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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Niere; Harn, Wasser.
vieler sog. Diuretica (Kramer). -- Das Verhältniss zwischen dem Ge-
wicht des ausgeschiedenen Wassers und der löslichen Bestandtheile kann
nicht festgestellt werden, weil noch andere Umstände die Ausscheidung
des Wassers vermehren, und man bei der Beobachtung keine Garantie
dafür hat, dass diese vollkommen eliminirt gewesen sind. Die Erfahrung
hat uns aber bis dahin beim Menschen noch keinen Harn kennen ge-
lehrt, der mehr als 8,7 pCt. fester Bestandtheile in Lösung gehalten
habe. Bei Hunden sind dagegen schon Harne von 15 pCt. lösl. Rück-
standes gefunden worden. Zudem ist es nicht einmal wahrscheinlich,
dass alle löslichen Harnbestandtheile zu ihrer Ausscheidung ein gleiches
Minimum von Wasser verlangen. So scheint z. B. der Traubenzucker,
welcher durch den Harn hervortritt, vorzugsweise viel Wasser mit sich
zu ziehen (Harnruhr). -- b) Die tägliche Wassermenge ist abhängig
von dem Wassergehalte des Bluts; dieses wird bewiesen durch die all-
tägliche Erfahrung, dass in demselben Maass, in welchem Wasser aus
unserem Getränk in das Blut übergeht, es auch im Harn erscheint; fer-
ner dadurch, dass bei einer Minderung oder Hebung anderer wässeriger
Ausscheidungen (aus Haut, Lunge oder Darm) die tägliche Wassermenge
des Harns steigt und fällt. Erfahrungsgemäss geht niemals aber selbst
bei der reichlichsten Harnentleerung die Wasserausscheidung unabhängig
von derjenigen der festen Bestandtheile vor sich, da noch kein Urin
beobachtet worden ist, der weniger als 0,2 pCt. Rückstand hinterlassen
hätte. -- Ein bestimmtes Verhältniss zwischen der Absonderungsge-
schwindigkeit des Harnwassers und dem prozentischen Wassergehalt des
Blutes ist nicht festzustellen, weil offenbar immer noch andere Bedin-
gungen die Beobachtung compliziren. Sicher ist nur, dass nach einer
plötzlichen, sehr bedeutenden Verdünnung des Bluts die Wasserabson-
derung in den ersten Tagen gar nicht steigt, offenbar darum, weil die
Niere selbst dadurch sehr alterirt wird; denn es erzeugt diese Blutver-
änderung eine Absonderung eiweisshaltigen Harns (Kierulf); eine Ein-
sprützung grösserer Wassermengen in kleinen von Viertelstunde zu Viertel-
stunde auf einander folgenden Portionen mehrt zwar meist die Wasser-
ausscheidung, aber keineswegs immer, und niemals erfolgt früher als 1
bis 2 Stunden nach der Einfüllung des Wassers eine wesentliche Stei-
gerung der Harnmenge, und ist einmal die Steigerung eingetreten, so er-
hält sich dieselbe nicht jedesmal auf der erreichten Höhe, sondern
schwankt auf und ab, und zwar fällt sie zuweilen auf sehr niedrige
Werthe (Westphal). Dieselbe Erscheinung beobachtete Falk nach
Einführung von destillirtem Wasser in den Magen. -- c) Bei Krampf-
krankheiten soll zuweilen die Wasserausscheidung durch die Nieren ver-
mehrt werden.

Bei gewöhnlicher Lebensweise ist die Wasserabsonderung des Harns
am niedrigsten während der Nacht, sie steigt des Morgens an und er-

Niere; Harn, Wasser.
vieler sog. Diuretica (Kramer). — Das Verhältniss zwischen dem Ge-
wicht des ausgeschiedenen Wassers und der löslichen Bestandtheile kann
nicht festgestellt werden, weil noch andere Umstände die Ausscheidung
des Wassers vermehren, und man bei der Beobachtung keine Garantie
dafür hat, dass diese vollkommen eliminirt gewesen sind. Die Erfahrung
hat uns aber bis dahin beim Menschen noch keinen Harn kennen ge-
lehrt, der mehr als 8,7 pCt. fester Bestandtheile in Lösung gehalten
habe. Bei Hunden sind dagegen schon Harne von 15 pCt. lösl. Rück-
standes gefunden worden. Zudem ist es nicht einmal wahrscheinlich,
dass alle löslichen Harnbestandtheile zu ihrer Ausscheidung ein gleiches
Minimum von Wasser verlangen. So scheint z. B. der Traubenzucker,
welcher durch den Harn hervortritt, vorzugsweise viel Wasser mit sich
zu ziehen (Harnruhr). — b) Die tägliche Wassermenge ist abhängig
von dem Wassergehalte des Bluts; dieses wird bewiesen durch die all-
tägliche Erfahrung, dass in demselben Maass, in welchem Wasser aus
unserem Getränk in das Blut übergeht, es auch im Harn erscheint; fer-
ner dadurch, dass bei einer Minderung oder Hebung anderer wässeriger
Ausscheidungen (aus Haut, Lunge oder Darm) die tägliche Wassermenge
des Harns steigt und fällt. Erfahrungsgemäss geht niemals aber selbst
bei der reichlichsten Harnentleerung die Wasserausscheidung unabhängig
von derjenigen der festen Bestandtheile vor sich, da noch kein Urin
beobachtet worden ist, der weniger als 0,2 pCt. Rückstand hinterlassen
hätte. — Ein bestimmtes Verhältniss zwischen der Absonderungsge-
schwindigkeit des Harnwassers und dem prozentischen Wassergehalt des
Blutes ist nicht festzustellen, weil offenbar immer noch andere Bedin-
gungen die Beobachtung compliziren. Sicher ist nur, dass nach einer
plötzlichen, sehr bedeutenden Verdünnung des Bluts die Wasserabson-
derung in den ersten Tagen gar nicht steigt, offenbar darum, weil die
Niere selbst dadurch sehr alterirt wird; denn es erzeugt diese Blutver-
änderung eine Absonderung eiweisshaltigen Harns (Kierulf); eine Ein-
sprützung grösserer Wassermengen in kleinen von Viertelstunde zu Viertel-
stunde auf einander folgenden Portionen mehrt zwar meist die Wasser-
ausscheidung, aber keineswegs immer, und niemals erfolgt früher als 1
bis 2 Stunden nach der Einfüllung des Wassers eine wesentliche Stei-
gerung der Harnmenge, und ist einmal die Steigerung eingetreten, so er-
hält sich dieselbe nicht jedesmal auf der erreichten Höhe, sondern
schwankt auf und ab, und zwar fällt sie zuweilen auf sehr niedrige
Werthe (Westphal). Dieselbe Erscheinung beobachtete Falk nach
Einführung von destillirtem Wasser in den Magen. — c) Bei Krampf-
krankheiten soll zuweilen die Wasserausscheidung durch die Nieren ver-
mehrt werden.

