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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Zweites Kapitel.
man das längliche Zuleggewicht p durch einen Ring
abfasst und die Bewegung ohne Beschleunigung fort-
setzen lässt.

Auf einem andern Princip beruht der Apparat von
Morin. Ein mit einem Schreibstift versehener Körper
beschreibt auf einem durch ein Uhrwerk gleichmässig
vorbeigeschobenen verticalen Papierblatt eine horizon-
tale Gerade. Fällt der Körper ohne Papierbewegung,
so zeichnet er eine verticale Gerade. Werden beide
Bewegungen combinirt, so entsteht eine Parabel, in
welcher die horizontalen Abscissen den verflossenen
Zeiten, die verticalen Ordinaten den zurückgelegten
Fallräumen entsprechen. Für die Abscissen 1, 2, 3, 4
erhält man die Ordinaten 1, 4, 9, 16 .... Nebensäch-
lich ist es, dass Morin statt des ebenen Papierblattes
eine rasch rotirende cylindrische Trommel mit verti-
caler Axe verwendet, neben welcher ein Körper an einer
Drahtführung herabfällt. Ein anderes Verfahren nach
demselben Princip haben unabhängig voneinander La-
borde, Lippich und v. Babo angewendet. Eine berusste
Glasschiene, Fig. 98 a, fällt frei vertical herab, während ein
horizontal schwingender verticaler Stab, der beim ersten
Durchgang durch seine Gleichgewichtslage die Fallbe-
wegung auslöst, eine Curve auf der Schiene verzeichnet.
Wegen der constanten Schwingungsdauer des Stabes und
der zunehmenden Fallgeschwindigkeit, werden die vom
Stabe verzeichneten Wellen immer länger. Es ist Fig. 98
bc=3ab, cd=5ab, de=7ab u. s. w. Das Fall-
gesetz zeigt sich hierin deutlich, da ab+cb=4ab,
ab+bc+cd=9ab
u. s. w. Das Geschwindigkeits-
gesetz bestätigt sich durch die Tangentenneigungen in
den Punkten a, b, c, d u. s. w. Bestimmt man die
Schwingungsdauer des Stabes, so ergibt sich aus einem
derartigen Versuch der Werth von g mit beträchtlicher
Genauigkeit.

Wheatstone hat zur Messung kleiner Zeiten ein rasch
laufendes Uhrwerk (Chronoskop) verwendet, welches zu
Anfang der zu messenden Zeit in Gang gesetzt, zu Ende

Zweites Kapitel.
man das längliche Zuleggewicht p durch einen Ring
abfasst und die Bewegung ohne Beschleunigung fort-
setzen lässt.

Auf einem andern Princip beruht der Apparat von
Morin. Ein mit einem Schreibstift versehener Körper
beschreibt auf einem durch ein Uhrwerk gleichmässig
vorbeigeschobenen verticalen Papierblatt eine horizon-
tale Gerade. Fällt der Körper ohne Papierbewegung,
so zeichnet er eine verticale Gerade. Werden beide
Bewegungen combinirt, so entsteht eine Parabel, in
welcher die horizontalen Abscissen den verflossenen
Zeiten, die verticalen Ordinaten den zurückgelegten
Fallräumen entsprechen. Für die Abscissen 1, 2, 3, 4
erhält man die Ordinaten 1, 4, 9, 16 .... Nebensäch-
lich ist es, dass Morin statt des ebenen Papierblattes
eine rasch rotirende cylindrische Trommel mit verti-
caler Axe verwendet, neben welcher ein Körper an einer
Drahtführung herabfällt. Ein anderes Verfahren nach
demselben Princip haben unabhängig voneinander La-
borde, Lippich und v. Babo angewendet. Eine berusste
Glasschiene, Fig. 98 a, fällt frei vertical herab, während ein
horizontal schwingender verticaler Stab, der beim ersten
Durchgang durch seine Gleichgewichtslage die Fallbe-
wegung auslöst, eine Curve auf der Schiene verzeichnet.
Wegen der constanten Schwingungsdauer des Stabes und
der zunehmenden Fallgeschwindigkeit, werden die vom
Stabe verzeichneten Wellen immer länger. Es ist Fig. 98
bc=3ab, cd=5ab, de=7ab u. s. w. Das Fall-
gesetz zeigt sich hierin deutlich, da ab+cb=4ab,
ab+bc+cd=9ab
u. s. w. Das Geschwindigkeits-
gesetz bestätigt sich durch die Tangentenneigungen in
den Punkten a, b, c, d u. s. w. Bestimmt man die
Schwingungsdauer des Stabes, so ergibt sich aus einem
derartigen Versuch der Werth von g mit beträchtlicher
Genauigkeit.

Wheatstone hat zur Messung kleiner Zeiten ein rasch
laufendes Uhrwerk (Chronoskop) verwendet, welches zu
Anfang der zu messenden Zeit in Gang gesetzt, zu Ende

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[138/0150] Zweites Kapitel. man das längliche Zuleggewicht p durch einen Ring abfasst und die Bewegung ohne Beschleunigung fort- setzen lässt. Auf einem andern Princip beruht der Apparat von Morin. Ein mit einem Schreibstift versehener Körper beschreibt auf einem durch ein Uhrwerk gleichmässig vorbeigeschobenen verticalen Papierblatt eine horizon- tale Gerade. Fällt der Körper ohne Papierbewegung, so zeichnet er eine verticale Gerade. Werden beide Bewegungen combinirt, so entsteht eine Parabel, in welcher die horizontalen Abscissen den verflossenen Zeiten, die verticalen Ordinaten den zurückgelegten Fallräumen entsprechen. Für die Abscissen 1, 2, 3, 4 erhält man die Ordinaten 1, 4, 9, 16 .... Nebensäch- lich ist es, dass Morin statt des ebenen Papierblattes eine rasch rotirende cylindrische Trommel mit verti- caler Axe verwendet, neben welcher ein Körper an einer Drahtführung herabfällt. Ein anderes Verfahren nach demselben Princip haben unabhängig voneinander La- borde, Lippich und v. Babo angewendet. Eine berusste Glasschiene, Fig. 98 a, fällt frei vertical herab, während ein horizontal schwingender verticaler Stab, der beim ersten Durchgang durch seine Gleichgewichtslage die Fallbe- wegung auslöst, eine Curve auf der Schiene verzeichnet. Wegen der constanten Schwingungsdauer des Stabes und der zunehmenden Fallgeschwindigkeit, werden die vom Stabe verzeichneten Wellen immer länger. Es ist Fig. 98 bc=3ab, cd=5ab, de=7ab u. s. w. Das Fall- gesetz zeigt sich hierin deutlich, da ab+cb=4ab, ab+bc+cd=9ab u. s. w. Das Geschwindigkeits- gesetz bestätigt sich durch die Tangentenneigungen in den Punkten a, b, c, d u. s. w. Bestimmt man die Schwingungsdauer des Stabes, so ergibt sich aus einem derartigen Versuch der Werth von g mit beträchtlicher Genauigkeit. Wheatstone hat zur Messung kleiner Zeiten ein rasch laufendes Uhrwerk (Chronoskop) verwendet, welches zu Anfang der zu messenden Zeit in Gang gesetzt, zu Ende

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/150>, abgerufen am 02.05.2024.