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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Die Entwickelung der Principien der Dynamik.
von allen übrigen äussern Dingen absehen, und finden
dass für jede Lage unsere Gedanken und Empfindungen
andere sind. Es scheint demnach die Zeit etwas Be-
sonderes zu sein, von dessen Verlauf die Pendellage
abhängt, während die Dinge, welche wir zum Vergleich
nach freier Wahl herbeiziehen, eine zufällige Rolle zu
spielen scheinen. Wir dürfen aber nicht vergessen,
dass alle Dinge miteinander zusammenhängen, und dass
wir selbst mit unsern Gedanken nur ein Stück Natur
sind. Wir sind ganz ausser Stand die Veränderungen
der Dinge an der Zeit zu messen. Die Zeit ist viel-
mehr eine Abstraction, zu der wir durch die Veränderung
der Dinge gelangen, weil wir auf kein bestimmtes
Maass angewiesen sind, da eben alle untereinander zu-
sammenhängen. Wir nennen eine Bewegung gleich-
förmig, in welcher gleiche Wegzuwüchse gleichen Weg-
zuwüchsen einer Vergleichsbewegung (der Drehung der
Erde) entsprechen. Eine Bewegung kann gleichförmig
sein in Bezug auf eine andere. Die Frage, ob eine
Bewegung an sich gleichförmig sei, hat gar keinen
Sinn. Ebenso wenig können wir von einer "absoluten
Zeit" (unabhängig von jeder Veränderung) sprechen.
Diese absolute Zeit kann an gar keiner Bewegung ab-
gemessen werden, sie hat also auch gar keinen praktischen
und auch keinen wissenschaftlichen Werth, niemand ist
berechtigt zu sagen, dass er von derselben etwas wisse,
sie ist ein müssiger "metaphysischer" Begriff.

Dass wir Zeitvorstellungen durch die Abhängigkeit
der Dinge voneinander gewinnen, wäre psycholo-
gisch, historisch und sprachwissenschaftlich (durch die
Namen der Zeitabschnitte) nicht eben schwer nachzu-
weisen. In unsern Zeitvorstellungen drückt sich der
tiefgehendste und allgemeinste Zusammenhang der Dinge
aus. Wenn eine Bewegung in der Zeit stattfindet, so
hängt sie von der Bewegung der Erde ab. Dies wird
nicht dadurch widerlegt, dass wir mechanische Be-
wegungen wieder rückgängig machen können. Mehrere
veränderliche Grössen können so zusammenhängen, dass

Mach. 14

Die Entwickelung der Principien der Dynamik.
von allen übrigen äussern Dingen absehen, und finden
dass für jede Lage unsere Gedanken und Empfindungen
andere sind. Es scheint demnach die Zeit etwas Be-
sonderes zu sein, von dessen Verlauf die Pendellage
abhängt, während die Dinge, welche wir zum Vergleich
nach freier Wahl herbeiziehen, eine zufällige Rolle zu
spielen scheinen. Wir dürfen aber nicht vergessen,
dass alle Dinge miteinander zusammenhängen, und dass
wir selbst mit unsern Gedanken nur ein Stück Natur
sind. Wir sind ganz ausser Stand die Veränderungen
der Dinge an der Zeit zu messen. Die Zeit ist viel-
mehr eine Abstraction, zu der wir durch die Veränderung
der Dinge gelangen, weil wir auf kein bestimmtes
Maass angewiesen sind, da eben alle untereinander zu-
sammenhängen. Wir nennen eine Bewegung gleich-
förmig, in welcher gleiche Wegzuwüchse gleichen Weg-
zuwüchsen einer Vergleichsbewegung (der Drehung der
Erde) entsprechen. Eine Bewegung kann gleichförmig
sein in Bezug auf eine andere. Die Frage, ob eine
Bewegung an sich gleichförmig sei, hat gar keinen
Sinn. Ebenso wenig können wir von einer „absoluten
Zeit‟ (unabhängig von jeder Veränderung) sprechen.
Diese absolute Zeit kann an gar keiner Bewegung ab-
gemessen werden, sie hat also auch gar keinen praktischen
und auch keinen wissenschaftlichen Werth, niemand ist
berechtigt zu sagen, dass er von derselben etwas wisse,
sie ist ein müssiger „metaphysischer‟ Begriff.

Dass wir Zeitvorstellungen durch die Abhängigkeit
der Dinge voneinander gewinnen, wäre psycholo-
gisch, historisch und sprachwissenschaftlich (durch die
Namen der Zeitabschnitte) nicht eben schwer nachzu-
weisen. In unsern Zeitvorstellungen drückt sich der
tiefgehendste und allgemeinste Zusammenhang der Dinge
aus. Wenn eine Bewegung in der Zeit stattfindet, so
hängt sie von der Bewegung der Erde ab. Dies wird
nicht dadurch widerlegt, dass wir mechanische Be-
wegungen wieder rückgängig machen können. Mehrere
veränderliche Grössen können so zusammenhängen, dass

Mach. 14
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[209/0221] Die Entwickelung der Principien der Dynamik. von allen übrigen äussern Dingen absehen, und finden dass für jede Lage unsere Gedanken und Empfindungen andere sind. Es scheint demnach die Zeit etwas Be- sonderes zu sein, von dessen Verlauf die Pendellage abhängt, während die Dinge, welche wir zum Vergleich nach freier Wahl herbeiziehen, eine zufällige Rolle zu spielen scheinen. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass alle Dinge miteinander zusammenhängen, und dass wir selbst mit unsern Gedanken nur ein Stück Natur sind. Wir sind ganz ausser Stand die Veränderungen der Dinge an der Zeit zu messen. Die Zeit ist viel- mehr eine Abstraction, zu der wir durch die Veränderung der Dinge gelangen, weil wir auf kein bestimmtes Maass angewiesen sind, da eben alle untereinander zu- sammenhängen. Wir nennen eine Bewegung gleich- förmig, in welcher gleiche Wegzuwüchse gleichen Weg- zuwüchsen einer Vergleichsbewegung (der Drehung der Erde) entsprechen. Eine Bewegung kann gleichförmig sein in Bezug auf eine andere. Die Frage, ob eine Bewegung an sich gleichförmig sei, hat gar keinen Sinn. Ebenso wenig können wir von einer „absoluten Zeit‟ (unabhängig von jeder Veränderung) sprechen. Diese absolute Zeit kann an gar keiner Bewegung ab- gemessen werden, sie hat also auch gar keinen praktischen und auch keinen wissenschaftlichen Werth, niemand ist berechtigt zu sagen, dass er von derselben etwas wisse, sie ist ein müssiger „metaphysischer‟ Begriff. Dass wir Zeitvorstellungen durch die Abhängigkeit der Dinge voneinander gewinnen, wäre psycholo- gisch, historisch und sprachwissenschaftlich (durch die Namen der Zeitabschnitte) nicht eben schwer nachzu- weisen. In unsern Zeitvorstellungen drückt sich der tiefgehendste und allgemeinste Zusammenhang der Dinge aus. Wenn eine Bewegung in der Zeit stattfindet, so hängt sie von der Bewegung der Erde ab. Dies wird nicht dadurch widerlegt, dass wir mechanische Be- wegungen wieder rückgängig machen können. Mehrere veränderliche Grössen können so zusammenhängen, dass Mach. 14

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/221>, abgerufen am 23.11.2024.