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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Niere; Harn, Harnstoff.
dem ersten Fall häuft er sich im Blute an, der Grund der Verminderung
liegt darum nur in dem ausscheidenden Apparat; im zweiten Fall
(Zuckerharnruhr) wird aber gar kein Harnstoff gebildet, selbst wenn
man den Kranken reichlich mit Fleisch nährt (Gorup)*).

Eine Vergleichung der mittleren täglichen Absonderungsgeschwin-
digkeit des Harnstoffs in verschiedenen Lebensaltern und Geschlechtern
hat Thatsachen ergeben, welche, wie es scheint, in vollkommener
Uebereinstimmung mit den Ableitungen aus den bis dahin mitgetheil-
ten Thatsachen sind, insofern im Allgemeinen Männer und Kinder
mehr essen und sich bewegen, als Frauen und Greise. -- 1) Bei Kin-
dern ist die Bildung des Harnstoffs lebhafter, als bei Erwachsenen,
sehr bedeutend gehemmt ist sie im Greisenalter (Lecanu **), Sche-
rer
***), Bischoff). 2) Im männlichen Geschlecht soll im Allgemei-

[Abbildung] Fig. 56.
[Abbildung] Fig. 57.
nen die Harnstoffbildung beschleunig-
ter vor sich gehen, als im weib-
lichen (Becquerel +), Lecanu,
Bischoff
). Ueber die Harnstoffab-
scheidung schwangerer Frauen siehe
Böcker ++).

Die tägliche Variation der Abson-
derungsgeschwindigkeit ist bis dahin
noch wenig beachtet worden. Bi-
schoff
giebt an, dass die stündliche
Menge des abgesonderten Harnstoffs
von 10h Abends bis Mittags 1h etwas
geringer ist, als von 1h bis 10h. Auf
1h fiel die Hauptmahlzeit. -- Becher
bestimmte die Harnstoffmenge
für die einzelnen Stunden von
Morgens 8h bis Abends 11h und
die Menge des Harnstoffs in dem
Harn von Abends 11h bis Mor-
gens 8h. Das beobachtete Indi-
viduum nahm kein Frühstück,
Mittags 12h 30 ein gewöhnliches
Mittagsessen und Abends 9h ein
Abendessen mit Bier. Hierbei
fand sich, dass die Harnstoff-
menge in der ersten Stunde nach

*) Scherer's Jahresbericht über physiolog. Chemie für 1848. 90.
**) Journal de pharmacie. XXV. Bd. 1839.
***) Würzburger Verhandlungen. III. Bd. 180.
+) Der Urin. Leipzig 1842. 26.
++) Scherer's Jahresbericht für 1848. 93.

Niere; Harn, Harnstoff.
dem ersten Fall häuft er sich im Blute an, der Grund der Verminderung
liegt darum nur in dem ausscheidenden Apparat; im zweiten Fall
(Zuckerharnruhr) wird aber gar kein Harnstoff gebildet, selbst wenn
man den Kranken reichlich mit Fleisch nährt (Gorup)*).

Eine Vergleichung der mittleren täglichen Absonderungsgeschwin-
digkeit des Harnstoffs in verschiedenen Lebensaltern und Geschlechtern
hat Thatsachen ergeben, welche, wie es scheint, in vollkommener
Uebereinstimmung mit den Ableitungen aus den bis dahin mitgetheil-
ten Thatsachen sind, insofern im Allgemeinen Männer und Kinder
mehr essen und sich bewegen, als Frauen und Greise. — 1) Bei Kin-
dern ist die Bildung des Harnstoffs lebhafter, als bei Erwachsenen,
sehr bedeutend gehemmt ist sie im Greisenalter (Lecanu **), Sche-
rer
***), Bischoff). 2) Im männlichen Geschlecht soll im Allgemei-

[Abbildung] Fig. 56.
[Abbildung] Fig. 57.
nen die Harnstoffbildung beschleunig-
ter vor sich gehen, als im weib-
lichen (Becquerel †), Lecanu,
Bischoff
). Ueber die Harnstoffab-
scheidung schwangerer Frauen siehe
Böcker ††).

