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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Kohlensäureausscheidung, abhängig von der Athembewegung.
in der Grenzfläche des mit Luft gefüllten und gesperrten Raumes, oder in unserm
Fall in den Wandungen der Lunge, abhängt. Indem wir uns erinnern, dass die
CO2, welche in die Lungenhöhle austritt, aus dem Blut ihren Ursprung nimmt, wird
uns auch sogleich einleuchtend, dass auf die CO2, welche jenseits der innern Lungen-
fläche gelegen ist, nicht mehr die Regeln anwendbar sind, nach welchen wir die
Ausbreitung der gasförmigen CO2 beurtheilen. Denn die CO2 ist dort in einer alka-
lischen Lösung vorhanden, welche die Eigenschaft besitzt, die Spannungen zu mindern
oder ganz aufzuheben, die sich zwischen den Theilchen der freien CO2 finden. Wir
müssen uns also von Neuem an die Erfahrung wenden. Diese ist aber für die Ver-
dunstungserscheinungen der CO2 aus dem Blute noch so gut wie gar nicht um Rath
gefragt worden. Wir wissen nur, dass die CO2 aus dem Blut verdunstet, wenn dieses
mit CO2 freien Räumen bedeckt wird. Dürften wir uns der allerdings wahrschein-
lichen Annahme hingeben, dass die Entwickelung der CO2 aus dem Blute nach den-
selben Grundsätzen zu beurtheilen sei, nach welchen sie aus einer Lösung von dop-
pelt kohlensaurem Natron erfolgt, so würden wir in Folge einer Untersuchung von
E. Becherschon etwas weiter im Klaren sein. Nach den Angaben dieser Arbeit, die
mir im Manuscript vorliegt, verhält sich eine Lösung von doppelt kohlensaurem Natron
folgendermaassen: Eine jede Lösung dieses Salzes dunstet in einem geschlossenen,
ursprünglich CO2freien Raum so lange CO2 ab, bis diese letztere eine gewisse Dich-
tigkeit erreicht hat; so wie dieses geschehen, hört die Abdunstung auf. Der mess-
bare Werth der CO2 spannung in dem geschlossenen Raum kann demnach als ein
Maass für die Spannkräfte der CO2 in der Salzlösung angesehen werden. Der Werth
dieser Spannkraft steigt a) mit dem Gehalt der Lösung an doppelt kohlensaurem Na-
tron. Sie war z. B. in einer Lösung mit 6,1 pCt. NaO 2CO2 = einer 92,9 MM.
hohen Quecksilbersäule und bei derselben Temperatur in einer Lösung mit 3,1 pCt.
= einer 44,0 MM. hohen Quecksilbersäule. -- b) Die Spannung steigt mit der Tempera-
tur; so betrug sie in der ersten Lösung bei 15,2° C. = 92,9 MM. Hg und bei 17,2° =
103,5; bei noch weiterem Wachsthum der Temperatur scheint sie rascher zuzuneh-
men. -- c) Die Geschwindigkeit des CO2stroms, welcher aus der Lösung hervorgeht,
ist direkt proportional dem Unterschied der CO2 spannung in der Lösung und in dem
überstehenden Luftraum. -- d) Die Geschwindigkeit des Stroms wird wahrscheinlich
gesteigert, wenn sich der Druck der wenn auch CO2freien Luft mindert, welche auf dem
Spiegel der Flüssigkeit lastet; demnach würden sich die Verdunstungserscheinungen
der CO2 aus doppelt kohlensaurem Natron verhalten wie die des Wassers. -- f) Der
absolute Werth der Geschwindigkeit, mit welcher das Gas aus der Lösung von doppelt
kohlensaurem Natron verdunstet, ist gering. Diese Versuche müssen wiederholt, ver-
vielfältigt und auf das Blut ausgedehnt werden.

Die folgende Darstellung der Schwankungen in der CO2ausscheidung
untersucht der Reihe nach den Einfluss der Athem - und Blutbewegung,
der Luft und Blutzusammensetzung und endlich der verschiedenen Zu-
stände der Lungenwand.

