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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Verzweigte Röhren.
in B, weil im Rohre von gleichem Querschnitt die Steilheit der Spannungs-Curve
wächst mit der Geschwindigkeit.

In dem andern Fall (Fig. 22.) ist den verzweigten Stücken gleiche Länge, aber
ein ungleicher Durchmesser gegeben worden.

[Abbildung] Fig. 22.

Bei einer ähnlichen Anordnung, welche Volkmann beobachtete, fiel die Curve
der Seitendrücke von a nach d in B zuerst allmählig und gegen das Ende des Rohrs
sehr steil ab; in C fiel sie zuerst sehr steil, dann langsamer als in B und schliesslich
wieder sehr steil, aber abermals weniger rasch als in der entsprechenden Stelle von
B ab. Dieses Verhalten erklärt sich daraus, dass sich in d ein ausgezeichneter
Punkt findet, hervorgebracht durch das Ineinanderströmen aus den beiden Armen;
die hier erzeugte Hemmung wird am stärksten auf B fallen, da der Strom in C durch
Reibung weniger als der in B verloren hat, so dass der letztere von dem ersteren
an lebendiger Kraft übertroffen, auch am bedeutendsten aufgehalten wird. Darum
muss nach B hin die Spannung höher steigen. Von c an erhebt sich nun, der stär-
kern Reibung entsprechend, der Druck rascher in B als in C, so dass am Anfang
der Röhre bei b die Spannung in B viel höher ist als in C. -- Nun ist aber die
Spannung in a, an der Theilungsstelle beider Ströme, unbezweifelt abhängig von der
Spannung in B und C; sie muss also niedriger werden, als sie sein würde, wenn
der Strom allein durch B ginge, und höher, als wenn die Flüssigkeit ihre Spannung
von C aus erhielt. Mit einem Wort, sie wird irgend welche mittlere zwischen
c b und B C sein. Von a nach b in C wird nun aber ein rascher Abfall der Spannung
zu Stande kommen, weil jenseits a die aus dem Rohr B stammende Spannung hier
nicht wirkt und die Flüssigkeit durch C leicht abfliessen kann. -- Die mittlere Geschwin-
digkeit in C wird wegen der geringeren Reibung beträchtlicher, als in B sein müssen.

Die vorliegenden Betrachtungen genügen nun, abzuleiten, was eintritt, wenn
man in einem verzweigten Rohr plötzlich einen Ast verstopft, oder einen bis dahin
verstopften öffnet; vorausgesetzt, dass die Kräfte, welche an der Einflussstelle
wirksam sind, unverändert bleiben. Wir wollen zur beispielsweisen Betrachtung ein
symmetrisches Rohr (Fig. 24.) wählen Wenn dem Strome beide Röhren geöffnet
sind, so wird die Curve der Spannung bekanntlich (siehe Fig. 21.) wie das durch
a b c d dargestellte Gesetz, inne halten, wobei das Stück b c gleichmässig für die bei-
den Aeste B und C gilt. Verschliesst man darauf den Anfang von C bei z, so muss
der Strom nun durch B gehen und die Flüssigkeit in C zur Ruhe kommen; in die-
sem letztern Schenkel wird demnach die Spannung überall einen gleichen Werth an-
nehmen und zwar denjenigen, welchen der Strom A B D an der Stelle besitzt, wo
der todte Schenkel C in ihn mündet; er wird sich ganz wie ein Manometer verhalten.

Verzweigte Röhren.
in B, weil im Rohre von gleichem Querschnitt die Steilheit der Spannungs-Curve
wächst mit der Geschwindigkeit.

In dem andern Fall (Fig. 22.) ist den verzweigten Stücken gleiche Länge, aber
ein ungleicher Durchmesser gegeben worden.

[Abbildung] Fig. 22.

Bei einer ähnlichen Anordnung, welche Volkmann beobachtete, fiel die Curve
der Seitendrücke von a nach d in B zuerst allmählig und gegen das Ende des Rohrs
sehr steil ab; in C fiel sie zuerst sehr steil, dann langsamer als in B und schliesslich
wieder sehr steil, aber abermals weniger rasch als in der entsprechenden Stelle von
B ab. Dieses Verhalten erklärt sich daraus, dass sich in d ein ausgezeichneter
Punkt findet, hervorgebracht durch das Ineinanderströmen aus den beiden Armen;
die hier erzeugte Hemmung wird am stärksten auf B fallen, da der Strom in C durch
Reibung weniger als der in B verloren hat, so dass der letztere von dem ersteren
an lebendiger Kraft übertroffen, auch am bedeutendsten aufgehalten wird. Darum
muss nach B hin die Spannung höher steigen. Von c an erhebt sich nun, der stär-
kern Reibung entsprechend, der Druck rascher in B als in C, so dass am Anfang
der Röhre bei b die Spannung in B viel höher ist als in C. — Nun ist aber die
Spannung in a, an der Theilungsstelle beider Ströme, unbezweifelt abhängig von der
Spannung in B und C; sie muss also niedriger werden, als sie sein würde, wenn
der Strom allein durch B ginge, und höher, als wenn die Flüssigkeit ihre Spannung
von C aus erhielt. Mit einem Wort, sie wird irgend welche mittlere zwischen
c b und B C sein. Von a nach b in C wird nun aber ein rascher Abfall der Spannung
zu Stande kommen, weil jenseits a die aus dem Rohr B stammende Spannung hier
nicht wirkt und die Flüssigkeit durch C leicht abfliessen kann. — Die mittlere Geschwin-
digkeit in C wird wegen der geringeren Reibung beträchtlicher, als in B sein müssen.

