung von Aufgaben, die
uns einigermaassen der Mühe des Nachdenkens über
jeden neuen Fall überhebt, indem sie die Anweisung
enthält, allgemein bekannte und geläufige Erfahrungen
zu verwenden. Der Satz fördert nicht so sehr das
Durchblicken der Vorgänge, als die praktische
Bewältigung
derselben. Der Werth des Satzes ist
ein ökonomischer.

Haben wir eine Aufgabe nach dem D'Alembert'schen
Satz gelöst, so können wir uns bei den Gleichgewichts-
erfahrungen beruhigen, deren Anwendung der Satz ein-
schliesst. Wollen wir aber den Vorgang recht klar
durchblicken, d. h. die einfachsten bekannten mechani-
schen Elemente in demselben wiedererkennen, so müssen
wir weiter vordringen, und jene Gleichgewichtserfahrun-
gen entweder durch die Newton'schen (wie dies S. 249
geschehen ist) oder durch die Huyghens'schen ersetzen. Im
erstem Fall sieht man die beschleunigten Bewegungen,
welche durch die Wechselwirkung der Körper bedingt
sind, im Geiste vorgehen. Im zweiten Fall betrachtet
man direct die Arbeiten, von welchen nach der Huy-
ghens'schen Auffassung die lebendigen Kräfte abhängen.
Diese Betrachtung ist besonders bequem, wenn man das
Princip der virtuellen Verschiebungen verwendet, um
die Gleichgewichtsbedingung des Systems V oder P--W
auszudrücken. Der D'Alembert'sche Satz sagt dann,
dass die Summe der virtuellen Momente des Systems
V oder des Systems P--W der Null gleich ist. Die
Elementararbeit der Verbindungskräfte ist, wenn man
von der Dehnung der Verbindungen absieht, der Null
gleich. Alle Arbeiten werden dann nur von dem

Die weitere Verwendung der Principien u. s. w.
spart werden. Wir müssen sie entweder an dem vor-
gelegten Fall selbst, diesen direct untersuchend, ge-
winnen, oder schon an einem andern Fall gewonnen
haben, und zu dem vorliegenden Fall mitbringen. In
der That lernen wir durch den D’Alembert’schen Satz,
wie unsere Beispiele zeigen, nichts, was wir nicht auf
anderm Wege auch lernen könnten. Der Satz hat den
Werth einer Schablone zur Lösung von Aufgaben, die
uns einigermaassen der Mühe des Nachdenkens über
jeden neuen Fall überhebt, indem sie die Anweisung
enthält, allgemein bekannte und geläufige Erfahrungen
zu verwenden. Der Satz fördert nicht so sehr das
Durchblicken der Vorgänge, als die praktische
Bewältigung
derselben. Der Werth des Satzes ist
ein ökonomischer.

Haben wir eine Aufgabe nach dem D’Alembert’schen
Satz gelöst, so können wir uns bei den Gleichgewichts-
erfahrungen beruhigen, deren Anwendung der Satz ein-
schliesst. Wollen wir aber den Vorgang recht klar
durchblicken, d. h. die einfachsten bekannten mechani-
schen Elemente in demselben wiedererkennen, so müssen
wir weiter vordringen, und jene Gleichgewichtserfahrun-
gen entweder durch die Newton’schen (wie dies S. 249
geschehen ist) oder durch die Huyghens’schen ersetzen. Im
erstem Fall sieht man die beschleunigten Bewegungen,
welche durch die Wechselwirkung der Körper bedingt
sind, im Geiste vorgehen. Im zweiten Fall betrachtet
man direct die Arbeiten, von welchen nach der Huy-
ghens’schen Auffassung die lebendigen Kräfte abhängen.
Diese Betrachtung ist besonders bequem, wenn man das
Princip der virtuellen Verschiebungen verwendet, um
die Gleichgewichtsbedingung des Systems V oder P—W
auszudrücken. Der D’Alembert’sche Satz sagt dann,
dass die Summe der virtuellen Momente des Systems
V oder des Systems P—W der Null gleich ist. Die
Elementararbeit der Verbindungskräfte ist, wenn man
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[317/0329] Die weitere Verwendung der Principien u. s. w. spart werden. Wir müssen sie entweder an dem vor- gelegten Fall selbst, diesen direct untersuchend, ge- winnen, oder schon an einem andern Fall gewonnen haben, und zu dem vorliegenden Fall mitbringen. In der That lernen wir durch den D’Alembert’schen Satz, wie unsere Beispiele zeigen, nichts, was wir nicht auf anderm Wege auch lernen könnten. Der Satz hat den Werth einer Schablone zur Lösung von Aufgaben, die uns einigermaassen der Mühe des Nachdenkens über jeden neuen Fall überhebt, indem sie die Anweisung enthält, allgemein bekannte und geläufige Erfahrungen zu verwenden. Der Satz fördert nicht so sehr das Durchblicken der Vorgänge, als die praktische Bewältigung derselben. Der Werth des Satzes ist ein ökonomischer. Haben wir eine Aufgabe nach dem D’Alembert’schen Satz gelöst, so können wir uns bei den Gleichgewichts- erfahrungen beruhigen, deren Anwendung der Satz ein- schliesst. Wollen wir aber den Vorgang recht klar durchblicken, d. h. die einfachsten bekannten mechani- schen Elemente in demselben wiedererkennen, so müssen wir weiter vordringen, und jene Gleichgewichtserfahrun- gen entweder durch die Newton’schen (wie dies S. 249 geschehen ist) oder durch die Huyghens’schen ersetzen. Im erstem Fall sieht man die beschleunigten Bewegungen, welche durch die Wechselwirkung der Körper bedingt sind, im Geiste vorgehen. Im zweiten Fall betrachtet man direct die Arbeiten, von welchen nach der Huy- ghens’schen Auffassung die lebendigen Kräfte abhängen. Diese Betrachtung ist besonders bequem, wenn man das Princip der virtuellen Verschiebungen verwendet, um die Gleichgewichtsbedingung des Systems V oder P—W auszudrücken. Der D’Alembert’sche Satz sagt dann, dass die Summe der virtuellen Momente des Systems V oder des Systems P—W der Null gleich ist. Die Elementararbeit der Verbindungskräfte ist, wenn man von der Dehnung der Verbindungen absieht, der Null gleich. Alle Arbeiten werden dann nur von dem

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/329>, abgerufen am 25.11.2024.