Lütkemann, Joachim: Ander Theil Apostolischer Auffmu[n]terung zum Lebendigen Glauben in Christo Jesu. Frankfurt (Main) u. a., 1652.lieben Brüder / gibt er zuverstehen / daß sie brüderlich gegeneinander sollen gesinnet seyn. Wann er sie nennet geistliche Leute / erinnert er sie jhrer Pflicht: Lebet jhr im Geist / so wandelt auch im Geist. Der Geist vnserer Wieder geburt ist ein Geist der Sanfftmuth. Ists nun wahr daß wir geistlich seyn / müssen wir dasselbe auch in der Sanfftmuth beweisen. Vnd ist kaum etwas / daß mehr einen geistlichen Menschen beweiset / als Sanfftmuth gegen irrende vnd gefallene Sünder. Vber dieses gibt der heylige Geist vns noch zweyerley außtrucklichExplicitae. zu bedencken / vnd erstlich zwar die gemeine Schwach heit aller Menschen. Sihe auff dich selbst / daß nicht auch duV. 1, 2. versuchet werdest. Darumb trage einer deß andern Last. Ist so viel gesagt: Hats ein ander versehen / so gedenckAut sumus aut fuim 9, aut possumus esse, quod hic est. daran / daß du es auch kanst. Wie du nun wilt / daß ein ander mit deiner Schwachheit Gedult habe / so habe du auch Gedult mit deß Nächsten Schwachheit. Die Wurtzel alles bösen / das Fleisch / ist in vns allen. Daher kans leicht geschehen / daß wir versucht werden vnd fallen / eben wie ein ander Mensch. Ja wann wir vns recht bedencken / so haben wir schon einen guten Fall gethan / eben darinn / daß wir vnzeitig vnd übermässig vnsern Nächsten tadeln vnd straffen. Was wir an andern sehen / kan vns auch wiederfahren. Daran soll man gedencken / so offt wir hören oder schen / wie andere Leute zu Fall gekommen seyn. Spiegle dich nur an jhnen / vnd bedencke was auß dir selbst werden kan. Dann anderer Leuthe Falle müssen ein Spiegel vnserer verderbten Natur seyn. Wann solches betrachtet wird / werden wir keine Vrsach haben / einen andern in seinem Fall zuverlachen / verschmähen / vnnd jhn mit Vngestüm von vns zu treiben / sondern werden viel mehr Mitleyden vnd Gedult mit jhm haben / vnd mit Sanff muth jhn ertragen. Das ist dann / dazu vns Paulus ermahnet: Einer trage lieben Brüder / gibt er zuverstehen / daß sie brüderlich gegeneinander sollen gesinnet seyn. Wañ er sie nennet geistliche Leute / erinnert er sie jhrer Pflicht: Lebet jhr im Geist / so wandelt auch im Geist. Der Geist vnserer Wieder geburt ist ein Geist der Sanfftmuth. Ists nun wahr daß wir geistlich seyn / müssen wir dasselbe auch in der Sanfftmuth beweisen. Vnd ist kaum etwas / daß mehr einen geistlichen Menschen beweiset / als Sanfftmuth gegen irrende vnd gefallene Sünder. Vber dieses gibt der heylige Geist vns noch zweyerley außtrucklichExplicitae. zu bedencken / vnd erstlich zwar die gemeine Schwach heit aller Menschen. Sihe auff dich selbst / daß nicht auch duV. 1, 2. versuchet werdest. Darumb trage einer deß andern Last. Ist so viel gesagt: Hats ein ander versehen / so gedenckAut sumus aut fuim 9, aut possumus esse, quod hic est. daran / daß du es auch kanst. Wie du nun wilt / daß ein ander mit deiner Schwachheit Gedult habe / so habe du auch Gedult mit deß Nächsten Schwachheit. Die Wurtzel alles bösen / das Fleisch / ist in vns allen. Daher kans leicht geschehen / daß wir versucht werden vnd fallen / eben wie ein ander Mensch. Ja wann wir vns recht bedencken / so haben wir schon einen guten Fall gethan / eben darinn / daß wir vnzeitig vnd übermässig vnsern Nächsten tadeln vnd straffen. Was wir an andern sehen / kan vns auch wiederfahren. Daran soll man gedencken / so offt wir hören oder schen / wie andere Leute zu Fall gekommen seyn. Spiegle dich nur an jhnen / vnd bedencke was auß dir selbst werden kan. Dann anderer Leuthe Falle müssen ein