Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

Gesammtgaswechsel.
zugsweise durch die Wasserverdünstung bedingt, wie die vorstehenden
Bemerkungen über CO2ausscheidung deutlich zeigen.

C. Gesammtgaswechsel des thierischen Körpers.

Die Bindung und Ausscheidung von Luft auf Haut, Lunge und
Darmkanal stehen in mannigfachen Beziehungen zu einander, so dass
sie sich theilweise gleichzeitig steigern, theils aber auch ergänzen, indem
mit dem Sinken der Athmung auf einer der bezeichneten Flächen die-
jenige auf einer anderen im Wachsthum begriffen ist. Da eine theore-
tische Feststellung dieses Zusammenhanges vorerst noch unmöglich ist,
so sind die Versuche, welche sich über den Gesammtaustausch der Gase
erstrecken, einzig und allein unser Haltpunkt.

Die Methoden, mit denen die Ausscheidung und Bindung der Gase untersucht
wurde, sind im Prinzip zwei wesentlich verschiedene; die eine von ihnen bestimmt
alle oder einzelne der aufgenommenen Gasarten geradezu, während die andere sie
aus dem Gewichtsunterschiede der festen und flüssigen Bestandtheile der Nahrungs-
und Ausscheidungsstoffe ableitet. -- 1) Die direkten Wege sind nun aber selbst
wieder verschiedene.

a. Berthollet*) führt die zu beobachtenden Thiere in ein genau gemessenes
Luftvolum von bekanntem Druck, bekannter Temperatur und Zusammensetzung
ein und lässt sie in demselben so lange verweilen, bis sich die Zeichen der begin-
nenden Erstickung einstellen; er bestimmt dann von Neuem Temperatur, Druck und
Zusammensetzung der Luft, in welcher die Thiere enthalten waren. Auf diese Weise
erhält er die absolute Menge der ausgeschiedenen und eingenommenen permanenten
Gasarten. Das Schema des Apparates, den er hierzu anwendet, ist in Fig. 66. ge-

[Abbildung] Fig. 66.
geben. A ist der luftdichte Kasten von bekann-
tem Rauminhalt, a a ein Quecksilbermanometer,
das den Unterschied des Druckes in der Atmo-
sphäre und dem Inhalt des Kastens angiebt, b ein
Thermometer, welches die Temperatur der Luft
im geschlossenen Raume misst. Ist nun der Raum-
inhalt des Behälters bekannt, so kann man jeder-
zeit die Menge von Luft berechnen, welche er
enthält, vorausgesetzt, dass man den barome-
trischen Druck, unter dem sich diese Luft befin-
det, und den Temperaturgrad derselben kennt.
Ist somit das Gesammtgewicht der Luft festge-
stellt, so genügt es, einen kleinen Antheil des
Inhaltes zu analysiren, um das absolute Gewicht
jeder einzelnen Gasart in dem Gemenge zu fin-
den, indem aus der gefundenen prozentischen Zu-
sammensetzung die des ganzen Gemenges be-
rechnet werden kann. Dieser sinnreiche Appa-
rat erlaubt aber nur beschränkte Anwendung, da
die eingeschlossenen Thiere sehr bald statt in reiner Luft, in einem Gasgemische
athmen, das reich an CO2 und arm an Sauerstoff ist, wodurch die natürlichen Be-
dingungen der Athmung wesentlich umgestaltet werden. -- Dieser Einrichtung hat
sich ausser Berthollet auch noch Legallois**) bedient.

*) Schweigger, Journal für Chemie und Physik. I. Bd. 173.
**) Annales de chimie et physique. IV. Bd. (1817). 1. u. 113.

Gesammtgaswechsel.
zugsweise durch die Wasserverdünstung bedingt, wie die vorstehenden
Bemerkungen über CO2ausscheidung deutlich zeigen.