Athembewegung. Im Ruhezustand des Brustkastens ist der
Lungenraum mit Luft gefüllt, welche, in feine Bläschen vertheilt, durch
Wandungen von einer enormen Ausdehnung begrenzt wird; diese letzteren
sind durchzogen, man könnte sagen gebildet, von einem dichten Blut-
gefässnetze, dessen Inhalt verdunstbare CO2 führt. Insofern also die Luft
in dem Lungenraum jemals CO2frei war, wird sie sogleich einen Antheil
dieses Gases empfangen, und dieser Antheil wird, alles andere gleich ge-
setzt, mit der Zeit ihres Verweilens in der Lunge so lange wachsen, bis

Kohlensäureausscheidung, abhängig von der Athembewegung.
in der Grenzfläche des mit Luft gefüllten und gesperrten Raumes, oder in unserm
Fall in den Wandungen der Lunge, abhängt. Indem wir uns erinnern, dass die
CO2, welche in die Lungenhöhle austritt, aus dem Blut ihren Ursprung nimmt, wird
uns auch sogleich einleuchtend, dass auf die CO2, welche jenseits der innern Lungen-
fläche gelegen ist, nicht mehr die Regeln anwendbar sind, nach welchen wir die
Ausbreitung der gasförmigen CO2 beurtheilen. Denn die CO2 ist dort in einer alka-
lischen Lösung vorhanden, welche die Eigenschaft besitzt, die Spannungen zu mindern
oder ganz aufzuheben, die sich zwischen den Theilchen der freien CO2 finden. Wir
müssen uns also von Neuem an die Erfahrung wenden. Diese ist aber für die Ver-
dunstungserscheinungen der CO2 aus dem Blute noch so gut wie gar nicht um Rath
gefragt worden. Wir wissen nur, dass die CO2 aus dem Blut verdunstet, wenn dieses
mit CO2 freien Räumen bedeckt wird. Dürften wir uns der allerdings wahrschein-
lichen Annahme hingeben, dass die Entwickelung der CO2 aus dem Blute nach den-
selben Grundsätzen zu beurtheilen sei, nach welchen sie aus einer Lösung von dop-
pelt kohlensaurem Natron erfolgt, so würden wir in Folge einer Untersuchung von
E. Becherschon etwas weiter im Klaren sein. Nach den Angaben dieser Arbeit, die
mir im Manuscript vorliegt, verhält sich eine Lösung von doppelt kohlensaurem Natron
folgendermaassen: Eine jede Lösung dieses Salzes dunstet in einem geschlossenen,
ursprünglich CO2freien Raum so lange CO2 ab, bis diese letztere eine gewisse Dich-
tigkeit erreicht hat; so wie dieses geschehen, hört die Abdunstung auf. Der mess-
bare Werth der CO2 spannung in dem geschlossenen Raum kann demnach als ein
Maass für die Spannkräfte der CO2 in der Salzlösung angesehen werden. Der Werth
dieser Spannkraft steigt a) mit dem Gehalt der Lösung an doppelt kohlensaurem Na-
tron. Sie war z. B. in einer Lösung mit 6,1 pCt. NaO 2CO2 = einer 92,9 MM.
hohen Quecksilbersäule und bei derselben Temperatur in einer Lösung mit 3,1 pCt.
= einer 44,0 MM. hohen Quecksilbersäule. — b) Die Spannung steigt mit der Tempera-
tur; so betrug sie in der ersten Lösung bei 15,2° C. = 92,9 MM. Hg und bei 17,2° =
103,5; bei noch weiterem Wachsthum der Temperatur scheint sie rascher zuzuneh-
men. — c) Die Geschwindigkeit des CO2stroms, welcher aus der Lösung hervorgeht,
ist direkt proportional dem Unterschied der CO2 spannung in der Lösung und in dem
überstehenden Luftraum. — d) Die Geschwindigkeit des Stroms wird wahrscheinlich
gesteigert, wenn sich der Druck der wenn auch CO2freien Luft mindert, welche auf dem
Spiegel der Flüssigkeit lastet; demnach würden sich die Verdunstungserscheinungen
der CO2 aus doppelt kohlensaurem Natron verhalten wie die des Wassers. — f) Der
absolute Werth der Geschwindigkeit, mit welcher das Gas aus der Lösung von doppelt
kohlensaurem Natron verdunstet, ist gering. Diese Versuche müssen wiederholt, ver-
vielfältigt und auf das Blut ausgedehnt werden.

Die folgende Darstellung der Schwankungen in der CO2ausscheidung
untersucht der Reihe nach den Einfluss der Athem - und Blutbewegung,
der Luft und Blutzusammensetzung und endlich der verschiedenen Zu-
stände der Lungenwand.