Spiegel vnserer verderbten Natur seyn. Wann solches betrachtet wird / werden wir keine Vrsach haben / einen andern in seinem Fall zuverlachen / verschmähen / vnnd jhn mit Vngestüm von vns zu treiben / sondern werden viel mehr Mitleyden vnd Gedult mit jhm haben / vnd mit Sanff muth jhn ertragen. Das ist dañ / dazu vns Paulus ermahnet: Einer trage <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0337" n="321"/> lieben Brüder / gibt er zuverstehen / daß sie brüderlich gegeneinander sollen gesinnet seyn. Wañ er sie nennet geistliche Leute / erinnert er sie jhrer Pflicht: Lebet jhr im Geist / so wandelt auch im Geist. Der Geist vnserer Wieder geburt ist ein Geist der Sanfftmuth. Ists nun wahr daß wir geistlich seyn / müssen wir dasselbe auch in der Sanfftmuth beweisen. 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Ja wann wir vns recht bedencken / so haben wir schon einen guten Fall gethan / eben darinn / daß wir vnzeitig vnd übermässig vnsern Nächsten tadeln vnd straffen. Was wir an andern sehen / kan vns auch wiederfahren. Daran soll man gedencken / so offt wir hören oder schen / wie andere Leute zu Fall gekommen seyn. Spiegle dich nur an jhnen / vnd bedencke was auß dir selbst werden kan. Dann anderer Leuthe Falle müssen ein Spiegel vnserer verderbten Natur seyn.</p> <p>Wann solches betrachtet wird / werden wir keine Vrsach haben / einen andern in seinem Fall zuverlachen / verschmähen / vnnd jhn mit Vngestüm von vns zu treiben / sondern werden viel mehr Mitleyden vnd Gedult mit jhm haben / vnd mit Sanff muth jhn ertragen. Das ist dañ / dazu vns Paulus ermahnet: Einer trage </p> </div> </body> </text> </TEI> [321/0337]
lieben Brüder / gibt er zuverstehen / daß sie brüderlich gegeneinander sollen gesinnet seyn. Wañ er sie nennet geistliche Leute / erinnert er sie jhrer Pflicht: Lebet jhr im Geist / so wandelt auch im Geist. Der Geist vnserer Wieder geburt ist ein Geist der Sanfftmuth. Ists nun wahr daß wir geistlich seyn / müssen wir dasselbe auch in der Sanfftmuth beweisen. Vnd ist kaum etwas / daß mehr einen geistlichen Menschen beweiset / als Sanfftmuth gegen irrende vnd gefallene Sünder.
Vber dieses gibt der heylige Geist vns noch zweyerley außtrucklich zu bedencken / vnd erstlich zwar die gemeine Schwach heit aller Menschen. Sihe auff dich selbst / daß nicht auch du versuchet werdest. Darumb trage einer deß andern Last. Ist so viel gesagt: Hats ein ander versehen / so gedenck daran / daß du es auch kanst. Wie du nun wilt / daß ein ander mit deiner Schwachheit Gedult habe / so habe du auch Gedult mit deß Nächsten Schwachheit. Die Wurtzel alles bösen / das Fleisch / ist in vns allen. Daher kans leicht geschehen / daß wir versucht werden vnd fallen / eben wie ein ander Mensch. Ja wann wir vns recht bedencken / so haben wir schon einen guten Fall gethan / eben darinn / daß wir vnzeitig vnd übermässig vnsern Nächsten tadeln vnd straffen. Was wir an andern sehen / kan vns auch wiederfahren. Daran soll man gedencken / so offt wir hören oder schen / wie andere Leute zu Fall gekommen seyn. Spiegle dich nur an jhnen / vnd bedencke was auß dir selbst werden kan. Dann anderer Leuthe Falle müssen ein Spiegel vnserer verderbten Natur seyn.
Explicitae.
V. 1, 2.
Aut sumus aut fuim 9, aut possumus esse, quod hic est. Wann solches betrachtet wird / werden wir keine Vrsach haben / einen andern in seinem Fall zuverlachen / verschmähen / vnnd jhn mit Vngestüm von vns zu treiben / sondern werden viel mehr Mitleyden vnd Gedult mit jhm haben / vnd mit Sanff muth jhn ertragen. Das ist dañ / dazu vns Paulus ermahnet: Einer trage
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