C. Gesammtgaswechsel des thierischen Körpers.

Die Bindung und Ausscheidung von Luft auf Haut, Lunge und
Darmkanal stehen in mannigfachen Beziehungen zu einander, so dass
sie sich theilweise gleichzeitig steigern, theils aber auch ergänzen, indem
mit dem Sinken der Athmung auf einer der bezeichneten Flächen die-
jenige auf einer anderen im Wachsthum begriffen ist. Da eine theore-
tische Feststellung dieses Zusammenhanges vorerst noch unmöglich ist,
so sind die Versuche, welche sich über den Gesammtaustausch der Gase
erstrecken, einzig und allein unser Haltpunkt.

Die Methoden, mit denen die Ausscheidung und Bindung der Gase untersucht
wurde, sind im Prinzip zwei wesentlich verschiedene; die eine von ihnen bestimmt
alle oder einzelne der aufgenommenen Gasarten geradezu, während die andere sie
aus dem Gewichtsunterschiede der festen und flüssigen Bestandtheile der Nahrungs-
und Ausscheidungsstoffe ableitet. — 1) Die direkten Wege sind nun aber selbst
wieder verschiedene.

a. Berthollet*) führt die zu beobachtenden Thiere in ein genau gemessenes
Luftvolum von bekanntem Druck, bekannter Temperatur und Zusammensetzung
ein und lässt sie in demselben so lange verweilen, bis sich die Zeichen der begin-
nenden Erstickung einstellen; er bestimmt dann von Neuem Temperatur, Druck und
Zusammensetzung der Luft, in welcher die Thiere enthalten waren. Auf diese Weise
erhält er die absolute Menge der ausgeschiedenen und eingenommenen permanenten
Gasarten. Das Schema des Apparates, den er hierzu anwendet, ist in Fig. 66. ge-

[Abbildung] Fig. 66.
geben. A ist der luftdichte Kasten von bekann-
tem Rauminhalt, a a ein Quecksilbermanometer,
das den Unterschied des Druckes in der Atmo-
sphäre und dem Inhalt des Kastens angiebt, b ein
Thermometer, welches die Temperatur der Luft
im geschlossenen Raume misst. Ist nun der Raum-
inhalt des Behälters bekannt, so kann man jeder-
zeit die Menge von Luft berechnen, welche er
enthält, vorausgesetzt, dass man den barome-
trischen Druck, unter dem sich diese Luft befin-
det, und den Temperaturgrad derselben kennt.
Ist somit das Gesammtgewicht der Luft festge-
stellt, so genügt es, einen kleinen Antheil des
Inhaltes zu analysiren, um das absolute Gewicht
jeder einzelnen Gasart in dem Gemenge zu fin-
den, indem aus der gefundenen prozentischen Zu-
sammensetzung die des ganzen Gemenges be-
rechnet werden kann. Dieser sinnreiche Appa-
rat erlaubt aber nur beschränkte Anwendung, da
die eingeschlossenen Thiere sehr bald statt in reiner Luft, in einem Gasgemische
athmen, das reich an CO2 und arm an Sauerstoff ist, wodurch die natürlichen Be-
dingungen der Athmung wesentlich umgestaltet werden. — Dieser Einrichtung hat
sich ausser Berthollet auch noch Legallois**) bedient.

