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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Wovon hängt die Menge der Wärme ab,
abhängig von der Natur des in die Verbrennung eingehenden und des aus
ihr hervortretenden Atoms, unabhängig dagegen von den Mittelgliedern,
welche zwischen der Anfangs- und Endstufe gelegen sein können. Es
verhält sich hierbei Alles gerade so, wie mit der Arbeit, welche durch
den freien Fall eines Körpers geliefert werden kann. Dieselbe wird be-
kanntlich nur bestimmt durch die Fallhöhe, nicht aber dadurch, ob der
Körper auf einmal oder in Absätzen aus der gegebenen Höhe herunter-
fällt. -- b. Die Verbrennungswärme, welche einfache Atome oder Atom-
gruppen von einer und derselben chemischen Zusammensetzung liefern,
ist abhängig von dem Zustande, in dem sie sich finden. So giebt u. A.
ein Gramm Kohle in ihren verschiedenen allotropischen Modifikatio-
nen (Diamant, Graphit, Holzkohle) eine ungleiche Menge von Wärme-
einheiten; desgleichen geben gleiche Gewichte zweier Atomgruppen,
welche in verschiedener Anordnung gleich viel Atome derselben Art ent-
halten (isomere und polymere Verbindungen) ganz ungleiche Wärme-
mengen. -- c. Damit in einigem Zusammenhange steht die Erfahrung,
dass die Verbrennungswärme eines Atoms im freien unverbundenen Zu-
stande eine andere als im verbundenen Zustande ist; mit anderen Worten,
die Summe der Wärmeeinheiten, welche bei der Verbrennung eines com-
plizirten Atomes frei werden, können nicht abgeleitet werden aus der be-
kannten Wärmemenge, welche die in dem complizirten Atome enthaltenen
Atome geben, wenn sie im freien Zustande verbrannt werden. Im Allgemeinen
gilt jedoch die Regel, dass die mit anderen schon verbundenen Atome weniger
Wärme ausgeben, als die freien. Dieser Satz bestätigt sich nicht allein, wenn
in das complizirte Atom Sauerstoff eingetreten, sondern auch wenn die Ver-
bindung frei von demselben, z. B. ein Kohlenwasserstoff, ist. Es haben sich
also der Kohlen- und Wasserstoff bei ihrer Vereinigung schon verbrannt,
indem sie bei derselben Wärme entwickelten. In einigen sehr seltenen
Fällen (z. B. beim Schwefelkohlenstoff) ist jedoch auch die Verbrennungs-
wärme des complizirten Atoms grösser, als das aus ihren constituiren-
den Elementen berechnete Resultat. -- d. Bei der Oxydation durch
gasförmigen Sauerstoff ist die Zahl der entwickelten Wärmeeinheiten
geringer, als bei der Verbrennung durch Stickoxydul. -- e. Die Zahl
der Wärmeeinheiten, welche die Gewichtsemheiten der in den Speisen
enthaltenen oder zum Aufbau des menschlichen Körpers verwendeten or-
ganischen Atome ergeben, ist nur für die geringste Zahl derselben er-
mittelt. Durch Favre und Silbermann ist bekannt, dass 1 Gr. der
folgenden Stoffe die verzeichneten Wärmeeinheiten giebt.

Stearinsäure (C36H36O4) = 9700 W. E.
Margarinsäure (C34H34O4) = 9560 "
Palmitinsäure (C32H32O4) = 9420 "
Caprylsäure (C16H16O4) = 7780 "
Capronsäure (C12H12O4) = 7000 "

Wovon hängt die Menge der Wärme ab,
abhängig von der Natur des in die Verbrennung eingehenden und des aus
ihr hervortretenden Atoms, unabhängig dagegen von den Mittelgliedern,
welche zwischen der Anfangs- und Endstufe gelegen sein können. Es
verhält sich hierbei Alles gerade so, wie mit der Arbeit, welche durch
den freien Fall eines Körpers geliefert werden kann. Dieselbe wird be-
kanntlich nur bestimmt durch die Fallhöhe, nicht aber dadurch, ob der
Körper auf einmal oder in Absätzen aus der gegebenen Höhe herunter-
fällt. — b. Die Verbrennungswärme, welche einfache Atome oder Atom-
gruppen von einer und derselben chemischen Zusammensetzung liefern,
ist abhängig von dem Zustande, in dem sie sich finden. So giebt u. A.
ein Gramm Kohle in ihren verschiedenen allotropischen Modifikatio-
nen (Diamant, Graphit, Holzkohle) eine ungleiche Menge von Wärme-
einheiten; desgleichen geben gleiche Gewichte zweier Atomgruppen,
welche in verschiedener Anordnung gleich viel Atome derselben Art ent-
halten (isomere und polymere Verbindungen) ganz ungleiche Wärme-
mengen. — c. Damit in einigem Zusammenhange steht die Erfahrung,
dass die Verbrennungswärme eines Atoms im freien unverbundenen Zu-
stande eine andere als im verbundenen Zustande ist; mit anderen Worten,
die Summe der Wärmeeinheiten, welche bei der Verbrennung eines com-
plizirten Atomes frei werden, können nicht abgeleitet werden aus der be-
kannten Wärmemenge, welche die in dem complizirten Atome enthaltenen
Atome geben, wenn sie im freien Zustande verbrannt werden. Im Allgemeinen
gilt jedoch die Regel, dass die mit anderen schon verbundenen Atome weniger
Wärme ausgeben, als die freien. Dieser Satz bestätigt sich nicht allein, wenn
in das complizirte Atom Sauerstoff eingetreten, sondern auch wenn die Ver-
bindung frei von demselben, z. B. ein Kohlenwasserstoff, ist. Es haben sich
also der Kohlen- und Wasserstoff bei ihrer Vereinigung schon verbrannt,
indem sie bei derselben Wärme entwickelten. In einigen sehr seltenen
Fällen (z. B. beim Schwefelkohlenstoff) ist jedoch auch die Verbrennungs-
wärme des complizirten Atoms grösser, als das aus ihren constituiren-
den Elementen berechnete Resultat. — d. Bei der Oxydation durch
gasförmigen Sauerstoff ist die Zahl der entwickelten Wärmeeinheiten
geringer, als bei der Verbrennung durch Stickoxydul. — e. Die Zahl
der Wärmeeinheiten, welche die Gewichtsemheiten der in den Speisen
enthaltenen oder zum Aufbau des menschlichen Körpers verwendeten or-
ganischen Atome ergeben, ist nur für die geringste Zahl derselben er-
mittelt. Durch Favre und Silbermann ist bekannt, dass 1 Gr. der
folgenden Stoffe die verzeichneten Wärmeeinheiten giebt.

