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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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Die andere Betrachtung.
machet/ wenn ein Davids-Hertz saget: ich habe
den HErrn/ der ist mein/ so sprichstu darauff/ ich
wil mich nicht fürchten. Menschliche Natur
leidet es gar nicht/ daß wir gantz ohne Furcht
seyn/ dennoch so machts CHristi freudiger Geist/
daß uns die Furcht nicht überwältige. Christus
selbsten muste in seinem Leiden nicht ohne Furcht
seyn/ denn er fieng an zu zittern und zagen/ seine
Seele ward betrübt biß in den Tod/ und für un-
außsprechlicher grosser Angst rieff er: Mein
GOtt/ mein GOtt/ warum hastu mich
verlassen?
Ps. 22, 2. Matth. 27, 47. Doch
aber ließ er sich von der Furcht nicht einnehmen/
sondern gedachte daran/ daß dennoch GOtt seine
Stärcke wäre. Drum sagt er: Auff dich bin
ich geworffen von Mutter-Leibe
/ daß ich in
dir mein Auffenthalt finde/ du bist mein Gott
vom Mutter-Leibe an;
Ps. 22, 11. Was ists
denn Wunder/ daß auch wir Furcht fühlen? A-
ber in der Furcht sehen wir auff unsern GOtt/
und durch das Anschauen GOttes treiben wir
die Furcht auß. Denn wenn ich sage/ ich habe
den HErrn/ der ist mein/ so sage ich auch/ daß die
Krafft GOttes mein sey/ ich sage auch/ der
HErr ist mein Hülff/ er gilt mir so viel/ als vie-
le Helffer. Wenn alle Menschen und Engel
auff meiner Seiten stünden/ wäre ich doch so

wohl
X x

Die andere Betrachtung.
machet/ wenn ein Davids-Hertz ſaget: ich habe
den HErrn/ der iſt mein/ ſo ſprichſtu darauff/ ich
wil mich nicht fürchten. Menſchliche Natur
leidet es gar nicht/ daß wir gantz ohne Furcht
ſeyn/ dennoch ſo machts CHriſti freudiger Geiſt/
daß uns die Furcht nicht überwältige. Chriſtus
ſelbſten muſte in ſeinem Leiden nicht ohne Furcht
ſeyn/ denn er fieng an zu zittern und zagen/ ſeine
Seele ward betrübt biß in den Tod/ und für un-
außſprechlicher groſſer Angſt rieff er: Mein
GOtt/ mein GOtt/ warum haſtu mich
verlaſſen?
Pſ. 22, 2. Matth. 27, 47. Doch
aber ließ er ſich von der Furcht nicht einnehmen/
ſondern gedachte daran/ daß dennoch GOtt ſeine
Stärcke wäre. Drum ſagt er: Auff dich bin
ich geworffen von Mutter-Leibe
/ daß ich in
dir mein Auffenthalt finde/ du biſt mein Gott
vom Mutter-Leibe an;
Pſ. 22, 11. Was iſts
denn Wunder/ daß auch wir Furcht fühlen? A-
ber in der Furcht ſehen wir auff unſern GOtt/
und durch das Anſchauen GOttes treiben wir
die Furcht auß. Denn wenn ich ſage/ ich habe
den HErrn/ der iſt mein/ ſo ſage ich auch/ daß die
Krafft GOttes mein ſey/ ich ſage auch/ der
HErr iſt mein Hülff/ er gilt mir ſo viel/ als vie-
le Helffer. Wenn alle Menſchen und Engel
auff meiner Seiten ſtünden/ wäre ich doch ſo

wohl
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[689/0712] Die andere Betrachtung. machet/ wenn ein Davids-Hertz ſaget: ich habe den HErrn/ der iſt mein/ ſo ſprichſtu darauff/ ich wil mich nicht fürchten. Menſchliche Natur leidet es gar nicht/ daß wir gantz ohne Furcht ſeyn/ dennoch ſo machts CHriſti freudiger Geiſt/ daß uns die Furcht nicht überwältige. Chriſtus ſelbſten muſte in ſeinem Leiden nicht ohne Furcht ſeyn/ denn er fieng an zu zittern und zagen/ ſeine Seele ward betrübt biß in den Tod/ und für un- außſprechlicher groſſer Angſt rieff er: Mein GOtt/ mein GOtt/ warum haſtu mich verlaſſen? Pſ. 22, 2. Matth. 27, 47. Doch aber ließ er ſich von der Furcht nicht einnehmen/ ſondern gedachte daran/ daß dennoch GOtt ſeine Stärcke wäre. Drum ſagt er: Auff dich bin ich geworffen von Mutter-Leibe/ daß ich in dir mein Auffenthalt finde/ du biſt mein Gott vom Mutter-Leibe an; Pſ. 22, 11. Was iſts denn Wunder/ daß auch wir Furcht fühlen? A- ber in der Furcht ſehen wir auff unſern GOtt/ und durch das Anſchauen GOttes treiben wir die Furcht auß. Denn wenn ich ſage/ ich habe den HErrn/ der iſt mein/ ſo ſage ich auch/ daß die Krafft GOttes mein ſey/ ich ſage auch/ der HErr iſt mein Hülff/ er gilt mir ſo viel/ als vie- le Helffer. Wenn alle Menſchen und Engel auff meiner Seiten ſtünden/ wäre ich doch ſo wohl X x

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 689. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/712>, abgerufen am 23.11.2024.