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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Ernährung der Lunge.
Blut der Lunge einen namhaften Wärmeverlust dadurch erleiden, dass
eine stetige Wasserverdunstung auf der Oberfläche dieses Organs vor
sich geht, und dass es sich so oft mit kalter Luft füllt, die erwärmt
wieder ausgestossen wird. Dieser Verlust würde aber möglicher Weise
keinen für gewöhnliche thermometrische Instrumente messbaren Unter-
schied zwischen den Temperaturen beider Blutarten herbeiführen, vor-
ausgesetzt, dass das Blut in den Lungencapillaren jedesmal nur äusserst
kurze Zeit verweilte. -- Wenn also trotzdem (Davy)*), dem, wie er-
wähnt, G. Liebig entgegentritt, das Blut, welches aus der Lunge
kommt, merklich wärmer ist, als das, welches in dieselbe strömt, so
muss sich innerhalb derselben eine neue Wärmequelle finden, welche
nach unsern gegenwärtigen Einsichten nur in dem Oxydationshergang,
nicht aber in dem Unterschiede der Wärmekapazität der beiden Blutarten
gefunden werden kann. Denn es hängt dieselbe in unserm Fall nur
von dem spezifischen Gewichte der beiden Flüssigkeiten ab (J. Davy)**)
und zwar in der Art, dass das weniger dichte auch eine geringere
Menge Wärme fasst, als das dichtere. Zwischen den spez. Gewichten des
Venen- und Arterienblutes dürfte aber schwerlich ein genügender Unter-
schied gefunden werden.

Der grössere Wassergehalt des arteriellen Blutes kann nur abgeleitet
werden aus der Beimischung der wässerigen Lymphe, da innerhalb der
Lungen nicht nur kein Wasser zu dem Blute gefügt, sondern sogar aus
ihm durch Verdunstung entfernt wird. Dieser Ansicht wird man heute
kaum noch die oft widerlegte Meinung entgegenhalten, dass durch
Verbrennung wasserstoffhaltiger Blutbestandtheile mittelst des eingenom-
menen Sauerstoffs so viel Wasser gebildet worden sei, um den Wasser-
verlust in der Lunge zu bestreiten und zugleich den Wassergehalt des
arteriellen Blutes zu erhöhen.

c. Die hellere Röthung der arteriellen Blutkörperchen ist von dem
gesteigerten Gehalte des Bluts an Sauerstoff und dem gleichzeitig vermin-
derten an CO2 abzuleiten.

8. Ernährung der Lunge. Die Formfolge bei der ersten Ent-
wickelung derselben ist analog derjenigen andern gelappten Drüsen; der
einzige Unterschied besteht darin, dass die Zellenhäufchen, welche die
spätern Aeste und Aestchen darstellen, gleich von vorn herein im Centrum
Flüssigkeit führen, nicht aber wie gewöhnlich compakt sind. -- Nach
der Geburt vergrössert sich die Lunge nur durch die Ausdehnung der vor-
handenen Bläschen und Röhren; eine Neubildung derselben kommt nicht
mehr vor. -- Länger dauernde Ausdehnungen und Verengerungen erleiden
aber die Lungenbläschen sehr leicht, weil ihre Wandung zart, ihre Um-
gebung beweglich und ihr Inhalt stets dem Luftdruck ausgesetzt ist. So

*) Schweigger, Journal für Chemie u. Phys. 15. Bd. 468. u. f.
**) l. c. p. 462.

Ernährung der Lunge.
Blut der Lunge einen namhaften Wärmeverlust dadurch erleiden, dass
eine stetige Wasserverdunstung auf der Oberfläche dieses Organs vor
sich geht, und dass es sich so oft mit kalter Luft füllt, die erwärmt
wieder ausgestossen wird. Dieser Verlust würde aber möglicher Weise
keinen für gewöhnliche thermometrische Instrumente messbaren Unter-
schied zwischen den Temperaturen beider Blutarten herbeiführen, vor-
ausgesetzt, dass das Blut in den Lungencapillaren jedesmal nur äusserst
kurze Zeit verweilte. — Wenn also trotzdem (Davy)*), dem, wie er-
wähnt, G. Liebig entgegentritt, das Blut, welches aus der Lunge
kommt, merklich wärmer ist, als das, welches in dieselbe strömt, so
muss sich innerhalb derselben eine neue Wärmequelle finden, welche
nach unsern gegenwärtigen Einsichten nur in dem Oxydationshergang,
nicht aber in dem Unterschiede der Wärmekapazität der beiden Blutarten
gefunden werden kann. Denn es hängt dieselbe in unserm Fall nur
von dem spezifischen Gewichte der beiden Flüssigkeiten ab (J. Davy)**)
und zwar in der Art, dass das weniger dichte auch eine geringere
Menge Wärme fasst, als das dichtere. Zwischen den spez. Gewichten des
Venen- und Arterienblutes dürfte aber schwerlich ein genügender Unter-
schied gefunden werden.