*) Schweigger, Journal für Chemie und Physik. I. Bd. 173.
**) Annales de chimie et physique. IV. Bd. (1817). 1. u. 113.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0372" n="356"/><fw place="top" type="header">Gesammtgaswechsel.</fw><lb/>
zugsweise durch die Wasserverdünstung bedingt, wie die vorstehenden<lb/>
Bemerkungen über CO<hi rendition="#sub">2</hi>ausscheidung deutlich zeigen.</p><lb/>
              <p>C. <hi rendition="#g">Gesammtgaswechsel des thierischen Körpers</hi>.</p><lb/>
              <p>Die Bindung und Ausscheidung von Luft auf Haut, Lunge und<lb/>
Darmkanal stehen in mannigfachen Beziehungen zu einander, so dass<lb/>
sie sich theilweise gleichzeitig steigern, theils aber auch ergänzen, indem<lb/>
mit dem Sinken der Athmung auf einer der bezeichneten Flächen die-<lb/>
jenige auf einer anderen im Wachsthum begriffen ist. Da eine theore-<lb/>
tische Feststellung dieses Zusammenhanges vorerst noch unmöglich ist,<lb/>
so sind die Versuche, welche sich über den Gesammtaustausch der Gase<lb/>
erstrecken, einzig und allein unser Haltpunkt.</p><lb/>
              <p>Die Methoden, mit denen die Ausscheidung und Bindung der Gase untersucht<lb/>
wurde, sind im Prinzip zwei wesentlich verschiedene; die eine von ihnen bestimmt<lb/>
alle oder einzelne der aufgenommenen Gasarten geradezu, während die andere sie<lb/>
aus dem Gewichtsunterschiede der festen und flüssigen Bestandtheile der Nahrungs-<lb/>
und Ausscheidungsstoffe ableitet. &#x2014; 1) Die direkten Wege sind nun aber selbst<lb/>
wieder verschiedene.</p><lb/>
              <p>a. <hi rendition="#g">Berthollet</hi><note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Schweigger</hi>, Journal für Chemie und Physik. I. Bd. 173.</note> führt die zu beobachtenden Thiere in ein genau gemessenes<lb/>
Luftvolum von bekanntem Druck, bekannter Temperatur und Zusammensetzung<lb/>
ein und lässt sie in demselben so lange verweilen, bis sich die Zeichen der begin-<lb/>
nenden Erstickung einstellen; er bestimmt dann von Neuem Temperatur, Druck und<lb/>
Zusammensetzung der Luft, in welcher die Thiere enthalten waren. Auf diese Weise<lb/>
erhält er die absolute Menge der ausgeschiedenen und eingenommenen permanenten<lb/>
Gasarten. Das Schema des Apparates, den er hierzu anwendet, ist in Fig. 66. ge-<lb/><figure><head>Fig. 66.</head></figure><lb/>
geben. <hi rendition="#i">A</hi> ist der luftdichte Kasten von bekann-<lb/>
tem Rauminhalt, <hi rendition="#i">a a</hi> ein Quecksilbermanometer,<lb/>
das den Unterschied des Druckes in der Atmo-<lb/>
sphäre und dem Inhalt des Kastens angiebt, <hi rendition="#i">b</hi> ein<lb/>
Thermometer, welches die Temperatur der Luft<lb/>
im geschlossenen Raume misst. Ist nun der Raum-<lb/>
inhalt des Behälters bekannt, so kann man jeder-<lb/>
zeit die Menge von Luft berechnen, welche er<lb/>
enthält, vorausgesetzt, dass man den barome-<lb/>
trischen Druck, unter dem sich diese Luft befin-<lb/>
det, und den Temperaturgrad derselben kennt.<lb/>
Ist somit das Gesammtgewicht der Luft festge-<lb/>
stellt, so genügt es, einen kleinen Antheil des<lb/>
Inhaltes zu analysiren, um das absolute Gewicht<lb/>
jeder einzelnen Gasart in dem Gemenge zu fin-<lb/>
den, indem aus der gefundenen prozentischen Zu-<lb/>
sammensetzung die des ganzen Gemenges be-<lb/>
rechnet werden kann. Dieser sinnreiche Appa-<lb/>
rat erlaubt aber nur beschränkte Anwendung, da<lb/>
die eingeschlossenen Thiere sehr bald statt in reiner Luft, in einem Gasgemische<lb/>
