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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Weibliche Geschlechtswerkzeuge; Eierstock.
lung der Samen nicht in die Harnblase gelangt, so muss schon der sphinc-
ter vesicae zum Abschluss genügen. -- Der Harn wird in die Urethra
mit hinreichender Kraft getrieben, um aus der Mündung derselben in
einem Strahl befördert zu werden. Anders verhält es sich mit dem Sa-
men, der durch die schwachen Muskeln der Samenbläschen nur bis in
die Harnröhre getrieben wird; aus dieser befördern ihn die Zusammen-
ziehungen des m. bulbocavernovus. -- Bei der Steifung des Gliedes ist
das Eindringen des Samens in die Harnröhre noch besonders erleichtert,
da diese zu jener Zeit in Folge der Ausspannung ihrer Wände ein ge-
öffnetes Lumen besitzt. Der Harn findet aber zu dieser Zeit an dem ge-
schwollenen Schnepfenkopf ein Hinderniss.

Weibliche Geschlechtswerkzeuge.
A. Eierstock.

1. Anatomischer Bau. Zum grössten Theil besteht der Eierstock
aus Blutgefässen und einer eigenen Art von Bindegewebe. In diese Mas-
sen sind eingebettet unreife, reife und zerstörte Eikapseln und das ganze
ist umzogen von einer fibrösen Hülle. Der reife Eisack ist ein kugeliger
Sack, der mit Flüssigkeit (Eiwasser) gefüllt ist. Die Wand dieses Sackes
besteht nach aussen hin aus Bindegewebe, dann folgt eine strukturlose
Haut und auf diese eine mehrfache Lage von Zellen (Körnerhaut), und in
dieser liegt das Eichen. Die Elemente der Körnerhaut, zusammengedrückte,
getrübte, kernhaltige Zellen, liegen zum grössten Theil in einer nur mehr-
fachen Schicht auf der strukturlosen Haut des Sackes an, an einer Stelle
aber sammeln sie sich so zahlreich, dass sie einen kleinen Hügel bil-
den (Keimhügel) und in diesem ruht das Eichen eingebettet. Dieses
selbst besteht, von Centrum an gerechnet, aus einer hellen Zelle mit
dunklen Pünktchen (Keimbläschen und Keimfleck), diese liegt in einem
trüben Tröpfchen (Dotterkugel), welches endlich von einer breiten, durch-
sichtigen, zähen Schaale (Dotterhaut, Eiweissschicht) umgeben wird.

2. Chemische Beschaffenheit *). Die Grundmasse des Eierstocks
besitzt wahrscheinlich die Zusammensetzung des elastischen Bindegewe-
bes. Die Eigenschaften der strukturlosen Eikapsel, der membrana gra-
nulosa und des Eiwassers sind ganz unbekannt. Die Zusammensetzung
des menschlichen Eies können wir seiner Kleinheit wegen nicht durch di-
rekte Untersuchung ins Klare bringen. Auf die Bestandtheile des reifen
menschlichen Eies schliessen wir darum nur aus der Untersuchung des
thierischen. Unter Beschränkungen halten wir uns hierfür berechtigt,
weil die Untersuchungen von Gobley, Valenciennes und Fremy

*) Gobley, Pharmazeut. Centralblatt 1847. -- Derselbe, Journal de pharmacie. 3me. Ser. XVII.
und XVIII. Bd. -- Fremy und Valenciennes, Journal de pharmacie. 3m. Ser. XXVI. --
Weber, Poggendorf's Annalen. 79. Bd. 398. -- Barreswill, Scherer's Jahresbericht über
phys. Chemie für 1849. p. 100. -- Winkler, Giessener Jahresbericht über Chemie. 1847 u. 48.
858. -- Budge. Liebig's Annalen. Bd. 64. p. 127.

Weibliche Geschlechtswerkzeuge; Eierstock.
lung der Samen nicht in die Harnblase gelangt, so muss schon der sphinc-
ter vesicae zum Abschluss genügen. — Der Harn wird in die Urethra
mit hinreichender Kraft getrieben, um aus der Mündung derselben in
einem Strahl befördert zu werden. Anders verhält es sich mit dem Sa-
men, der durch die schwachen Muskeln der Samenbläschen nur bis in
die Harnröhre getrieben wird; aus dieser befördern ihn die Zusammen-
ziehungen des m. bulbocavernovus. — Bei der Steifung des Gliedes ist
das Eindringen des Samens in die Harnröhre noch besonders erleichtert,
da diese zu jener Zeit in Folge der Ausspannung ihrer Wände ein ge-
öffnetes Lumen besitzt. Der Harn findet aber zu dieser Zeit an dem ge-
schwollenen Schnepfenkopf ein Hinderniss.

Weibliche Geschlechtswerkzeuge.
A. Eierstock.

1. Anatomischer Bau. Zum grössten Theil besteht der Eierstock
aus Blutgefässen und einer eigenen Art von Bindegewebe. In diese Mas-
sen sind eingebettet unreife, reife und zerstörte Eikapseln und das ganze
ist umzogen von einer fibrösen Hülle. Der reife Eisack ist ein kugeliger
Sack, der mit Flüssigkeit (Eiwasser) gefüllt ist. Die Wand dieses Sackes
besteht nach aussen hin aus Bindegewebe, dann folgt eine strukturlose
Haut und auf diese eine mehrfache Lage von Zellen (Körnerhaut), und in
dieser liegt das Eichen. Die Elemente der Körnerhaut, zusammengedrückte,
getrübte, kernhaltige Zellen, liegen zum grössten Theil in einer nur mehr-
fachen Schicht auf der strukturlosen Haut des Sackes an, an einer Stelle
aber sammeln sie sich so zahlreich, dass sie einen kleinen Hügel bil-
den (Keimhügel) und in diesem ruht das Eichen eingebettet. Dieses
selbst besteht, von Centrum an gerechnet, aus einer hellen Zelle mit
dunklen Pünktchen (Keimbläschen und Keimfleck), diese liegt in einem
trüben Tröpfchen (Dotterkugel), welches endlich von einer breiten, durch-
sichtigen, zähen Schaale (Dotterhaut, Eiweissschicht) umgeben wird.

