Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.als einem König gebüret / denn GOtt will nicht haben / daß wir hie alle Könige seyn; also aber gedencke bey dir / wann du einen Nottürfftigen sihest: wäre ich so nottürfftig wie dieser / vnd er hingegen wäre ein König wie ich; würde ja mein Wunsch seyn / daß der König seine milde Hand auffthät / vnd in meiner Notturfft mir zu hülffe käme / vnd wenn das geschehe / würde ich froh seyn. Nun so will ich das an diesem Nottürfftigen thun / was ich wolte das mir geschehe. So machs ein jeglicher / wann jhm jemand vorkompt / der seiner Liebeswerck bedarff. Zum andern / wann du bey dir die Maaß genommen / wie weit du deinem Nechsten vmb Gottes willen zu dienen verpflichtet / so lege denn auch deine Schuld freywillig ab. Ob es zwar von Gottes wegen eine Schuld ist / sollen wir vns dennoch freywillig dazu finden lassen. Einen freywilligen Geber hat Gott lieb. Wer nicht auß freywilligem Hertzen diese Schuld ableget / ist nicht viel besser / als der sie gar nicht ableget. Zum dritten / hüte dich / daß du nicht müde werdest. Wenn du heute jemand hast gutes gethan / bistu nicht loß von deiner Schuld; so derselbe deiner morgen auch bedarff / bistu noch schuldig jhm außzuhelffen. Wirstu hie nicht an GOtt gedencken / vnd was du vmb Gottes willen dem Nechsten schuldig bist / wirstu leicht ermüden. Zuletzt / wenn du alles gethan hast / was du gekont / so sprich: Ich bin ein vnnützer Knecht. Vbe dich so viel du kanst / du wirst dennoch beten müssen: Lieber himlischer Vatter / vergib vns vnsere Schuld. Darumb vergiß der Reinigung deß Blutes Jesu Christi nicht. Es wird niemand so hurtig in der Liebe seyn / daß jhm gar nichts mangeln solte. Da ist die Widerspenstigkeit deß Fleisches. Wie leicht fallen vns die Gedancken ein: Du hast das Geld wol selbst vonnöthen; es ist deß gebens zu viel; ich habe nicht zeit / hierin meinem Nechsten auff dißmal zu dienen. Wer spricht / er sey in dieser Liebesschuld ohne Sünde / der verführet sich selbst / vnd die Warheit ist nicht in jhm. Darumb so lerne / diese Liebesschuld als einem König gebüret / denn GOtt will nicht haben / daß wir hie alle Könige seyn; also aber gedencke bey dir / wann du einen Nottürfftigen sihest: wäre ich so nottürfftig wie dieser / vnd er hingegen wäre ein König wie ich; würde ja mein Wunsch seyn / daß der König seine milde Hand auffthät / vnd in meiner Notturfft mir zu hülffe käme / vnd wenn das geschehe / würde ich froh seyn. Nun so will ich das an diesem Nottürfftigen thun / was ich wolte das mir geschehe. So machs ein jeglicher / wann jhm jemand vorkompt / der seiner Liebeswerck bedarff. Zum andern / wann du bey dir die Maaß genommen / wie weit du deinem Nechsten vmb Gottes willen zu dienen verpflichtet / so lege denn auch deine Schuld freywillig ab. Ob es zwar von Gottes wegen eine Schuld ist / sollen wir vns dennoch freywillig dazu finden lassen. Einen freywilligen Geber hat Gott lieb. Wer nicht auß freywilligem Hertzen diese Schuld ableget / ist nicht viel besser / als der sie gar nicht ableget. Zum dritten / hüte dich / daß du nicht müde werdest. Wenn du heute jemand hast gutes gethan / bistu nicht loß von deiner Schuld; so derselbe deiner morgen auch bedarff / bistu noch schuldig jhm außzuhelffen. Wirstu hie nicht an GOtt gedencken / vnd was du vmb Gottes willen dem Nechsten schuldig bist / wirstu leicht ermüden. Zuletzt / wenn du alles gethan hast / was du gekont / so sprich: Ich bin ein vnnützer Knecht. Vbe dich so viel du kanst / du wirst dennoch beten müssen: Lieber himlischer Vatter / vergib vns vnsere Schuld. Darumb vergiß der Reinigung deß Blutes Jesu Christi nicht. Es wird niemand so hurtig in der Liebe seyn / daß jhm gar nichts mangeln solte. Da ist die Widerspenstigkeit deß Fleisches. Wie leicht fallen vns die Gedancken ein: Du hast das Geld wol