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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Blutbewegung; physikal. Einleitung.

Ed. Weber liess die Verbrecher vor und nach der Enthauptung wägen. Der
Unterschied gab das nach der Enthauptung entleerte Blut und zu gleicher Zeit be-
stimmte er den prozentigen Werth des festen Rückstandes in dem ausgeflossenen
Blut. Ausserdem aber sprützte er so lange in die Arterien des Kopfs und Rumpfs
Wasser, als aus den Venen noch eine rothgefärbte Flüssigkeit drang. Diese Flüs-
sigkeit verdampfte er zur Trockne und wog ihren Rückstand. Aus dem Gewicht
dieses letztern und dem bekannten Gehalt des Bluts an festen Bestandtheilen konnte
berechnet werden, wie viel Blut durch das eingesprützte Wasser ausgespült war.

H. Welker benutzte zu seinen Bestimmungen die Färbekraft des Blutes; nach-
dem er sich eine Probe des normalen Bluts von dem zu untersuchenden Thiere zu-
rückgestellt, sprützt er in die Gefässe desselben so lange lauwarmes Wasser, bis aus
denselben die Flüssigkeit vollkommen farblos hervordringt und presst endlich die
Organe, in welche etwa Blut aus den Gefässen gedrungen ist, sodass es durch das
Wasser nicht ausgespült werden konnte, mit Wasser durch. Nachdem er diese roth-
gefärbten Flüssigkeiten vereinigt hat, misst er ihr Volum und verdünnt nun die zu-
rückgehaltene Blutprobe so lange mit Wasser, bis sie genau die Tinte der Auswasch-
flüssigkeit hat. In dieser letzteren wird nun dasselbe Verhältniss zwischen Wasser
und Blut bestehen, das sich in der verdünnten Blutprobe und zwar als ein bekann-
tes findet; es wird sich somit durch einen Proportionssatz die Blutmenge, welche aus-
gewaschen ist, finden lassen. Wir müssen erwarten, ob sich dieses Verfahren auch
auf grössere Säugethiere anwenden lässt; wenn möglich, so dürfte es ein schätzbares
Hilfsmittel abgeben.

Andere Methoden zur Ermittelung des Blutgehaltes sind entweder sichtlich un-
vollkommen, oder sie führen zu etwas ganz anderem, als beabsichtigt. -- Dahin gehört
die Wägung einer erstarrenden Masse, welche in das Gefässsystem eingesprützt ist;
man erhält hieraus begreiflich nur eine Aussage über die Räumlichkeit der Gefässe
bei einer bestimmten Spannung der Wände.

Blutbewegung.

Physikalische Einleitung.

Mechanische Anordnung der Flüssigkeit. Die Flüssigkeit ist dem
Frühern nach bekannt, als eine Zusammensetzung kleinster Theilchen, die durch
massenfreie Zwischenräume von einander getrennt waren; diese kleinsten Theilchen
standen unter dem Einflusse anziehender und abstossender Kräfte, welche den Grad
der Näherung und Entfernung, mit andern Worten den Durchmesser des Zwischen-
raums bestimmten. Einem jeglichen bestimmten Verhältniss dieser anziehenden und
abstossenden Kräfte entspricht nun ein bestimmter Abstand, so dass mit der einsei-
tigen Steigerung der anziehenden oder der in diesem Sinne wirkenden die Flüs-
sigkeit dichter, und mit derjenigen der abstossenden weniger dicht wurde, wäh-
rend dieselbe Dichtigkeit der Masse, oder derselbe Abstand der Molekeln bestehen
kann, bei einem sehr verschiedenen absoluten Werth der Kräfte; denn es muss die
Flüssigkeit denselben Raum behaupten, wenn in dem Maasse ihre Temperatur und
damit das Ausdehnungsbestreben gesteigert wird, in dem ein sie zusammenpressen-
der Druck zunimmt.

Da nun die Abstände, in welchen sich die Molekeln von einander befinden, in
jedem Falle fest bestimmt sind durch die wirksamen Kräfte; da sie gleichsam aus-
*)

*) Frankenheim, Die Cohäsion. 1835. -- Krystallisation und Amorphie. Breslan, ohne Jahrzahl
(1851). -- Dove, Repertorium. I. Bd. 85. 98. 112 u. f., ibid. VII. Bd. -- Berliner Berichte.
II. Jahrg. p. 14 u. f. -- Poisson, equations generales de l'equilibre et du mouvement etc. Jour-
nal de l'ecole polylechnique. 20, Heft, -- P, du Bois, Untersuchungen über die Flüssigkeiten,
Berlin 1854.
Blutbewegung; physikal. Einleitung.