Der grössere Wassergehalt des arteriellen Blutes kann nur abgeleitet
werden aus der Beimischung der wässerigen Lymphe, da innerhalb der
Lungen nicht nur kein Wasser zu dem Blute gefügt, sondern sogar aus
ihm durch Verdunstung entfernt wird. Dieser Ansicht wird man heute
kaum noch die oft widerlegte Meinung entgegenhalten, dass durch
Verbrennung wasserstoffhaltiger Blutbestandtheile mittelst des eingenom-
menen Sauerstoffs so viel Wasser gebildet worden sei, um den Wasser-
verlust in der Lunge zu bestreiten und zugleich den Wassergehalt des
arteriellen Blutes zu erhöhen.

c. Die hellere Röthung der arteriellen Blutkörperchen ist von dem
gesteigerten Gehalte des Bluts an Sauerstoff und dem gleichzeitig vermin-
derten an CO2 abzuleiten.

8. Ernährung der Lunge. Die Formfolge bei der ersten Ent-
wickelung derselben ist analog derjenigen andern gelappten Drüsen; der
einzige Unterschied besteht darin, dass die Zellenhäufchen, welche die
spätern Aeste und Aestchen darstellen, gleich von vorn herein im Centrum
Flüssigkeit führen, nicht aber wie gewöhnlich compakt sind. — Nach
der Geburt vergrössert sich die Lunge nur durch die Ausdehnung der vor-
handenen Bläschen und Röhren; eine Neubildung derselben kommt nicht
mehr vor. — Länger dauernde Ausdehnungen und Verengerungen erleiden
aber die Lungenbläschen sehr leicht, weil ihre Wandung zart, ihre Um-
gebung beweglich und ihr Inhalt stets dem Luftdruck ausgesetzt ist. So

*) Schweigger, Journal für Chemie u. Phys. 15. Bd. 468. u. f.
**) l. c. p. 462.
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[349/0365] Ernährung der Lunge. Blut der Lunge einen namhaften Wärmeverlust dadurch erleiden, dass eine stetige Wasserverdunstung auf der Oberfläche dieses Organs vor sich geht, und dass es sich so oft mit kalter Luft füllt, die erwärmt wieder ausgestossen wird. Dieser Verlust würde aber möglicher Weise keinen für gewöhnliche thermometrische Instrumente messbaren Unter- schied zwischen den Temperaturen beider Blutarten herbeiführen, vor- ausgesetzt, dass das Blut in den Lungencapillaren jedesmal nur äusserst kurze Zeit verweilte. — Wenn also trotzdem (Davy) *), dem, wie er- wähnt, G. Liebig entgegentritt, das Blut, welches aus der Lunge kommt, merklich wärmer ist, als das, welches in dieselbe strömt, so muss sich innerhalb derselben eine neue Wärmequelle finden, welche nach unsern gegenwärtigen Einsichten nur in dem Oxydationshergang, nicht aber in dem Unterschiede der Wärmekapazität der beiden Blutarten gefunden werden kann. Denn es hängt dieselbe in unserm Fall nur von dem spezifischen Gewichte der beiden Flüssigkeiten ab (J. Davy) **) und zwar in der Art, dass das weniger dichte auch eine geringere Menge Wärme fasst, als das dichtere. Zwischen den spez. Gewichten des Venen- und Arterienblutes dürfte aber schwerlich ein genügender Unter- schied gefunden werden. Der grössere Wassergehalt des arteriellen Blutes kann nur abgeleitet werden aus der Beimischung der wässerigen Lymphe, da innerhalb der Lungen nicht nur kein Wasser zu dem Blute gefügt, sondern sogar aus ihm durch Verdunstung entfernt wird. Dieser Ansicht wird man heute kaum noch die oft widerlegte Meinung entgegenhalten, dass durch Verbrennung wasserstoffhaltiger Blutbestandtheile mittelst des eingenom- menen Sauerstoffs so viel Wasser gebildet worden sei, um den Wasser- verlust in der Lunge zu bestreiten und zugleich den Wassergehalt des arteriellen Blutes zu erhöhen. c. Die hellere Röthung der arteriellen Blutkörperchen ist von dem gesteigerten Gehalte des Bluts an Sauerstoff und dem gleichzeitig vermin- derten an CO2 abzuleiten. 8. Ernährung der Lunge. Die Formfolge bei der ersten Ent- wickelung derselben ist analog derjenigen andern gelappten Drüsen; der einzige Unterschied besteht darin, dass die Zellenhäufchen, welche die spätern Aeste und Aestchen darstellen, gleich von vorn herein im Centrum Flüssigkeit führen, nicht aber wie gewöhnlich compakt sind. — Nach der Geburt vergrössert sich die Lunge nur durch die Ausdehnung der vor- handenen Bläschen und Röhren; eine Neubildung derselben kommt nicht mehr vor. — Länger dauernde Ausdehnungen und Verengerungen erleiden aber die Lungenbläschen sehr leicht, weil ihre Wandung zart, ihre Um- gebung beweglich und ihr Inhalt stets dem Luftdruck ausgesetzt ist. So *) Schweigger, Journal für Chemie u. Phys. 15. Bd. 468. u. f. **) l. c. p. 462.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/365>, abgerufen am 22.11.2024.