Athembewegung. Im Ruhezustand des Brustkastens ist der
Lungenraum mit Luft gefüllt, welche, in feine Bläschen vertheilt, durch
Wandungen von einer enormen Ausdehnung begrenzt wird; diese letzteren
sind durchzogen, man könnte sagen gebildet, von einem dichten Blut-
gefässnetze, dessen Inhalt verdunstbare CO2 führt. Insofern also die Luft
in dem Lungenraum jemals CO2frei war, wird sie sogleich einen Antheil
dieses Gases empfangen, und dieser Antheil wird, alles andere gleich ge-
setzt, mit der Zeit ihres Verweilens in der Lunge so lange wachsen, bis

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[327/0343] Kohlensäureausscheidung, abhängig von der Athembewegung. in der Grenzfläche des mit Luft gefüllten und gesperrten Raumes, oder in unserm Fall in den Wandungen der Lunge, abhängt. Indem wir uns erinnern, dass die CO2, welche in die Lungenhöhle austritt, aus dem Blut ihren Ursprung nimmt, wird uns auch sogleich einleuchtend, dass auf die CO2, welche jenseits der innern Lungen- fläche gelegen ist, nicht mehr die Regeln anwendbar sind, nach welchen wir die Ausbreitung der gasförmigen CO2 beurtheilen. Denn die CO2 ist dort in einer alka- lischen Lösung vorhanden, welche die Eigenschaft besitzt, die Spannungen zu mindern oder ganz aufzuheben, die sich zwischen den Theilchen der freien CO2 finden. Wir müssen uns also von Neuem an die Erfahrung wenden. Diese ist aber für die Ver- dunstungserscheinungen der CO2 aus dem Blute noch so gut wie gar nicht um Rath gefragt worden. Wir wissen nur, dass die CO2 aus dem Blut verdunstet, wenn dieses mit CO2 freien Räumen bedeckt wird. Dürften wir uns der allerdings wahrschein- lichen Annahme hingeben, dass die Entwickelung der CO2 aus dem Blute nach den- selben Grundsätzen zu beurtheilen sei, nach welchen sie aus einer Lösung von dop- pelt kohlensaurem Natron erfolgt, so würden wir in Folge einer Untersuchung von E. Becherschon etwas weiter im Klaren sein. Nach den Angaben dieser Arbeit, die mir im Manuscript vorliegt, verhält sich eine Lösung von doppelt kohlensaurem Natron folgendermaassen: Eine jede Lösung dieses Salzes dunstet in einem geschlossenen, ursprünglich CO2freien Raum so lange CO2 ab, bis diese letztere eine gewisse Dich- tigkeit erreicht hat; so wie dieses geschehen, hört die Abdunstung auf. Der mess- bare Werth der CO2 spannung in dem geschlossenen Raum kann demnach als ein Maass für die Spannkräfte der CO2 in der Salzlösung angesehen werden. Der Werth dieser Spannkraft steigt a) mit dem Gehalt der Lösung an doppelt kohlensaurem Na- tron. Sie war z. B. in einer Lösung mit 6,1 pCt. NaO 2CO2 = einer 92,9 MM. hohen Quecksilbersäule und bei derselben Temperatur in einer Lösung mit 3,1 pCt. = einer 44,0 MM. hohen Quecksilbersäule. — b) Die Spannung steigt mit der Tempera- tur; so betrug sie in der ersten Lösung bei 15,2° C. = 92,9 MM. Hg und bei 17,2° = 103,5; bei noch weiterem Wachsthum der Temperatur scheint sie rascher zuzuneh- men. — c) Die Geschwindigkeit des CO2stroms, welcher aus der Lösung hervorgeht, ist direkt proportional dem Unterschied der CO2 spannung in der Lösung und in dem überstehenden Luftraum. — d) Die Geschwindigkeit des Stroms wird wahrscheinlich gesteigert, wenn sich der Druck der wenn auch CO2freien Luft mindert, welche auf dem Spiegel der Flüssigkeit lastet; demnach würden sich die Verdunstungserscheinungen der CO2 aus doppelt kohlensaurem Natron verhalten wie die des Wassers. — f) Der absolute Werth der Geschwindigkeit, mit welcher das Gas aus der Lösung von doppelt kohlensaurem Natron verdunstet, ist gering. Diese Versuche müssen wiederholt, ver- vielfältigt und auf das Blut ausgedehnt werden. Die folgende Darstellung der Schwankungen in der CO2ausscheidung untersucht der Reihe nach den Einfluss der Athem - und Blutbewegung, der Luft und Blutzusammensetzung und endlich der verschiedenen Zu- stände der Lungenwand. Athembewegung. Im Ruhezustand des Brustkastens ist der Lungenraum mit Luft gefüllt, welche, in feine Bläschen vertheilt, durch Wandungen von einer enormen Ausdehnung begrenzt wird; diese letzteren sind durchzogen, man könnte sagen gebildet, von einem dichten Blut- gefässnetze, dessen Inhalt verdunstbare CO2 führt. Insofern also die Luft in dem Lungenraum jemals CO2frei war, wird sie sogleich einen Antheil dieses Gases empfangen, und dieser Antheil wird, alles andere gleich ge- setzt, mit der Zeit ihres Verweilens in der Lunge so lange wachsen, bis

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/343>, abgerufen am 25.11.2024.