Die vorliegenden Betrachtungen genügen nun, abzuleiten, was eintritt, wenn
man in einem verzweigten Rohr plötzlich einen Ast verstopft, oder einen bis dahin
verstopften öffnet; vorausgesetzt, dass die Kräfte, welche an der Einflussstelle
wirksam sind, unverändert bleiben. Wir wollen zur beispielsweisen Betrachtung ein
symmetrisches Rohr (Fig. 24.) wählen Wenn dem Strome beide Röhren geöffnet
sind, so wird die Curve der Spannung bekanntlich (siehe Fig. 21.) wie das durch
a b c d dargestellte Gesetz, inne halten, wobei das Stück b c gleichmässig für die bei-
den Aeste B und C gilt. Verschliesst man darauf den Anfang von C bei z, so muss
der Strom nun durch B gehen und die Flüssigkeit in C zur Ruhe kommen; in die-
sem letztern Schenkel wird demnach die Spannung überall einen gleichen Werth an-
nehmen und zwar denjenigen, welchen der Strom A B D an der Stelle besitzt, wo
der todte Schenkel C in ihn mündet; er wird sich ganz wie ein Manometer verhalten.

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[46/0062] Verzweigte Röhren. in B, weil im Rohre von gleichem Querschnitt die Steilheit der Spannungs-Curve wächst mit der Geschwindigkeit. In dem andern Fall (Fig. 22.) ist den verzweigten Stücken gleiche Länge, aber ein ungleicher Durchmesser gegeben worden. [Abbildung Fig. 22.] Bei einer ähnlichen Anordnung, welche Volkmann beobachtete, fiel die Curve der Seitendrücke von a nach d in B zuerst allmählig und gegen das Ende des Rohrs sehr steil ab; in C fiel sie zuerst sehr steil, dann langsamer als in B und schliesslich wieder sehr steil, aber abermals weniger rasch als in der entsprechenden Stelle von B ab. Dieses Verhalten erklärt sich daraus, dass sich in d ein ausgezeichneter Punkt findet, hervorgebracht durch das Ineinanderströmen aus den beiden Armen; die hier erzeugte Hemmung wird am stärksten auf B fallen, da der Strom in C durch Reibung weniger als der in B verloren hat, so dass der letztere von dem ersteren an lebendiger Kraft übertroffen, auch am bedeutendsten aufgehalten wird. Darum muss nach B hin die Spannung höher steigen. Von c an erhebt sich nun, der stär- kern Reibung entsprechend, der Druck rascher in B als in C, so dass am Anfang der Röhre bei b die Spannung in B viel höher ist als in C. — Nun ist aber die Spannung in a, an der Theilungsstelle beider Ströme, unbezweifelt abhängig von der Spannung in B und C; sie muss also niedriger werden, als sie sein würde, wenn der Strom allein durch B ginge, und höher, als wenn die Flüssigkeit ihre Spannung von C aus erhielt. Mit einem Wort, sie wird irgend welche mittlere zwischen c b und B C sein. Von a nach b in C wird nun aber ein rascher Abfall der Spannung zu Stande kommen, weil jenseits a die aus dem Rohr B stammende Spannung hier nicht wirkt und die Flüssigkeit durch C leicht abfliessen kann. — Die mittlere Geschwin- digkeit in C wird wegen der geringeren Reibung beträchtlicher, als in B sein müssen. Die vorliegenden Betrachtungen genügen nun, abzuleiten, was eintritt, wenn man in einem verzweigten Rohr plötzlich einen Ast verstopft, oder einen bis dahin verstopften öffnet; vorausgesetzt, dass die Kräfte, welche an der Einflussstelle wirksam sind, unverändert bleiben. Wir wollen zur beispielsweisen Betrachtung ein symmetrisches Rohr (Fig. 24.) wählen Wenn dem Strome beide Röhren geöffnet sind, so wird die Curve der Spannung bekanntlich (siehe Fig. 21.) wie das durch a b c d dargestellte Gesetz, inne halten, wobei das Stück b c gleichmässig für die bei- den Aeste B und C gilt. Verschliesst man darauf den Anfang von C bei z, so muss der Strom nun durch B gehen und die Flüssigkeit in C zur Ruhe kommen; in die- sem letztern Schenkel wird demnach die Spannung überall einen gleichen Werth an- nehmen und zwar denjenigen, welchen der Strom A B D an der Stelle besitzt, wo der todte Schenkel C in ihn mündet; er wird sich ganz wie ein Manometer verhalten.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/62>, abgerufen am 29.03.2024.