Bei gewöhnlicher Lebensweise ist die Wasserabsonderung des Harns
am niedrigsten während der Nacht, sie steigt des Morgens an und er-

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[269/0285] Niere; Harn, Wasser. vieler sog. Diuretica (Kramer). — Das Verhältniss zwischen dem Ge- wicht des ausgeschiedenen Wassers und der löslichen Bestandtheile kann nicht festgestellt werden, weil noch andere Umstände die Ausscheidung des Wassers vermehren, und man bei der Beobachtung keine Garantie dafür hat, dass diese vollkommen eliminirt gewesen sind. Die Erfahrung hat uns aber bis dahin beim Menschen noch keinen Harn kennen ge- lehrt, der mehr als 8,7 pCt. fester Bestandtheile in Lösung gehalten habe. Bei Hunden sind dagegen schon Harne von 15 pCt. lösl. Rück- standes gefunden worden. Zudem ist es nicht einmal wahrscheinlich, dass alle löslichen Harnbestandtheile zu ihrer Ausscheidung ein gleiches Minimum von Wasser verlangen. So scheint z. B. der Traubenzucker, welcher durch den Harn hervortritt, vorzugsweise viel Wasser mit sich zu ziehen (Harnruhr). — b) Die tägliche Wassermenge ist abhängig von dem Wassergehalte des Bluts; dieses wird bewiesen durch die all- tägliche Erfahrung, dass in demselben Maass, in welchem Wasser aus unserem Getränk in das Blut übergeht, es auch im Harn erscheint; fer- ner dadurch, dass bei einer Minderung oder Hebung anderer wässeriger Ausscheidungen (aus Haut, Lunge oder Darm) die tägliche Wassermenge des Harns steigt und fällt. Erfahrungsgemäss geht niemals aber selbst bei der reichlichsten Harnentleerung die Wasserausscheidung unabhängig von derjenigen der festen Bestandtheile vor sich, da noch kein Urin beobachtet worden ist, der weniger als 0,2 pCt. Rückstand hinterlassen hätte. — Ein bestimmtes Verhältniss zwischen der Absonderungsge- schwindigkeit des Harnwassers und dem prozentischen Wassergehalt des Blutes ist nicht festzustellen, weil offenbar immer noch andere Bedin- gungen die Beobachtung compliziren. Sicher ist nur, dass nach einer plötzlichen, sehr bedeutenden Verdünnung des Bluts die Wasserabson- derung in den ersten Tagen gar nicht steigt, offenbar darum, weil die Niere selbst dadurch sehr alterirt wird; denn es erzeugt diese Blutver- änderung eine Absonderung eiweisshaltigen Harns (Kierulf); eine Ein- sprützung grösserer Wassermengen in kleinen von Viertelstunde zu Viertel- stunde auf einander folgenden Portionen mehrt zwar meist die Wasser- ausscheidung, aber keineswegs immer, und niemals erfolgt früher als 1 bis 2 Stunden nach der Einfüllung des Wassers eine wesentliche Stei- gerung der Harnmenge, und ist einmal die Steigerung eingetreten, so er- hält sich dieselbe nicht jedesmal auf der erreichten Höhe, sondern schwankt auf und ab, und zwar fällt sie zuweilen auf sehr niedrige Werthe (Westphal). Dieselbe Erscheinung beobachtete Falk nach Einführung von destillirtem Wasser in den Magen. — c) Bei Krampf- krankheiten soll zuweilen die Wasserausscheidung durch die Nieren ver- mehrt werden. Bei gewöhnlicher Lebensweise ist die Wasserabsonderung des Harns am niedrigsten während der Nacht, sie steigt des Morgens an und er-

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/285>, abgerufen am 22.11.2024.