selbst vonnöthen; es ist deß gebens zu viel; ich habe nicht zeit / hierin meinem Nechsten auff dißmal zu dienen. Wer spricht / er sey in dieser Liebesschuld ohne Sünde / der verführet sich selbst / vnd die Warheit ist nicht in jhm. Darumb so lerne / diese Liebesschuld <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0316" n="296"/> als einem König gebüret / denn GOtt will nicht haben / daß wir hie alle Könige seyn; also aber gedencke bey dir / wann du einen Nottürfftigen sihest: wäre ich so nottürfftig wie dieser / vnd er hingegen wäre ein König wie ich; würde ja mein Wunsch seyn / daß der König seine milde Hand auffthät / vnd in meiner Notturfft mir zu hülffe käme / vnd wenn das geschehe / würde ich froh seyn. Nun so will ich das an diesem Nottürfftigen thun / was ich wolte das mir geschehe. So machs ein jeglicher / wann jhm jemand vorkompt / der seiner Liebeswerck bedarff.</p> <p>Zum andern / wann du bey dir die Maaß genommen / wie weit du deinem Nechsten vmb Gottes willen zu dienen verpflichtet / so lege denn auch deine Schuld freywillig ab. Ob es zwar von Gottes wegen eine Schuld ist / sollen wir vns dennoch freywillig dazu finden lassen. Einen freywilligen Geber hat Gott lieb. Wer nicht auß freywilligem Hertzen diese Schuld ableget / ist nicht viel besser / als der sie gar nicht ableget.</p> <p>Zum dritten / hüte dich / daß du nicht müde werdest. Wenn du heute jemand hast gutes gethan / bistu nicht loß von deiner Schuld; so derselbe deiner morgen auch bedarff / bistu noch schuldig jhm außzuhelffen. 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als einem König gebüret / denn GOtt will nicht haben / daß wir hie alle Könige seyn; also aber gedencke bey dir / wann du einen Nottürfftigen sihest: wäre ich so nottürfftig wie dieser / vnd er hingegen wäre ein König wie ich; würde ja mein Wunsch seyn / daß der König seine milde Hand auffthät / vnd in meiner Notturfft mir zu hülffe käme / vnd wenn das geschehe / würde ich froh seyn. Nun so will ich das an diesem Nottürfftigen thun / was ich wolte das mir geschehe. So machs ein jeglicher / wann jhm jemand vorkompt / der seiner Liebeswerck bedarff.
Zum andern / wann du bey dir die Maaß genommen / wie weit du deinem Nechsten vmb Gottes willen zu dienen verpflichtet / so lege denn auch deine Schuld freywillig ab. Ob es zwar von Gottes wegen eine Schuld ist / sollen wir vns dennoch freywillig dazu finden lassen. Einen freywilligen Geber hat Gott lieb. Wer nicht auß freywilligem Hertzen diese Schuld ableget / ist nicht viel besser / als der sie gar nicht ableget.
Zum dritten / hüte dich / daß du nicht müde werdest. Wenn du heute jemand hast gutes gethan / bistu nicht loß von deiner Schuld; so derselbe deiner morgen auch bedarff / bistu noch schuldig jhm außzuhelffen. Wirstu hie nicht an GOtt gedencken / vnd was du vmb Gottes willen dem Nechsten schuldig bist / wirstu leicht ermüden.
Zuletzt / wenn du alles gethan hast / was du gekont / so sprich: Ich bin ein vnnützer Knecht. Vbe dich so viel du kanst / du wirst dennoch beten müssen: Lieber himlischer Vatter / vergib vns vnsere Schuld. Darumb vergiß der Reinigung deß Blutes Jesu Christi nicht. Es wird niemand so hurtig in der Liebe seyn / daß jhm gar nichts mangeln solte. Da ist die Widerspenstigkeit deß Fleisches. Wie leicht fallen vns die Gedancken ein: Du hast das Geld wol selbst vonnöthen; es ist deß gebens zu viel; ich habe nicht zeit / hierin meinem Nechsten auff dißmal zu dienen. Wer spricht / er sey in dieser Liebesschuld ohne Sünde / der verführet sich selbst / vnd die Warheit ist nicht in jhm. Darumb so lerne / diese Liebesschuld
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Zitationshilfe: | Lütkemann, Joachim: Apostolische Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/luetkemann_auffmunterung_1652/316>, abgerufen am 03.07.2024. |