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Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674.

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über den 116. Psalm
Gebet etwas bey GOTT gelte/ unterdessen
macht ihr allerhand Anschläge wider mich;
Wisset ihr nicht/ daß alle Anschläge wider den
Gerechten Eitelkeit und Lügen ist? Wie
habt ihr das Eitel so lieb/ und die Lügen
so gerne?
Wenn grosse Herren sich auff ihre
Macht und Stärcke verlassen/ spricht der Geist
im 33. Psalm. v. 17: Einem Könige hilfft
nicht seine grosse Macht/ Rosse helffen
auch nicht;
Eigentlich: Rosse seynd zu
helffen nur Trügerey und Lügen.

Wie nun das Gut ist/ darauff ein Welt-
Mensch seine Hoffnung setzet/ also ist der
Mensch selbst/ nemlich Eitelkeit/ Trügerey
und Lügen. Alle Menschen seynd Lügener.
Sie haben einen Schein als vermögen sie et-
was/ aber es ist nur ein Schein/ es trüget
gar leichtlich. Wenn ich schon einen guten
Gönner und mächtigen Beföderer an einem
Menschen habe/ kan ich doch meine Hoffnung
auff ihn nicht setzen. Es kan GOTT leicht
alle seine Anschläge zu nichte machen/ auch
leicht auß einem Freunde einen Feind ma-
chen. Ein blinder Argwohn kan das Gemü-
the umkehren. Drum wenn man auff einen
Menschen bauet/ ist eben als wenn man auff ei-
nen zerbrochenen Balcken bauet/ was darauff

ge-

über den 116. Pſalm
Gebet etwas bey GOTT gelte/ unterdeſſen
macht ihr allerhand Anſchläge wider mich;
Wiſſet ihr nicht/ daß alle Anſchläge wider den
Gerechten Eitelkeit und Lügen iſt? Wie
habt ihr das Eitel ſo lieb/ und die Lügen
ſo gerne?
Wenn groſſe Herren ſich auff ihre
Macht und Stärcke verlaſſen/ ſpricht der Geiſt
im 33. Pſalm. v. 17: Einem Könige hilfft
nicht ſeine groſſe Macht/ Roſſe helffen
auch nicht;
Eigentlich: Roſſe ſeynd zu
helffen nur Trügerey und Lügen.

Wie nun das Gut iſt/ darauff ein Welt-
Menſch ſeine Hoffnung ſetzet/ alſo iſt der
Menſch ſelbſt/ nemlich Eitelkeit/ Trügerey
und Lügen. Alle Menſchen ſeynd Lügener.
Sie haben einen Schein als vermögen ſie et-
was/ aber es iſt nur ein Schein/ es trüget
gar leichtlich. Wenn ich ſchon einen guten
Gönner und mächtigen Beföderer an einem
Menſchen habe/ kan ich doch meine Hoffnung
auff ihn nicht ſetzen. Es kan GOTT leicht
alle ſeine Anſchläge zu nichte machen/ auch
leicht auß einem Freunde einen Feind ma-
chen. Ein blinder Argwohn kan das Gemü-
the umkehren. Drum wenn man auff einen
Menſchen bauet/ iſt eben als wenn man auff ei-
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[598/0621] über den 116. Pſalm Gebet etwas bey GOTT gelte/ unterdeſſen macht ihr allerhand Anſchläge wider mich; Wiſſet ihr nicht/ daß alle Anſchläge wider den Gerechten Eitelkeit und Lügen iſt? Wie habt ihr das Eitel ſo lieb/ und die Lügen ſo gerne? Wenn groſſe Herren ſich auff ihre Macht und Stärcke verlaſſen/ ſpricht der Geiſt im 33. Pſalm. v. 17: Einem Könige hilfft nicht ſeine groſſe Macht/ Roſſe helffen auch nicht; Eigentlich: Roſſe ſeynd zu helffen nur Trügerey und Lügen. Wie nun das Gut iſt/ darauff ein Welt- Menſch ſeine Hoffnung ſetzet/ alſo iſt der Menſch ſelbſt/ nemlich Eitelkeit/ Trügerey und Lügen. Alle Menſchen ſeynd Lügener. Sie haben einen Schein als vermögen ſie et- was/ aber es iſt nur ein Schein/ es trüget gar leichtlich. Wenn ich ſchon einen guten Gönner und mächtigen Beföderer an einem Menſchen habe/ kan ich doch meine Hoffnung auff ihn nicht ſetzen. Es kan GOTT leicht alle ſeine Anſchläge zu nichte machen/ auch leicht auß einem Freunde einen Feind ma- chen. Ein blinder Argwohn kan das Gemü- the umkehren. Drum wenn man auff einen Menſchen bauet/ iſt eben als wenn man auff ei- nen zerbrochenen Balcken bauet/ was darauff ge-

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Zitationshilfe: Lütkemann, Joachim: Harpffe Von zehen Seyten. Frankfurt/Leipzig, 1674, S. 598. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luettkemann_harpffe_1674/621>, abgerufen am 22.11.2024.