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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Niere; Blut und Blutstrom.
kannten Eigenschaften. -- Wie die Zwischensubstanz und der sie durch-
tränkende Saft beschaffen sei, ist unbekannt.

3. Da kein Grund vorliegt, dem Blut in der Nierenarterie die Zu-
sammensetzung des arteriellen überhaupt abzusprechen, so müssen wir
auch annehmen, dass es die wesentlichen Bestandtheile des Harns ent-
hält. Diese letztern mehren sich in dem Blute nach Ausrottung der
Nieren (Dumas und Prout), oder wenn die Ausscheidung des Harns
in den Nieren unterdrückt wird (Babington). -- Ein anderer als der
allgemeine Unterschied in der Zusammensetzung des arteriellen und venö-
sen Blutes hat in den entsprechenden Blutarten aus den Nieren offenbar
aus Mangel an hinreichend feinen analytischen Mitteln noch (vid. p. 24)
nicht nachgewiesen werden können.

Das Blut oder überhaupt die Körpermasse eines Thieres, dem man die Nieren
genommen hat, enthält nach den Angaben von Bernard, Barreswill *) und
Stannius**) immer auffallend viel weniger Harnstoff, als in der Zeit, während
welcher die Niere fehlt, durch diese ausgesondert sein würde. Dieses scheint vor-
zugsweise dadurch bewirkt zu werden, dass der zurückgehaltene Harnstoff sich in
kohlensaures Ammoniak umsetzt.

4. Wenn die Spannung und Geschwindigkeit, unter und mit der das
Blut in der Nierenarterie fliesst, wie nicht zu zweifeln, denjenigen in den
a. carotis und cruralis sich annähert, so muss in kurzen Zeiten durch
das Nierengewebe relativ viel Blut dringen, bei dem grossen Querschnitt,
den die Nierenarterie darbietet. -- Das ungefähre Gesetz für die Formen
der Spannungscurven innerhalb der beiden Capillarensysteme kann nach
den Angaben über die fortlaufende Veränderung des Lumens (Fig. 54)
gegeben werden. Sie muss, entsprechend den Grundsätzen, welche

[Abbildung] Fig. 55.
S. 44 u. f. entwickelt sind, die in Fig. 55
angegebene annehmen. Ueber die absoluten
Werthe der Spannungen lässt sich einzig
die Angabe machen, dass die in den Venen
vorhandene annähernd derjenigen gleich sein
muss, welche in der vena jugularis beob-
achtet wurde.

Da die Zu- und Abflussröhren für die
Glomeruli sowohl als auch die Nierenvenen-
stämme in ihren Wandungen Muskeln enthal-
ten, so liegt die Möglichkeit vor, dass sich der Strom in den Nieren je nach
den Verkürzungen dieser Muskeln ändere, selbst wenn die Herzbewegun-
gen und die Blutfülle des ganzen Organismus ungeändert bleiben.

5. Harn. Die Flüssigkeit, welche aus den Harnkanälchen ausgeschie-
den wird, enthält sehr verschiedene Stoffe in Lösung, je nach der Lebens-
art, den Nahrungsmitteln und besonderen allgemeinen körperlichen Zu-

*) Archives generales. 1847.
**) Scheven, Ueber die Ausschneidung der Niere u. deren Wirkung. Rostock 1848.
Ludwig, Physiologie. II. 17

Niere; Blut und Blutstrom.
kannten Eigenschaften. — Wie die Zwischensubstanz und der sie durch-
tränkende Saft beschaffen sei, ist unbekannt.

3. Da kein Grund vorliegt, dem Blut in der Nierenarterie die Zu-
sammensetzung des arteriellen überhaupt abzusprechen, so müssen wir
auch annehmen, dass es die wesentlichen Bestandtheile des Harns ent-
hält. Diese letztern mehren sich in dem Blute nach Ausrottung der
Nieren (Dumas und Prout), oder wenn die Ausscheidung des Harns
in den Nieren unterdrückt wird (Babington). — Ein anderer als der
allgemeine Unterschied in der Zusammensetzung des arteriellen und venö-
sen Blutes hat in den entsprechenden Blutarten aus den Nieren offenbar
aus Mangel an hinreichend feinen analytischen Mitteln noch (vid. p. 24)
nicht nachgewiesen werden können.

Das Blut oder überhaupt die Körpermasse eines Thieres, dem man die Nieren
genommen hat, enthält nach den Angaben von Bernard, Barreswill *) und
Stannius**) immer auffallend viel weniger Harnstoff, als in der Zeit, während
welcher die Niere fehlt, durch diese ausgesondert sein würde. Dieses scheint vor-
zugsweise dadurch bewirkt zu werden, dass der zurückgehaltene Harnstoff sich in
kohlensaures Ammoniak umsetzt.

