gewissen Grenze wirklich darstellt. Wer befähigt war sie aufzustellen, musste in der That ein Princip in den Vorgängen erschaut haben. Dieses Princip passt jedoch nicht in allen Fällen. Galilei soll auch sehr überrascht gewesen sein, als er von einer neu angelegten Pumpe mit zufällig sehr langem Saugrohr hörte, welche nicht im Stande war, das Wasser über 18 italienische Ellen zu heben. Er dachte zunächst daran, dass der horror vacui (oder die resistenza del vacuo) eine messbare Kraft habe. Die grösste Höhe, auf welche das Wasser durch Saugen gehoben werden konnte, nannte er altezza limatissima. Galilei suchte auch direct die Last zu be- stimmen, welche im Stande wäre, den wohlanschliessen- den auf den Boden gesetzten Kolben aus einem ver- schlossenen Pumpenstiefel herauszuziehen.
3. Torricelli kam auf den Einfall, die Resistenz des Vacuums statt durch eine Wassersäule durch eine Queck- silbersäule zu messen, und erwartete eine Säule von etwa der Länge der Wassersäule zu finden. Seine Er- wartung bestätigte sich durch den von Viviani 1643 in der bekannten Weise ausgeführten Versuch, welcher heute den Namen des Torricelli'schen Versuches führt. Eine etwa 1 m lange, einerseits zugeschmolzene mit Quecksilber gefüllte Glasröhre wird am offenen Ende mit dem Finger geschlossen, mit diesem Ende nach unten in Quecksilber gebracht, und vertical aufgestellt. Entfernt man den Finger, so fällt die Quecksilbersäule, und bleibt auf einer Höhe von etwa 76 cm stehen. Es war hierdurch sehr wahrscheinlich geworden, dass ein ganz bestimmter Druck die Flüssigkeiten in das Vacuum treibt. Welcher Druck dies sei, errieth Torricelli sehr bald.
Galilei hatte schon versucht das Gewicht der Luft zu be- stimmen, indem er eine nur Luft enthaltende Glasflasche abgewogen und, nachdem die Luft durch Erwärmungtheil- weise vertrieben war, dieselbe nochmals abgewogen hatte. Dass die Luft schwer sei, war also bekannt. Der horror vacui und das Gewicht der Luft lagen sich aber für die meisten Menschen sehr fern. Bei Torricelli mochten
Entwickelung der Principien der Statik.
gewissen Grenze wirklich darstellt. Wer befähigt war sie aufzustellen, musste in der That ein Princip in den Vorgängen erschaut haben. Dieses Princip passt jedoch nicht in allen Fällen. Galilei soll auch sehr überrascht gewesen sein, als er von einer neu angelegten Pumpe mit zufällig sehr langem Saugrohr hörte, welche nicht im Stande war, das Wasser über 18 italienische Ellen zu heben. Er dachte zunächst daran, dass der horror vacui (oder die resistenza del vacuo) eine messbare Kraft habe. Die grösste Höhe, auf welche das Wasser durch Saugen gehoben werden konnte, nannte er altezza limatissima. Galilei suchte auch direct die Last zu be- stimmen, welche im Stande wäre, den wohlanschliessen- den auf den Boden gesetzten Kolben aus einem ver- schlossenen Pumpenstiefel herauszuziehen.
3. Torricelli kam auf den Einfall, die Resistenz des Vacuums statt durch eine Wassersäule durch eine Queck- silbersäule zu messen, und erwartete eine Säule von etwa der Länge der Wassersäule zu finden. Seine Er- wartung bestätigte sich durch den von Viviani 1643 in der bekannten Weise ausgeführten Versuch, welcher heute den Namen des Torricelli’schen Versuches führt. Eine etwa 1 m lange, einerseits zugeschmolzene mit Quecksilber gefüllte Glasröhre wird am offenen Ende mit dem Finger geschlossen, mit diesem Ende nach unten in Quecksilber gebracht, und vertical aufgestellt. Entfernt man den Finger, so fällt die Quecksilbersäule, und bleibt auf einer Höhe von etwa 76 cm stehen. Es war hierdurch sehr wahrscheinlich geworden, dass ein ganz bestimmter Druck die Flüssigkeiten in das Vacuum treibt. Welcher Druck dies sei, errieth Torricelli sehr bald.
Galilei hatte schon versucht das Gewicht der Luft zu be- stimmen, indem er eine nur Luft enthaltende Glasflasche abgewogen und, nachdem die Luft durch Erwärmungtheil- weise vertrieben war, dieselbe nochmals abgewogen hatte. Dass die Luft schwer sei, war also bekannt. Der horror vacui und das Gewicht der Luft lagen sich aber für die meisten Menschen sehr fern. Bei Torricelli mochten
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Entwickelung der Principien der Statik.
gewissen Grenze wirklich darstellt. Wer befähigt war
sie aufzustellen, musste in der That ein Princip in den
Vorgängen erschaut haben. Dieses Princip passt jedoch
nicht in allen Fällen. Galilei soll auch sehr überrascht
gewesen sein, als er von einer neu angelegten Pumpe
mit zufällig sehr langem Saugrohr hörte, welche nicht
im Stande war, das Wasser über 18 italienische Ellen
zu heben. Er dachte zunächst daran, dass der horror
vacui (oder die resistenza del vacuo) eine messbare
Kraft habe. Die grösste Höhe, auf welche das Wasser
durch Saugen gehoben werden konnte, nannte er altezza
limatissima. Galilei suchte auch direct die Last zu be-
stimmen, welche im Stande wäre, den wohlanschliessen-
den auf den Boden gesetzten Kolben aus einem ver-
schlossenen Pumpenstiefel herauszuziehen.
3. Torricelli kam auf den Einfall, die Resistenz des
Vacuums statt durch eine Wassersäule durch eine Queck-
silbersäule zu messen, und erwartete eine Säule von etwa
[FORMEL] der Länge der Wassersäule zu finden. Seine Er-
wartung bestätigte sich durch den von Viviani 1643
in der bekannten Weise ausgeführten Versuch, welcher
heute den Namen des Torricelli’schen Versuches führt.
Eine etwa 1 m lange, einerseits zugeschmolzene mit
Quecksilber gefüllte Glasröhre wird am offenen Ende
mit dem Finger geschlossen, mit diesem Ende nach
unten in Quecksilber gebracht, und vertical aufgestellt.
Entfernt man den Finger, so fällt die Quecksilbersäule,
und bleibt auf einer Höhe von etwa 76 cm stehen.
Es war hierdurch sehr wahrscheinlich geworden, dass ein
ganz bestimmter Druck die Flüssigkeiten in das Vacuum
treibt. Welcher Druck dies sei, errieth Torricelli sehr bald.
Galilei hatte schon versucht das Gewicht der Luft zu be-
stimmen, indem er eine nur Luft enthaltende Glasflasche
abgewogen und, nachdem die Luft durch Erwärmungtheil-
weise vertrieben war, dieselbe nochmals abgewogen hatte.
Dass die Luft schwer sei, war also bekannt. Der horror
vacui und das Gewicht der Luft lagen sich aber für die
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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/117>, abgerufen am 16.02.2025.
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