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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Ausgleichung der Wärme verschiedener Leibestheile.
Ausgleichung der Temperatur zwischen verschiede-
nen Organen
.

Da die abkühlenden und erwärmenden Ursachen mit einer so un-
gleichen Kraft in den verschiedenen Körpertheilen wirksam sind, und
ihre Temperatur trotz der schlechten Wärmeleitungsfähigkeit der Thier-
stoffe dennoch so geringe Unterschiede bietet, so müssen offenbar Ein-
richtungen gegeben sein, welche diese Unterschiede fortwährend ausglei-
chen. Diese liegen nun in der That klar genug vor in der Bewegung
und Mischung der thierischen Säfte und insbesondere des Blutes.

Als Gründe, die hierfür sprechen, sind anzuführen 1) die Mischung des
erwärmten und abgekühlten Blutes im Herzen und somit die gleichmässige
Vertheilung des Blutes von mittlerer Temperatur in die verschiedenen
Organe. -- 2) Die Beobachtungen, dass in allen der Abkühlung unter-
worfenen Theilen, und namentlich der Haut, die Temperatur sich um so
mehr der des Herzblutes nähert, je rascher und je breiter der Blutstrom
ist, der durch diesen Theil kreist, während er sich um so weiter von
derselben entfernt, je geringer der Querschnitt oder die Schnelligkeit
des Stromes ausfällt. -- Diese letzte Thatsache, die unzählige Male in Glied-
maassen beobachtet wird, in denen eine veränderte Blutströmung stattfindet,
sei es eine Stockung in Folge von Arterien- oder Venenunterbindung,
sei es eine Beschleunigung nach einer Erweiterung der zuführenden Ge-
fässe, ist durch eine ausgezeichnete Reihe von Beobachtungen, welche
Cl. Bernard *) ausgeführt hat, in das hellste Licht gesetzt. Wir haben
schon wiederholt erwähnt, dass, wenn er am Halse den Sympathicus
durchschnitt, sich alle Gefässe der entsprechenden Kopfhälfte erweiterten,
und das sie, wenn er das peripherische Schnittende mit einem galvanischen
Induktionsapparat erregte, sich wieder verengerten. Nach der einfachen
Durchschneidung steigerte sich nun auch die Temperatur in der Gesichts-
haut dieser Seite, während die der entgegengesetzten um einen grösseren
oder kleineren Werth abnahm, und umgekehrt erniedrigte die Tempera-
tur sich auf der verletzten Seite, wenn er die erregenden Poldrähte an
den peripherischen Stumpf des durchschnittenen Nerven anlegte. -- Die
Wärmeerhöhung, welche nach der Durchschneidung des Sympathicus auf-
tritt, wird man aber um so eher aus dem oben berührten Gesichtspunkte
und nicht aus einer Neubildung von Wärme erklären, weil die Tempera-
tur niemals diejenige übersteigt, welche gleichzeitig im Herzen gefunden
wird, und auch noch darum, weil, wie Bernard beobachtete, das aus
den Venen zurückkehrende Blut dem arteriellen, namentlich in Beziehung
auf Färbung, sehr ähnlich ist, sich also wegen des raschen Durchganges
nicht mit den gewöhnlichen Oxydationsprodukten der Bindegewebssub-
stanz überladen hat.

*) Recherches experimentales sur le grand sympathique etc. Paris 1854. -- Gazette medicale. 1854.
Nr. 1. 2. 3.
Ausgleichung der Wärme verschiedener Leibestheile.
Ausgleichung der Temperatur zwischen verschiede-
nen Organen
.

Da die abkühlenden und erwärmenden Ursachen mit einer so un-
gleichen Kraft in den verschiedenen Körpertheilen wirksam sind, und
ihre Temperatur trotz der schlechten Wärmeleitungsfähigkeit der Thier-
stoffe dennoch so geringe Unterschiede bietet, so müssen offenbar Ein-
richtungen gegeben sein, welche diese Unterschiede fortwährend ausglei-
chen. Diese liegen nun in der That klar genug vor in der Bewegung
und Mischung der thierischen Säfte und insbesondere des Blutes.