Die tägliche Variation der Abson-
derungsgeschwindigkeit ist bis dahin
noch wenig beachtet worden. Bi-
schoff
giebt an, dass die stündliche
Menge des abgesonderten Harnstoffs
von 10h Abends bis Mittags 1h etwas
geringer ist, als von 1h bis 10h. Auf
1h fiel die Hauptmahlzeit. — Becher
bestimmte die Harnstoffmenge
für die einzelnen Stunden von
Morgens 8h bis Abends 11h und
die Menge des Harnstoffs in dem
Harn von Abends 11h bis Mor-
gens 8h. Das beobachtete Indi-
viduum nahm kein Frühstück,
Mittags 12h 30 ein gewöhnliches
Mittagsessen und Abends 9h ein
Abendessen mit Bier. Hierbei
fand sich, dass die Harnstoff-
menge in der ersten Stunde nach

*) Scherer’s Jahresbericht über physiolog. Chemie für 1848. 90.
**) Journal de pharmacie. XXV. Bd. 1839.
***) Würzburger Verhandlungen. III. Bd. 180.
†) Der Urin. Leipzig 1842. 26.
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[260/0276] Niere; Harn, Harnstoff. dem ersten Fall häuft er sich im Blute an, der Grund der Verminderung liegt darum nur in dem ausscheidenden Apparat; im zweiten Fall (Zuckerharnruhr) wird aber gar kein Harnstoff gebildet, selbst wenn man den Kranken reichlich mit Fleisch nährt (Gorup) *). Eine Vergleichung der mittleren täglichen Absonderungsgeschwin- digkeit des Harnstoffs in verschiedenen Lebensaltern und Geschlechtern hat Thatsachen ergeben, welche, wie es scheint, in vollkommener Uebereinstimmung mit den Ableitungen aus den bis dahin mitgetheil- ten Thatsachen sind, insofern im Allgemeinen Männer und Kinder mehr essen und sich bewegen, als Frauen und Greise. — 1) Bei Kin- dern ist die Bildung des Harnstoffs lebhafter, als bei Erwachsenen, sehr bedeutend gehemmt ist sie im Greisenalter (Lecanu **), Sche- rer ***), Bischoff). 2) Im männlichen Geschlecht soll im Allgemei- [Abbildung Fig. 56.] [Abbildung Fig. 57.] nen die Harnstoffbildung beschleunig- ter vor sich gehen, als im weib- lichen (Becquerel †), Lecanu, Bischoff). Ueber die Harnstoffab- scheidung schwangerer Frauen siehe Böcker ††). Die tägliche Variation der Abson- derungsgeschwindigkeit ist bis dahin noch wenig beachtet worden. Bi- schoff giebt an, dass die stündliche Menge des abgesonderten Harnstoffs von 10h Abends bis Mittags 1h etwas geringer ist, als von 1h bis 10h. Auf 1h fiel die Hauptmahlzeit. — Becher bestimmte die Harnstoffmenge für die einzelnen Stunden von Morgens 8h bis Abends 11h und die Menge des Harnstoffs in dem Harn von Abends 11h bis Mor- gens 8h. Das beobachtete Indi- viduum nahm kein Frühstück, Mittags 12h 30 ein gewöhnliches Mittagsessen und Abends 9h ein Abendessen mit Bier. Hierbei fand sich, dass die Harnstoff- menge in der ersten Stunde nach *) Scherer’s Jahresbericht über physiolog. Chemie für 1848. 90. **) Journal de pharmacie. XXV. Bd. 1839. ***) Würzburger Verhandlungen. III. Bd. 180. †) Der Urin. Leipzig 1842. 26. ††) Scherer’s Jahresbericht für 1848. 93.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/276>, abgerufen am 04.05.2024.