Erregung der Muskeln; Verbrauch von O; Zustand der Haut.
Es scheinen dagegen dieselben Umstände oder auch verschiedene, welche zu den- selben Tageszeiten bestehen, auf die Wärme und den Puls in gleicher Richtung zu wirken; denn in der That steigt und fällt der Puls den Tag über ungefähr zu den- selben Zeiten, wie die Wärme. Dieses Steigen ist nach den vorliegenden Beobach- tungen entweder vollkommen gleichzeitig, so dass das Temperatur- und Pulsmaximum auf dieselbe Stunde fallen (v. Bärensprung), oder es tritt das erstere nach den Mahlzeiten früher ein, als das letztere, so dass der höchste Stand der thierischen Wärme dem des Pulses nachfolgt.
d. Die Temperatur steht ferner in einer innigen Beziehung zu dem Zustande der Muskeln und Nervenmassen; nach ausgedehnten Messungen von J. Davy steigt bei ihm selbst nach dauernden Muskelanstrengungen die Wärme um 0,3° bis 0,70° und nach dauernder geistiger Beschäftigung um 0,27°. -- Der Zeitraum, welcher zwischen der Wärmesteigerung und der Muskelanstrengung verfliesst, soll bei Neugeborenen und Hun- gernden verhältnissmässig sehr kurz sein, so dass z. B. das in den Mast- darm eingeführte Thermometer alsbald zu steigen beginnt, wenn das Kind zu schreien anfängt (Bärensprung).
e. Die Temperatur ist veränderlich mit der Ausscheidungsgeschwin- digkeit von CO2 und HO durch die Lunge oder mit der Geschwindigkeit, in welcher Sauerstoff von derselben aufgenommen wird. Beispiele hier- für liefern die Mitteltemperaturen der Individuen verschiedener Thier- klassen. So verzehren unter den Wirbelthieren die Warmblüter ausser- ordentlich viel mehr Sauerstoff, als die Fische und die Amphibien. Aber auch an demselben Individuum prägt sich der Parallelismus beider Funktio- nen scharf aus; das hungernde und stillsitzende oder, wie man sich auch anders ausdrücken kann, das Thier, welches wenig CO2 aushaucht, ist weniger erwärmt, als das gesättigte und bewegte; dem täglichen Gange der CO2 ausscheidung folgt demnach derjenige der Temperatur. Die entsprechenden Beobachtungsreihen siehe bei Bidder, Schmidt*) und Chossat. -- Mit der Lebhaftigkeit des Gasstromes durch die Lungenwand wächst aber bekanntlich auch die Geschwindigkeit der Athem- folge, und somit muss das erwärmte Thier auch rascher athmen. Belege hierfür geben Chossat durch die Vergleichung hungernder und gefütter- ter Tauben und die Versuche von Tillet, Blagden, Berger u. s. w. mit künstlich erwärmten Thieren.
f. Der Beweis für die theoretische Forderung, dass sich mit der Blutfülle und Durchfeuchtung der Haut die Wärme ändert, ist bis da- hin noch nicht geliefert. Die Voraussetzung, dass unter sonst gleichen Bedingungen die Wärme steigen müsse, wenn die Blutfülle der Haut ab- nimmt, findet, wenn man will, darin eine Bestätigung, dass im Wech- selfieberfrost, also bei möglichst blutleerer Cutis, die Temperatur in der Mundhühle sich gesteigert hat (Gierse, Bärensprung).
*) Verdauungssäfte. p. 347.
Ludwig, Physiologie. II. 30
Erregung der Muskeln; Verbrauch von O; Zustand der Haut.
Es scheinen dagegen dieselben Umstände oder auch verschiedene, welche zu den- selben Tageszeiten bestehen, auf die Wärme und den Puls in gleicher Richtung zu wirken; denn in der That steigt und fällt der Puls den Tag über ungefähr zu den- selben Zeiten, wie die Wärme. Dieses Steigen ist nach den vorliegenden Beobach- tungen entweder vollkommen gleichzeitig, so dass das Temperatur- und Pulsmaximum auf dieselbe Stunde fallen (v. Bärensprung), oder es tritt das erstere nach den Mahlzeiten früher ein, als das letztere, so dass der höchste Stand der thierischen Wärme dem des Pulses nachfolgt.
d. Die Temperatur steht ferner in einer innigen Beziehung zu dem Zustande der Muskeln und Nervenmassen; nach ausgedehnten Messungen von J. Davy steigt bei ihm selbst nach dauernden Muskelanstrengungen die Wärme um 0,3° bis 0,70° und nach dauernder geistiger Beschäftigung um 0,27°. — Der Zeitraum, welcher zwischen der Wärmesteigerung und der Muskelanstrengung verfliesst, soll bei Neugeborenen und Hun- gernden verhältnissmässig sehr kurz sein, so dass z. B. das in den Mast- darm eingeführte Thermometer alsbald zu steigen beginnt, wenn das Kind zu schreien anfängt (Bärensprung).