athmen, das reich an CO<hi rendition="#sub">2</hi> und arm an Sauerstoff ist, wodurch die natürlichen Be-<lb/>
dingungen der Athmung wesentlich umgestaltet werden. &#x2014; Dieser Einrichtung hat<lb/>
sich ausser <hi rendition="#g">Berthollet</hi> auch noch <hi rendition="#g">Legallois</hi><note place="foot" n="**)">Annales de chimie et physique. IV. Bd. (1817). 1. u. 113.</note> bedient.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[356/0372] Gesammtgaswechsel. zugsweise durch die Wasserverdünstung bedingt, wie die vorstehenden Bemerkungen über CO2ausscheidung deutlich zeigen. C. Gesammtgaswechsel des thierischen Körpers. Die Bindung und Ausscheidung von Luft auf Haut, Lunge und Darmkanal stehen in mannigfachen Beziehungen zu einander, so dass sie sich theilweise gleichzeitig steigern, theils aber auch ergänzen, indem mit dem Sinken der Athmung auf einer der bezeichneten Flächen die- jenige auf einer anderen im Wachsthum begriffen ist. Da eine theore- tische Feststellung dieses Zusammenhanges vorerst noch unmöglich ist, so sind die Versuche, welche sich über den Gesammtaustausch der Gase erstrecken, einzig und allein unser Haltpunkt. Die Methoden, mit denen die Ausscheidung und Bindung der Gase untersucht wurde, sind im Prinzip zwei wesentlich verschiedene; die eine von ihnen bestimmt alle oder einzelne der aufgenommenen Gasarten geradezu, während die andere sie aus dem Gewichtsunterschiede der festen und flüssigen Bestandtheile der Nahrungs- und Ausscheidungsstoffe ableitet. — 1) Die direkten Wege sind nun aber selbst wieder verschiedene. a. Berthollet *) führt die zu beobachtenden Thiere in ein genau gemessenes Luftvolum von bekanntem Druck, bekannter Temperatur und Zusammensetzung ein und lässt sie in demselben so lange verweilen, bis sich die Zeichen der begin- nenden Erstickung einstellen; er bestimmt dann von Neuem Temperatur, Druck und Zusammensetzung der Luft, in welcher die Thiere enthalten waren. Auf diese Weise erhält er die absolute Menge der ausgeschiedenen und eingenommenen permanenten Gasarten. Das Schema des Apparates, den er hierzu anwendet, ist in Fig. 66. ge- [Abbildung Fig. 66.] geben. A ist der luftdichte Kasten von bekann- tem Rauminhalt, a a ein Quecksilbermanometer, das den Unterschied des Druckes in der Atmo- sphäre und dem Inhalt des Kastens angiebt, b ein Thermometer, welches die Temperatur der Luft im geschlossenen Raume misst. Ist nun der Raum- inhalt des Behälters bekannt, so kann man jeder- zeit die Menge von Luft berechnen, welche er enthält, vorausgesetzt, dass man den barome- trischen Druck, unter dem sich diese Luft befin- det, und den Temperaturgrad derselben kennt. Ist somit das Gesammtgewicht der Luft festge- stellt, so genügt es, einen kleinen Antheil des Inhaltes zu analysiren, um das absolute Gewicht jeder einzelnen Gasart in dem Gemenge zu fin- den, indem aus der gefundenen prozentischen Zu- sammensetzung die des ganzen Gemenges be- rechnet werden kann. Dieser sinnreiche Appa- rat erlaubt aber nur beschränkte Anwendung, da die eingeschlossenen Thiere sehr bald statt in reiner Luft, in einem Gasgemische athmen, das reich an CO2 und arm an Sauerstoff ist, wodurch die natürlichen Be- dingungen der Athmung wesentlich umgestaltet werden. — Dieser Einrichtung hat sich ausser Berthollet auch noch Legallois **) bedient. *) Schweigger, Journal für Chemie und Physik. I. Bd. 173. **) Annales de chimie et physique. IV. Bd. (1817). 1. u. 113.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/372
Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/372>, abgerufen am 27.04.2024.