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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Entwickelung der Principien der Statik.
Erledigung ist nur der geübten mathematischen An-
schauung möglich.

5. Das Ziel, welches Archimedes und seine Nach-
folger in den angeführten Betrachtungen anstreben, be-
steht darin, den complicirtern Hebelfall auf den ein-
fachern, anscheinend selbstverständlichen, zurückzu-
führen, in dem complicirtern den einfachem zu sehen
oder auch umgekehrt. In der That halten wir einen
Vorgang für erklärt, wenn es uns gelingt, in demselben
bekannte einfachere Vorgänge zu erblicken.

So überraschend uns nun auf den ersten Blick die
Leistung von Archimedes und seinen Nachfolgern er-
scheint, so steigen uns bei längerer Betrachtung doch
Zweifel an der Richtigkeit derselben auf. Aus der
blossen Annahme des Gleichgewichts gleicher Gewichte
in gleichen Abständen wird die verkehrte Proportion
zwischen Gewicht und Hebelarm abgeleitet! Wie ist
das möglich?

Wenn wir schon die blosse Abhängigkeit des Gleich-
gewichts vom Gewicht und Abstand überhaupt nicht aus
uns herausphilosophiren konnten, sondern aus der
Erfahrung holen mussten, um wie viel weniger werden
wir die Form dieser Abhängigkeit, die Proportionalität
auf speculativem Wege finden können.

Wirklich wird von Archimedes und allen Nachfolgern
die Voraussetzung, dass die (gleichgewichtstörende)
Wirkung eines Gewichts P im Abstande L von der Axe
durch das Product P. L (das sogenannte statische Moment)
gemessen sei, mehr oder weniger versteckt oder still-
schweigend eingeführt. Wenn nämlich Archimedes ein
grosses Gewicht durch eine Reihe paarweise symmetrisch
angebrachter kleiner Gewichte, welche über den Stütz-
punkt hinausgehen
, ersetzt, so verwendet er die
Lehre vom Schwerpunkt schon in ihrer allgemeinern
Form, welche keine andere ist als die Lehre vom
Hebel in ihrer allgemeinern Form.

Niemand vermag ohne die obige Annahme über die
Bedeutung des Productes P. L nachzuweisen, dass eine

Entwickelung der Principien der Statik.
Erledigung ist nur der geübten mathematischen An-
schauung möglich.

5. Das Ziel, welches Archimedes und seine Nach-
folger in den angeführten Betrachtungen anstreben, be-
steht darin, den complicirtern Hebelfall auf den ein-
fachern, anscheinend selbstverständlichen, zurückzu-
führen, in dem complicirtern den einfachem zu sehen
oder auch umgekehrt. In der That halten wir einen
Vorgang für erklärt, wenn es uns gelingt, in demselben
bekannte einfachere Vorgänge zu erblicken.

So überraschend uns nun auf den ersten Blick die
Leistung von Archimedes und seinen Nachfolgern er-
scheint, so steigen uns bei längerer Betrachtung doch
Zweifel an der Richtigkeit derselben auf. Aus der
blossen Annahme des Gleichgewichts gleicher Gewichte
in gleichen Abständen wird die verkehrte Proportion
zwischen Gewicht und Hebelarm abgeleitet! Wie ist
das möglich?

Wenn wir schon die blosse Abhängigkeit des Gleich-
gewichts vom Gewicht und Abstand überhaupt nicht aus
uns herausphilosophiren konnten, sondern aus der
Erfahrung holen mussten, um wie viel weniger werden
wir die Form dieser Abhängigkeit, die Proportionalität
auf speculativem Wege finden können.

Wirklich wird von Archimedes und allen Nachfolgern
die Voraussetzung, dass die (gleichgewichtstörende)
Wirkung eines Gewichts P im Abstande L von der Axe
durch das Product P. L (das sogenannte statische Moment)
gemessen sei, mehr oder weniger versteckt oder still-
schweigend eingeführt. Wenn nämlich Archimedes ein
grosses Gewicht durch eine Reihe paarweise symmetrisch
angebrachter kleiner Gewichte, welche über den Stütz-
punkt hinausgehen
, ersetzt, so verwendet er die
Lehre vom Schwerpunkt schon in ihrer allgemeinern
Form, welche keine andere ist als die Lehre vom
Hebel in ihrer allgemeinern Form.

Niemand vermag ohne die obige Annahme über die
Bedeutung des Productes P. L nachzuweisen, dass eine

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[13/0025] Entwickelung der Principien der Statik. Erledigung ist nur der geübten mathematischen An- schauung möglich. 5. Das Ziel, welches Archimedes und seine Nach- folger in den angeführten Betrachtungen anstreben, be- steht darin, den complicirtern Hebelfall auf den ein- fachern, anscheinend selbstverständlichen, zurückzu- führen, in dem complicirtern den einfachem zu sehen oder auch umgekehrt. In der That halten wir einen Vorgang für erklärt, wenn es uns gelingt, in demselben bekannte einfachere Vorgänge zu erblicken. So überraschend uns nun auf den ersten Blick die Leistung von Archimedes und seinen Nachfolgern er- scheint, so steigen uns bei längerer Betrachtung doch Zweifel an der Richtigkeit derselben auf. Aus der blossen Annahme des Gleichgewichts gleicher Gewichte in gleichen Abständen wird die verkehrte Proportion zwischen Gewicht und Hebelarm abgeleitet! Wie ist das möglich? Wenn wir schon die blosse Abhängigkeit des Gleich- gewichts vom Gewicht und Abstand überhaupt nicht aus uns herausphilosophiren konnten, sondern aus der Erfahrung holen mussten, um wie viel weniger werden wir die Form dieser Abhängigkeit, die Proportionalität auf speculativem Wege finden können. Wirklich wird von Archimedes und allen Nachfolgern die Voraussetzung, dass die (gleichgewichtstörende) Wirkung eines Gewichts P im Abstande L von der Axe durch das Product P. L (das sogenannte statische Moment) gemessen sei, mehr oder weniger versteckt oder still- schweigend eingeführt. Wenn nämlich Archimedes ein grosses Gewicht durch eine Reihe paarweise symmetrisch angebrachter kleiner Gewichte, welche über den Stütz- punkt hinausgehen, ersetzt, so verwendet er die Lehre vom Schwerpunkt schon in ihrer allgemeinern Form, welche keine andere ist als die Lehre vom Hebel in ihrer allgemeinern Form. Niemand vermag ohne die obige Annahme über die Bedeutung des Productes P. L nachzuweisen, dass eine

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/25>, abgerufen am 22.11.2024.