Ed. Weber liess die Verbrecher vor und nach der Enthauptung wägen. Der
Unterschied gab das nach der Enthauptung entleerte Blut und zu gleicher Zeit be-
stimmte er den prozentigen Werth des festen Rückstandes in dem ausgeflossenen
Blut. Ausserdem aber sprützte er so lange in die Arterien des Kopfs und Rumpfs
Wasser, als aus den Venen noch eine rothgefärbte Flüssigkeit drang. Diese Flüs-
sigkeit verdampfte er zur Trockne und wog ihren Rückstand. Aus dem Gewicht
dieses letztern und dem bekannten Gehalt des Bluts an festen Bestandtheilen konnte
berechnet werden, wie viel Blut durch das eingesprützte Wasser ausgespült war.

H. Welker benutzte zu seinen Bestimmungen die Färbekraft des Blutes; nach-
dem er sich eine Probe des normalen Bluts von dem zu untersuchenden Thiere zu-
rückgestellt, sprützt er in die Gefässe desselben so lange lauwarmes Wasser, bis aus
denselben die Flüssigkeit vollkommen farblos hervordringt und presst endlich die
Organe, in welche etwa Blut aus den Gefässen gedrungen ist, sodass es durch das
Wasser nicht ausgespült werden konnte, mit Wasser durch. Nachdem er diese roth-
gefärbten Flüssigkeiten vereinigt hat, misst er ihr Volum und verdünnt nun die zu-
rückgehaltene Blutprobe so lange mit Wasser, bis sie genau die Tinte der Auswasch-
flüssigkeit hat. In dieser letzteren wird nun dasselbe Verhältniss zwischen Wasser
und Blut bestehen, das sich in der verdünnten Blutprobe und zwar als ein bekann-
tes findet; es wird sich somit durch einen Proportionssatz die Blutmenge, welche aus-
gewaschen ist, finden lassen. Wir müssen erwarten, ob sich dieses Verfahren auch
auf grössere Säugethiere anwenden lässt; wenn möglich, so dürfte es ein schätzbares
Hilfsmittel abgeben.

Andere Methoden zur Ermittelung des Blutgehaltes sind entweder sichtlich un-
vollkommen, oder sie führen zu etwas ganz anderem, als beabsichtigt. — Dahin gehört
die Wägung einer erstarrenden Masse, welche in das Gefässsystem eingesprützt ist;
man erhält hieraus begreiflich nur eine Aussage über die Räumlichkeit der Gefässe
bei einer bestimmten Spannung der Wände.

Blutbewegung.

Physikalische Einleitung.

Mechanische Anordnung der Flüssigkeit. Die Flüssigkeit ist dem
Frühern nach bekannt, als eine Zusammensetzung kleinster Theilchen, die durch
massenfreie Zwischenräume von einander getrennt waren; diese kleinsten Theilchen
standen unter dem Einflusse anziehender und abstossender Kräfte, welche den Grad
der Näherung und Entfernung, mit andern Worten den Durchmesser des Zwischen-
raums bestimmten. Einem jeglichen bestimmten Verhältniss dieser anziehenden und
abstossenden Kräfte entspricht nun ein bestimmter Abstand, so dass mit der einsei-
tigen Steigerung der anziehenden oder der in diesem Sinne wirkenden die Flüs-
sigkeit dichter, und mit derjenigen der abstossenden weniger dicht wurde, wäh-
rend dieselbe Dichtigkeit der Masse, oder derselbe Abstand der Molekeln bestehen
kann, bei einem sehr verschiedenen absoluten Werth der Kräfte; denn es muss die
Flüssigkeit denselben Raum behaupten, wenn in dem Maasse ihre Temperatur und
damit das Ausdehnungsbestreben gesteigert wird, in dem ein sie zusammenpressen-
der Druck zunimmt.