Als Gründe, die hierfür sprechen, sind anzuführen 1) die Mischung des
erwärmten und abgekühlten Blutes im Herzen und somit die gleichmässige
Vertheilung des Blutes von mittlerer Temperatur in die verschiedenen
Organe. — 2) Die Beobachtungen, dass in allen der Abkühlung unter-
worfenen Theilen, und namentlich der Haut, die Temperatur sich um so
mehr der des Herzblutes nähert, je rascher und je breiter der Blutstrom
ist, der durch diesen Theil kreist, während er sich um so weiter von
derselben entfernt, je geringer der Querschnitt oder die Schnelligkeit
des Stromes ausfällt. — Diese letzte Thatsache, die unzählige Male in Glied-
maassen beobachtet wird, in denen eine veränderte Blutströmung stattfindet,
sei es eine Stockung in Folge von Arterien- oder Venenunterbindung,
sei es eine Beschleunigung nach einer Erweiterung der zuführenden Ge-
fässe, ist durch eine ausgezeichnete Reihe von Beobachtungen, welche
Cl. Bernard *) ausgeführt hat, in das hellste Licht gesetzt. Wir haben
schon wiederholt erwähnt, dass, wenn er am Halse den Sympathicus
durchschnitt, sich alle Gefässe der entsprechenden Kopfhälfte erweiterten,
und das sie, wenn er das peripherische Schnittende mit einem galvanischen
Induktionsapparat erregte, sich wieder verengerten. Nach der einfachen
Durchschneidung steigerte sich nun auch die Temperatur in der Gesichts-
haut dieser Seite, während die der entgegengesetzten um einen grösseren
oder kleineren Werth abnahm, und umgekehrt erniedrigte die Tempera-
tur sich auf der verletzten Seite, wenn er die erregenden Poldrähte an
den peripherischen Stumpf des durchschnittenen Nerven anlegte. — Die
Wärmeerhöhung, welche nach der Durchschneidung des Sympathicus auf-
tritt, wird man aber um so eher aus dem oben berührten Gesichtspunkte
und nicht aus einer Neubildung von Wärme erklären, weil die Tempera-
tur niemals diejenige übersteigt, welche gleichzeitig im Herzen gefunden
wird, und auch noch darum, weil, wie Bernard beobachtete, das aus
den Venen zurückkehrende Blut dem arteriellen, namentlich in Beziehung
auf Färbung, sehr ähnlich ist, sich also wegen des raschen Durchganges
nicht mit den gewöhnlichen Oxydationsprodukten der Bindegewebssub-
stanz überladen hat.

*) Recherches experimentales sur le grand sympathique etc. Paris 1854. — Gazette medicale. 1854.
Nr. 1. 2. 3.
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[482/0498] Ausgleichung der Wärme verschiedener Leibestheile. Ausgleichung der Temperatur zwischen verschiede- nen Organen. Da die abkühlenden und erwärmenden Ursachen mit einer so un- gleichen Kraft in den verschiedenen Körpertheilen wirksam sind, und ihre Temperatur trotz der schlechten Wärmeleitungsfähigkeit der Thier- stoffe dennoch so geringe Unterschiede bietet, so müssen offenbar Ein- richtungen gegeben sein, welche diese Unterschiede fortwährend ausglei- chen. Diese liegen nun in der That klar genug vor in der Bewegung und Mischung der thierischen Säfte und insbesondere des Blutes. Als Gründe, die hierfür sprechen, sind anzuführen 1) die Mischung des erwärmten und abgekühlten Blutes im Herzen und somit die gleichmässige Vertheilung des Blutes von mittlerer Temperatur in die verschiedenen Organe. — 2) Die Beobachtungen, dass in allen der Abkühlung unter- worfenen Theilen, und namentlich der Haut, die Temperatur sich um so mehr der des Herzblutes nähert, je rascher und je breiter der Blutstrom ist, der durch diesen Theil kreist, während er sich um so weiter von derselben entfernt, je geringer der Querschnitt oder die Schnelligkeit des Stromes ausfällt. — Diese letzte Thatsache, die unzählige Male in Glied- maassen beobachtet wird, in denen eine veränderte Blutströmung stattfindet, sei es eine Stockung in Folge von Arterien- oder Venenunterbindung, sei es eine Beschleunigung nach einer Erweiterung der zuführenden Ge- fässe, ist durch eine ausgezeichnete Reihe von Beobachtungen, welche Cl. Bernard *) ausgeführt hat, in das hellste Licht gesetzt. Wir haben schon wiederholt erwähnt, dass, wenn er am Halse den Sympathicus durchschnitt, sich alle Gefässe der entsprechenden Kopfhälfte erweiterten, und das sie, wenn er das peripherische Schnittende mit einem galvanischen Induktionsapparat erregte, sich wieder verengerten. Nach der einfachen Durchschneidung steigerte sich nun auch die Temperatur in der Gesichts- haut dieser Seite, während die der entgegengesetzten um einen grösseren oder kleineren Werth abnahm, und umgekehrt erniedrigte die Tempera- tur sich auf der verletzten Seite, wenn er die erregenden Poldrähte an den peripherischen Stumpf des durchschnittenen Nerven anlegte. — Die Wärmeerhöhung, welche nach der Durchschneidung des Sympathicus auf- tritt, wird man aber um so eher aus dem oben berührten Gesichtspunkte und nicht aus einer Neubildung von Wärme erklären, weil die Tempera- tur niemals diejenige übersteigt, welche gleichzeitig im Herzen gefunden wird, und auch noch darum, weil, wie Bernard beobachtete, das aus den Venen zurückkehrende Blut dem arteriellen, namentlich in Beziehung auf Färbung, sehr ähnlich ist, sich also wegen des raschen Durchganges nicht mit den gewöhnlichen Oxydationsprodukten der Bindegewebssub- stanz überladen hat. *) Recherches experimentales sur le grand sympathique etc. Paris 1854. — Gazette medicale. 1854. Nr. 1. 2. 3.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/498>, abgerufen am 21.11.2024.