Stearinsäure (C36H36O4) = 9700 W. E.
Margarinsäure (C34H34O4) = 9560
Palmitinsäure (C32H32O4) = 9420
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[470/0486] Wovon hängt die Menge der Wärme ab, abhängig von der Natur des in die Verbrennung eingehenden und des aus ihr hervortretenden Atoms, unabhängig dagegen von den Mittelgliedern, welche zwischen der Anfangs- und Endstufe gelegen sein können. Es verhält sich hierbei Alles gerade so, wie mit der Arbeit, welche durch den freien Fall eines Körpers geliefert werden kann. Dieselbe wird be- kanntlich nur bestimmt durch die Fallhöhe, nicht aber dadurch, ob der Körper auf einmal oder in Absätzen aus der gegebenen Höhe herunter- fällt. — b. Die Verbrennungswärme, welche einfache Atome oder Atom- gruppen von einer und derselben chemischen Zusammensetzung liefern, ist abhängig von dem Zustande, in dem sie sich finden. So giebt u. A. ein Gramm Kohle in ihren verschiedenen allotropischen Modifikatio- nen (Diamant, Graphit, Holzkohle) eine ungleiche Menge von Wärme- einheiten; desgleichen geben gleiche Gewichte zweier Atomgruppen, welche in verschiedener Anordnung gleich viel Atome derselben Art ent- halten (isomere und polymere Verbindungen) ganz ungleiche Wärme- mengen. — c. Damit in einigem Zusammenhange steht die Erfahrung, dass die Verbrennungswärme eines Atoms im freien unverbundenen Zu- stande eine andere als im verbundenen Zustande ist; mit anderen Worten, die Summe der Wärmeeinheiten, welche bei der Verbrennung eines com- plizirten Atomes frei werden, können nicht abgeleitet werden aus der be- kannten Wärmemenge, welche die in dem complizirten Atome enthaltenen Atome geben, wenn sie im freien Zustande verbrannt werden. Im Allgemeinen gilt jedoch die Regel, dass die mit anderen schon verbundenen Atome weniger Wärme ausgeben, als die freien. Dieser Satz bestätigt sich nicht allein, wenn in das complizirte Atom Sauerstoff eingetreten, sondern auch wenn die Ver- bindung frei von demselben, z. B. ein Kohlenwasserstoff, ist. Es haben sich also der Kohlen- und Wasserstoff bei ihrer Vereinigung schon verbrannt, indem sie bei derselben Wärme entwickelten. In einigen sehr seltenen Fällen (z. B. beim Schwefelkohlenstoff) ist jedoch auch die Verbrennungs- wärme des complizirten Atoms grösser, als das aus ihren constituiren- den Elementen berechnete Resultat. — d. Bei der Oxydation durch gasförmigen Sauerstoff ist die Zahl der entwickelten Wärmeeinheiten geringer, als bei der Verbrennung durch Stickoxydul. — e. Die Zahl der Wärmeeinheiten, welche die Gewichtsemheiten der in den Speisen enthaltenen oder zum Aufbau des menschlichen Körpers verwendeten or- ganischen Atome ergeben, ist nur für die geringste Zahl derselben er- mittelt. Durch Favre und Silbermann ist bekannt, dass 1 Gr. der folgenden Stoffe die verzeichneten Wärmeeinheiten giebt. Stearinsäure (C36H36O4) = 9700 W. E. Margarinsäure (C34H34O4) = 9560 „ Palmitinsäure (C32H32O4) = 9420 „ Caprylsäure (C16H16O4) = 7780 „ Capronsäure (C12H12O4) = 7000 „

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/486>, abgerufen am 03.05.2024.