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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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über den 146. Psalm

Zum vierdten. Der Herr macht die Blin-
den sehend.
Die Blinden werden auff zweyer-
ley Weise betrachtet. Erst am Leibe/ darnach am
Gemüthe. So iemand deß Gesichtes seines
Leibes beraubet/ soll er wissen/ er habe einen
GOtt/ der den Blinden die Augen öffnen kan/
wie solches Kunststück der Herr Jesus auch noch
in seiner Niedrigkeit offt bewiesen. Doch nimmt
in diesem Fall unser GOtt in acht/ was zu seinen
Ehren/ und unserm Heyl das beste ist. Ein solch
Vertrauen sollen wir, zu GOtt tragen auch in
andern Leibes-Schwachheiten und Gebrechen.
Am Gemüth wird man blind/ wenn man ent-
weder GOtt und den Weg Gottes nicht ken-
net/ oder in Gefahr also bestürtzet wird/ daß man
keine Hülffe noch Rath findet. Auff beyden
Seiten ist GOtt geneiget zu helffen/ er öffnet
die Augen den Blinden/ er erleuchtet die Un-
wissenden/ und in Angst und Noth zeiget er uns
den Weg/ den wir wandeln sollen.

Zum fünfften. Der HErr richtet auff die
niedergeschlagen sind.
Wenn wir unter dem
Creutz wohl gepresset werden/ allermeist/ wann
die Seele sehr gebücket und gedemüthiget ist;
siehe/ da haben wir den Trost: Der HERR
richtet auff die niedergeschlagen
/ gebücket
und gekrümmet seyn. Jemehr die Seele sich

bücket
über den 146. Pſalm

Zum vierdten. Der Herr macht die Blin-
den ſehend.
Die Blinden werden auff zweyer-
ley Weiſe betrachtet. Erſt am Leibe/ darnach am
Gemüthe. So iemand deß Geſichtes ſeines
Leibes beraubet/ ſoll er wiſſen/ er habe einen
GOtt/ der den Blinden die Augen öffnen kan/
wie ſolches Kunſtſtück der Herr Jeſus auch noch
in ſeiner Niedrigkeit offt bewieſen. Doch nimmt
in dieſem Fall unſer GOtt in acht/ was zu ſeinen
Ehren/ und unſerm Heyl das beſte iſt. Ein ſolch
Vertrauen ſollen wir, zu GOtt tragen auch in
andern Leibes-Schwachheiten und Gebrechen.
Am Gemüth wird man blind/ wenn man ent-
weder GOtt und den Weg Gottes nicht ken-
net/ oder in Gefahr alſo beſtürtzet wird/ daß man
keine Hülffe noch Rath findet. Auff beyden
Seiten iſt GOtt geneiget zu helffen/ er öffnet
die Augen den Blinden/ er erleuchtet die Un-
wiſſenden/ und in Angſt und Noth zeiget er uns
den Weg/ den wir wandeln ſollen.

Zum fünfften. Der HErr richtet auff die
niedergeſchlagen ſind.
Wenn wir unter dem
Creutz wohl gepreſſet werden/ allermeiſt/ wann
die Seele ſehr gebücket und gedemüthiget iſt;
ſiehe/ da haben wir den Troſt: Der HERR
richtet auff die niedergeſchlagen
/ gebücket
und gekrümmet ſeyn. Jemehr die Seele ſich

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[846/0869] über den 146. Pſalm Zum vierdten. Der Herr macht die Blin- den ſehend. Die Blinden werden auff zweyer- ley Weiſe betrachtet. Erſt am Leibe/ darnach am Gemüthe. So iemand deß Geſichtes ſeines Leibes beraubet/ ſoll er wiſſen/ er habe einen GOtt/ der den Blinden die Augen öffnen kan/ wie ſolches Kunſtſtück der Herr Jeſus auch noch in ſeiner Niedrigkeit offt bewieſen. Doch nimmt in dieſem Fall unſer GOtt in acht/ was zu ſeinen Ehren/ und unſerm Heyl das beſte iſt. Ein ſolch Vertrauen ſollen wir, zu GOtt tragen auch in andern Leibes-Schwachheiten und Gebrechen. Am Gemüth wird man blind/ wenn man ent- weder GOtt und den Weg Gottes nicht ken- net/ oder in Gefahr alſo beſtürtzet wird/ daß man keine Hülffe noch Rath findet. Auff beyden Seiten iſt GOtt geneiget zu helffen/ er öffnet die Augen den Blinden/ er erleuchtet die Un- wiſſenden/ und in Angſt und Noth zeiget er uns den Weg/ den wir wandeln ſollen. Zum fünfften. Der HErr richtet auff die niedergeſchlagen ſind. Wenn wir unter dem Creutz wohl gepreſſet werden/ allermeiſt/ wann die Seele ſehr gebücket und gedemüthiget iſt; ſiehe/ da haben wir den Troſt: Der HERR richtet auff die niedergeſchlagen/ gebücket und gekrümmet ſeyn. Jemehr die Seele ſich bücket

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 846. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/869>, abgerufen am 23.11.2024.