e. Die Temperatur ist veränderlich mit der Ausscheidungsgeschwin- digkeit von CO2 und HO durch die Lunge oder mit der Geschwindigkeit, in welcher Sauerstoff von derselben aufgenommen wird. Beispiele hier- für liefern die Mitteltemperaturen der Individuen verschiedener Thier- klassen. So verzehren unter den Wirbelthieren die Warmblüter ausser- ordentlich viel mehr Sauerstoff, als die Fische und die Amphibien. Aber auch an demselben Individuum prägt sich der Parallelismus beider Funktio- nen scharf aus; das hungernde und stillsitzende oder, wie man sich auch anders ausdrücken kann, das Thier, welches wenig CO2 aushaucht, ist weniger erwärmt, als das gesättigte und bewegte; dem täglichen Gange der CO2 ausscheidung folgt demnach derjenige der Temperatur. Die entsprechenden Beobachtungsreihen siehe bei Bidder, Schmidt*) und Chossat. — Mit der Lebhaftigkeit des Gasstromes durch die Lungenwand wächst aber bekanntlich auch die Geschwindigkeit der Athem- folge, und somit muss das erwärmte Thier auch rascher athmen. Belege hierfür geben Chossat durch die Vergleichung hungernder und gefütter- ter Tauben und die Versuche von Tillet, Blagden, Berger u. s. w. mit künstlich erwärmten Thieren.
f. Der Beweis für die theoretische Forderung, dass sich mit der Blutfülle und Durchfeuchtung der Haut die Wärme ändert, ist bis da- hin noch nicht geliefert. Die Voraussetzung, dass unter sonst gleichen Bedingungen die Wärme steigen müsse, wenn die Blutfülle der Haut ab- nimmt, findet, wenn man will, darin eine Bestätigung, dass im Wech- selfieberfrost, also bei möglichst blutleerer Cutis, die Temperatur in der Mundhühle sich gesteigert hat (Gierse, Bärensprung).
*) Verdauungssäfte. p. 347.
Ludwig, Physiologie. II. 30
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Erregung der Muskeln; Verbrauch von O; Zustand der Haut.
Es scheinen dagegen dieselben Umstände oder auch verschiedene, welche zu den-
selben Tageszeiten bestehen, auf die Wärme und den Puls in gleicher Richtung zu
wirken; denn in der That steigt und fällt der Puls den Tag über ungefähr zu den-
selben Zeiten, wie die Wärme. Dieses Steigen ist nach den vorliegenden Beobach-
tungen entweder vollkommen gleichzeitig, so dass das Temperatur- und Pulsmaximum
auf dieselbe Stunde fallen (v. Bärensprung), oder es tritt das erstere nach den
Mahlzeiten früher ein, als das letztere, so dass der höchste Stand der thierischen
Wärme dem des Pulses nachfolgt.
d. Die Temperatur steht ferner in einer innigen Beziehung zu dem
Zustande der Muskeln und Nervenmassen; nach ausgedehnten Messungen
von J. Davy steigt bei ihm selbst nach dauernden Muskelanstrengungen
die Wärme um 0,3° bis 0,70° und nach dauernder geistiger Beschäftigung
um 0,27°. — Der Zeitraum, welcher zwischen der Wärmesteigerung
und der Muskelanstrengung verfliesst, soll bei Neugeborenen und Hun-
gernden verhältnissmässig sehr kurz sein, so dass z. B. das in den Mast-
darm eingeführte Thermometer alsbald zu steigen beginnt, wenn das Kind
zu schreien anfängt (Bärensprung).
e. Die Temperatur ist veränderlich mit der Ausscheidungsgeschwin-
digkeit von CO2 und HO durch die Lunge oder mit der Geschwindigkeit,
in welcher Sauerstoff von derselben aufgenommen wird. Beispiele hier-
für liefern die Mitteltemperaturen der Individuen verschiedener Thier-
klassen. So verzehren unter den Wirbelthieren die Warmblüter ausser-
ordentlich viel mehr Sauerstoff, als die Fische und die Amphibien. Aber
auch an demselben Individuum prägt sich der Parallelismus beider Funktio-
nen scharf aus; das hungernde und stillsitzende oder, wie man sich auch
anders ausdrücken kann, das Thier, welches wenig CO2 aushaucht, ist
weniger erwärmt, als das gesättigte und bewegte; dem täglichen Gange
der CO2 ausscheidung folgt demnach derjenige der Temperatur. Die
entsprechenden Beobachtungsreihen siehe bei Bidder, Schmidt *)
und Chossat. — Mit der Lebhaftigkeit des Gasstromes durch die
Lungenwand wächst aber bekanntlich auch die Geschwindigkeit der Athem-
folge, und somit muss das erwärmte Thier auch rascher athmen. Belege
hierfür geben Chossat durch die Vergleichung hungernder und gefütter-
ter Tauben und die Versuche von Tillet, Blagden, Berger u. s. w.
mit künstlich erwärmten Thieren.
f. Der Beweis für die theoretische Forderung, dass sich mit der
Blutfülle und Durchfeuchtung der Haut die Wärme ändert, ist bis da-
hin noch nicht geliefert. Die Voraussetzung, dass unter sonst gleichen
Bedingungen die Wärme steigen müsse, wenn die Blutfülle der Haut ab-
nimmt, findet, wenn man will, darin eine Bestätigung, dass im Wech-
selfieberfrost, also bei möglichst blutleerer Cutis, die Temperatur in der
Mundhühle sich gesteigert hat (Gierse, Bärensprung).
*) Verdauungssäfte. p. 347.
Ludwig, Physiologie. II. 30
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/481>, abgerufen am 22.11.2024.
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