Da nun die Abstände, in welchen sich die Molekeln von einander befinden, in
jedem Falle fest bestimmt sind durch die wirksamen Kräfte; da sie gleichsam aus-
*)

*) Frankenheim, Die Cohäsion. 1835. — Krystallisation und Amorphie. Breslan, ohne Jahrzahl
(1851). — Dove, Repertorium. I. Bd. 85. 98. 112 u. f., ibid. VII. Bd. — Berliner Berichte.
II. Jahrg. p. 14 u. f. — Poisson, equations génerales de l’équilibre et du mouvement etc. Jour-
nal de l’ecole polylechnique. 20, Heft, — P, du Bois, Untersuchungen über die Flüssigkeiten,
Berlin 1854.
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[28/0044] Blutbewegung; physikal. Einleitung. Ed. Weber liess die Verbrecher vor und nach der Enthauptung wägen. Der Unterschied gab das nach der Enthauptung entleerte Blut und zu gleicher Zeit be- stimmte er den prozentigen Werth des festen Rückstandes in dem ausgeflossenen Blut. Ausserdem aber sprützte er so lange in die Arterien des Kopfs und Rumpfs Wasser, als aus den Venen noch eine rothgefärbte Flüssigkeit drang. Diese Flüs- sigkeit verdampfte er zur Trockne und wog ihren Rückstand. Aus dem Gewicht dieses letztern und dem bekannten Gehalt des Bluts an festen Bestandtheilen konnte berechnet werden, wie viel Blut durch das eingesprützte Wasser ausgespült war. H. Welker benutzte zu seinen Bestimmungen die Färbekraft des Blutes; nach- dem er sich eine Probe des normalen Bluts von dem zu untersuchenden Thiere zu- rückgestellt, sprützt er in die Gefässe desselben so lange lauwarmes Wasser, bis aus denselben die Flüssigkeit vollkommen farblos hervordringt und presst endlich die Organe, in welche etwa Blut aus den Gefässen gedrungen ist, sodass es durch das Wasser nicht ausgespült werden konnte, mit Wasser durch. Nachdem er diese roth- gefärbten Flüssigkeiten vereinigt hat, misst er ihr Volum und verdünnt nun die zu- rückgehaltene Blutprobe so lange mit Wasser, bis sie genau die Tinte der Auswasch- flüssigkeit hat. In dieser letzteren wird nun dasselbe Verhältniss zwischen Wasser und Blut bestehen, das sich in der verdünnten Blutprobe und zwar als ein bekann- tes findet; es wird sich somit durch einen Proportionssatz die Blutmenge, welche aus- gewaschen ist, finden lassen. Wir müssen erwarten, ob sich dieses Verfahren auch auf grössere Säugethiere anwenden lässt; wenn möglich, so dürfte es ein schätzbares Hilfsmittel abgeben. Andere Methoden zur Ermittelung des Blutgehaltes sind entweder sichtlich un- vollkommen, oder sie führen zu etwas ganz anderem, als beabsichtigt. — Dahin gehört die Wägung einer erstarrenden Masse, welche in das Gefässsystem eingesprützt ist; man erhält hieraus begreiflich nur eine Aussage über die Räumlichkeit der Gefässe bei einer bestimmten Spannung der Wände. Blutbewegung. Physikalische Einleitung. Mechanische Anordnung der Flüssigkeit. Die Flüssigkeit ist dem Frühern nach bekannt, als eine Zusammensetzung kleinster Theilchen, die durch massenfreie Zwischenräume von einander getrennt waren; diese kleinsten Theilchen standen unter dem Einflusse anziehender und abstossender Kräfte, welche den Grad der Näherung und Entfernung, mit andern Worten den Durchmesser des Zwischen- raums bestimmten. Einem jeglichen bestimmten Verhältniss dieser anziehenden und abstossenden Kräfte entspricht nun ein bestimmter Abstand, so dass mit der einsei- tigen Steigerung der anziehenden oder der in diesem Sinne wirkenden die Flüs- sigkeit dichter, und mit derjenigen der abstossenden weniger dicht wurde, wäh- rend dieselbe Dichtigkeit der Masse, oder derselbe Abstand der Molekeln bestehen kann, bei einem sehr verschiedenen absoluten Werth der Kräfte; denn es muss die Flüssigkeit denselben Raum behaupten, wenn in dem Maasse ihre Temperatur und damit das Ausdehnungsbestreben gesteigert wird, in dem ein sie zusammenpressen- der Druck zunimmt. Da nun die Abstände, in welchen sich die Molekeln von einander befinden, in jedem Falle fest bestimmt sind durch die wirksamen Kräfte; da sie gleichsam aus- *) *) Frankenheim, Die Cohäsion. 1835. — Krystallisation und Amorphie. Breslan, ohne Jahrzahl (1851). — Dove, Repertorium. I. Bd. 85. 98. 112 u. f., ibid. VII. Bd. — Berliner Berichte. II. Jahrg. p. 14 u. f. — Poisson, equations génerales de l’équilibre et du mouvement etc. Jour- nal de l’ecole polylechnique. 20, Heft, — P, du Bois, Untersuchungen über die Flüssigkeiten, Berlin 1854.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/44>, abgerufen am 24.11.2024.