4. Wenn die Spannung und Geschwindigkeit, unter und mit der das
Blut in der Nierenarterie fliesst, wie nicht zu zweifeln, denjenigen in den
a. carotis und cruralis sich annähert, so muss in kurzen Zeiten durch
das Nierengewebe relativ viel Blut dringen, bei dem grossen Querschnitt,
den die Nierenarterie darbietet. — Das ungefähre Gesetz für die Formen
der Spannungscurven innerhalb der beiden Capillarensysteme kann nach
den Angaben über die fortlaufende Veränderung des Lumens (Fig. 54)
gegeben werden. Sie muss, entsprechend den Grundsätzen, welche

[Abbildung] Fig. 55.
S. 44 u. f. entwickelt sind, die in Fig. 55
angegebene annehmen. Ueber die absoluten
Werthe der Spannungen lässt sich einzig
die Angabe machen, dass die in den Venen
vorhandene annähernd derjenigen gleich sein
muss, welche in der vena jugularis beob-
achtet wurde.

Da die Zu- und Abflussröhren für die
Glomeruli sowohl als auch die Nierenvenen-
stämme in ihren Wandungen Muskeln enthal-
ten, so liegt die Möglichkeit vor, dass sich der Strom in den Nieren je nach
den Verkürzungen dieser Muskeln ändere, selbst wenn die Herzbewegun-
gen und die Blutfülle des ganzen Organismus ungeändert bleiben.

5. Harn. Die Flüssigkeit, welche aus den Harnkanälchen ausgeschie-
den wird, enthält sehr verschiedene Stoffe in Lösung, je nach der Lebens-
art, den Nahrungsmitteln und besonderen allgemeinen körperlichen Zu-

*) Archives generales. 1847.
**) Scheven, Ueber die Ausschneidung der Niere u. deren Wirkung. Rostock 1848.
Ludwig, Physiologie. II. 17
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[257/0273] Niere; Blut und Blutstrom. kannten Eigenschaften. — Wie die Zwischensubstanz und der sie durch- tränkende Saft beschaffen sei, ist unbekannt. 3. Da kein Grund vorliegt, dem Blut in der Nierenarterie die Zu- sammensetzung des arteriellen überhaupt abzusprechen, so müssen wir auch annehmen, dass es die wesentlichen Bestandtheile des Harns ent- hält. Diese letztern mehren sich in dem Blute nach Ausrottung der Nieren (Dumas und Prout), oder wenn die Ausscheidung des Harns in den Nieren unterdrückt wird (Babington). — Ein anderer als der allgemeine Unterschied in der Zusammensetzung des arteriellen und venö- sen Blutes hat in den entsprechenden Blutarten aus den Nieren offenbar aus Mangel an hinreichend feinen analytischen Mitteln noch (vid. p. 24) nicht nachgewiesen werden können. Das Blut oder überhaupt die Körpermasse eines Thieres, dem man die Nieren genommen hat, enthält nach den Angaben von Bernard, Barreswill *) und Stannius **) immer auffallend viel weniger Harnstoff, als in der Zeit, während welcher die Niere fehlt, durch diese ausgesondert sein würde. Dieses scheint vor- zugsweise dadurch bewirkt zu werden, dass der zurückgehaltene Harnstoff sich in kohlensaures Ammoniak umsetzt. 4. Wenn die Spannung und Geschwindigkeit, unter und mit der das Blut in der Nierenarterie fliesst, wie nicht zu zweifeln, denjenigen in den a. carotis und cruralis sich annähert, so muss in kurzen Zeiten durch das Nierengewebe relativ viel Blut dringen, bei dem grossen Querschnitt, den die Nierenarterie darbietet. — Das ungefähre Gesetz für die Formen der Spannungscurven innerhalb der beiden Capillarensysteme kann nach den Angaben über die fortlaufende Veränderung des Lumens (Fig. 54) gegeben werden. Sie muss, entsprechend den Grundsätzen, welche [Abbildung Fig. 55.] S. 44 u. f. entwickelt sind, die in Fig. 55 angegebene annehmen. Ueber die absoluten Werthe der Spannungen lässt sich einzig die Angabe machen, dass die in den Venen vorhandene annähernd derjenigen gleich sein muss, welche in der vena jugularis beob- achtet wurde. Da die Zu- und Abflussröhren für die Glomeruli sowohl als auch die Nierenvenen- stämme in ihren Wandungen Muskeln enthal- ten, so liegt die Möglichkeit vor, dass sich der Strom in den Nieren je nach den Verkürzungen dieser Muskeln ändere, selbst wenn die Herzbewegun- gen und die Blutfülle des ganzen Organismus ungeändert bleiben. 5. Harn. Die Flüssigkeit, welche aus den Harnkanälchen ausgeschie- den wird, enthält sehr verschiedene Stoffe in Lösung, je nach der Lebens- art, den Nahrungsmitteln und besonderen allgemeinen körperlichen Zu- *) Archives generales. 1847. **) Scheven, Ueber die Ausschneidung der Niere u. deren Wirkung. Rostock 1848. Ludwig, Physiologie. II. 17

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/273>, abgerufen am 22.11.2024.