2. Chemische Beschaffenheit *). Die Grundmasse des Eierstocks
besitzt wahrscheinlich die Zusammensetzung des elastischen Bindegewe-
bes. Die Eigenschaften der strukturlosen Eikapsel, der membrana gra-
nulosa und des Eiwassers sind ganz unbekannt. Die Zusammensetzung
des menschlichen Eies können wir seiner Kleinheit wegen nicht durch di-
rekte Untersuchung ins Klare bringen. Auf die Bestandtheile des reifen
menschlichen Eies schliessen wir darum nur aus der Untersuchung des
thierischen. Unter Beschränkungen halten wir uns hierfür berechtigt,
weil die Untersuchungen von Gobley, Valenciennes und Fremy

*) Gobley, Pharmazeut. Centralblatt 1847. — Derselbe, Journal de pharmacie. 3me. Ser. XVII.
und XVIII. Bd. — Fremy und Valenciennes, Journal de pharmacie. 3m. Ser. XXVI. —
Weber, Poggendorf’s Annalen. 79. Bd. 398. — Barreswill, Scherer’s Jahresbericht über
phys. Chemie für 1849. p. 100. — Winkler, Giessener Jahresbericht über Chemie. 1847 u. 48.
858. — Budge. Liebig’s Annalen. Bd. 64. p. 127.
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[284/0300] Weibliche Geschlechtswerkzeuge; Eierstock. lung der Samen nicht in die Harnblase gelangt, so muss schon der sphinc- ter vesicae zum Abschluss genügen. — Der Harn wird in die Urethra mit hinreichender Kraft getrieben, um aus der Mündung derselben in einem Strahl befördert zu werden. Anders verhält es sich mit dem Sa- men, der durch die schwachen Muskeln der Samenbläschen nur bis in die Harnröhre getrieben wird; aus dieser befördern ihn die Zusammen- ziehungen des m. bulbocavernovus. — Bei der Steifung des Gliedes ist das Eindringen des Samens in die Harnröhre noch besonders erleichtert, da diese zu jener Zeit in Folge der Ausspannung ihrer Wände ein ge- öffnetes Lumen besitzt. Der Harn findet aber zu dieser Zeit an dem ge- schwollenen Schnepfenkopf ein Hinderniss. Weibliche Geschlechtswerkzeuge. A. Eierstock. 1. Anatomischer Bau. Zum grössten Theil besteht der Eierstock aus Blutgefässen und einer eigenen Art von Bindegewebe. In diese Mas- sen sind eingebettet unreife, reife und zerstörte Eikapseln und das ganze ist umzogen von einer fibrösen Hülle. Der reife Eisack ist ein kugeliger Sack, der mit Flüssigkeit (Eiwasser) gefüllt ist. Die Wand dieses Sackes besteht nach aussen hin aus Bindegewebe, dann folgt eine strukturlose Haut und auf diese eine mehrfache Lage von Zellen (Körnerhaut), und in dieser liegt das Eichen. Die Elemente der Körnerhaut, zusammengedrückte, getrübte, kernhaltige Zellen, liegen zum grössten Theil in einer nur mehr- fachen Schicht auf der strukturlosen Haut des Sackes an, an einer Stelle aber sammeln sie sich so zahlreich, dass sie einen kleinen Hügel bil- den (Keimhügel) und in diesem ruht das Eichen eingebettet. Dieses selbst besteht, von Centrum an gerechnet, aus einer hellen Zelle mit dunklen Pünktchen (Keimbläschen und Keimfleck), diese liegt in einem trüben Tröpfchen (Dotterkugel), welches endlich von einer breiten, durch- sichtigen, zähen Schaale (Dotterhaut, Eiweissschicht) umgeben wird. 2. Chemische Beschaffenheit *). Die Grundmasse des Eierstocks besitzt wahrscheinlich die Zusammensetzung des elastischen Bindegewe- bes. Die Eigenschaften der strukturlosen Eikapsel, der membrana gra- nulosa und des Eiwassers sind ganz unbekannt. Die Zusammensetzung des menschlichen Eies können wir seiner Kleinheit wegen nicht durch di- rekte Untersuchung ins Klare bringen. Auf die Bestandtheile des reifen menschlichen Eies schliessen wir darum nur aus der Untersuchung des thierischen. Unter Beschränkungen halten wir uns hierfür berechtigt, weil die Untersuchungen von Gobley, Valenciennes und Fremy *) Gobley, Pharmazeut. Centralblatt 1847. — Derselbe, Journal de pharmacie. 3me. Ser. XVII. und XVIII. Bd. — Fremy und Valenciennes, Journal de pharmacie. 3m. Ser. XXVI. — Weber, Poggendorf’s Annalen. 79. Bd. 398. — Barreswill, Scherer’s Jahresbericht über phys. Chemie für 1849. p. 100. — Winkler, Giessener Jahresbericht über Chemie. 1847 u. 48. 858. — Budge. Liebig’s Annalen. Bd. 64. p. 127.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/300>, abgerufen am 22.11.2024.