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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Blutscheiben.
dieses folgendermassen auszuführen: er bestimmt die Anzahl der Blutkörperchen in
einem C. Mm. und verdünnt dann ein bestimmtes Volumen dieses Bluts mit einem bestimm-
ten Volumen einer farblosen Flüssigkeit, z. B. verdünntem Alkohol; will er nun den
Blutkörperchengehalt einer andern Blutprobe ermitteln, so verdünnt er diese so lange
mit derselben Flüssigkeit, bis sie die Farbe der ersten angenommen. Die Blutkör-
perchenzahlen verhalten sich wie die Volumina der Zusatzflüssigkeiten.

1. Anatomisches Verhalten *). Die Blutscheiben sind kleine Zellen,
deren Inhalt roth oder grün (Brücke) gefärbt ist; obwohl ihre Form
keineswegs als eine beständige anzusehen ist, so stellt doch die weitaus
grösste Zahl derselben Rundscheiben dar, die auf der Fläche liegend,
sich wie eine oben hohle Linse ausnehmen, während sie auf dem Rande
stehend das Ansehen eines Biscuits darbieten. Auf eine Vertiefung der
obern Fläche schliessen wir aus der Vertheilung, die hier das Licht eines
Büschels erfährt, welches von der untern Fläche her mit parallelen Strah-
len in die Blutscheiben eingedrungen ist; bekanntlich erscheint beim
durchfallenden Licht die helle Mitte des Blutkörperchens von einer leich-
ten Verdunklung umgeben, auf die nach aussen ein heller Ring folgt;
analysirt man aber den Gang der parallelen Strahlen 1234 Fig. 1. durch

[Abbildung] Fig. 1.
die planconcave Linse aa., so wird
man sogleich sehen, dass auf der obe-
ren Fläche die Mitte hell, der ausge-
bogene Theil lichtschwach, und der
Rand wieder lichtstark erscheinen muss.
-- Die Biscuitform der auf der Kante
stehenden Blutscheiben beweist, dass
der Rand nicht überall gleich breit ist,
denn sonst müsste diese Ansicht ein
Rechteck darstellen. -- Ausser dieser
häufigsten Gestalt kommen noch andre vor, zuweilen steht die Vertiefung
excentrisch, oder die Scheibe ist auf beiden Flächen erhaben, oder die
Ränder tragen Zacken.

Die Blutkörperchen der ersten Form kann man in ein kugeliges Gebilde verwan-
deln, wenn man die Blutflüssigkeit, in der sie schwimmen, mit Wasser verdünnt, wo-
durch wahrscheinlich in Folge einer Diffusionsströmung der Inhalt vermehrt wird. --
Die Zackenform erhalten die Körperchen, wenn sie in eine concentrirte Lösung von
Glaubersalz, Zucker u. s. w. gebracht werden. Ueber andere Formveränderungen
siehe bei Lindwurm **), Donders, Moleschott ***), Staunius +), Leh-
mann
++).

Der Inhalt der Blutscheiben ist bald mehr, bald weniger tief ge-
färbt, bald ist er klar, bald noch mit Körnchen und Krümeln gefüllt.

*) Kolliker, Handbuch der Gewebelehre. 5. 68. -- Vierordt, Archiv f. phys. Heilk. XI. 854.
**) Zeitschrift v. Henle u. Pfeuffer. VI. Bd. 266.
***) Holland, Beiträge p. 360 u. Illustr. med. Zeitg. III. 79.
+) Beobachtg. über Verjüngungsvorgänge. Rostock 1853.
++) Physiolog. Chemie. II. 164.

Blutscheiben.
dieses folgendermassen auszuführen: er bestimmt die Anzahl der Blutkörperchen in
einem C. Mm. und verdünnt dann ein bestimmtes Volumen dieses Bluts mit einem bestimm-
ten Volumen einer farblosen Flüssigkeit, z. B. verdünntem Alkohol; will er nun den
Blutkörperchengehalt einer andern Blutprobe ermitteln, so verdünnt er diese so lange
mit derselben Flüssigkeit, bis sie die Farbe der ersten angenommen. Die Blutkör-
perchenzahlen verhalten sich wie die Volumina der Zusatzflüssigkeiten.

1. Anatomisches Verhalten *). Die Blutscheiben sind kleine Zellen,
deren Inhalt roth oder grün (Brücke) gefärbt ist; obwohl ihre Form
keineswegs als eine beständige anzusehen ist, so stellt doch die weitaus
grösste Zahl derselben Rundscheiben dar, die auf der Fläche liegend,
sich wie eine oben hohle Linse ausnehmen, während sie auf dem Rande
stehend das Ansehen eines Biscuits darbieten. Auf eine Vertiefung der
obern Fläche schliessen wir aus der Vertheilung, die hier das Licht eines
Büschels erfährt, welches von der untern Fläche her mit parallelen Strah-
len in die Blutscheiben eingedrungen ist; bekanntlich erscheint beim
durchfallenden Licht die helle Mitte des Blutkörperchens von einer leich-
ten Verdunklung umgeben, auf die nach aussen ein heller Ring folgt;
analysirt man aber den Gang der parallelen Strahlen 1234 Fig. 1. durch

[Abbildung] Fig. 1.
die planconcave Linse aa., so wird
man sogleich sehen, dass auf der obe-
ren Fläche die Mitte hell, der ausge-
bogene Theil lichtschwach, und der
Rand wieder lichtstark erscheinen muss.
— Die Biscuitform der auf der Kante
stehenden Blutscheiben beweist, dass
der Rand nicht überall gleich breit ist,
denn sonst müsste diese Ansicht ein
Rechteck darstellen. — Ausser dieser
häufigsten Gestalt kommen noch andre vor, zuweilen steht die Vertiefung
excentrisch, oder die Scheibe ist auf beiden Flächen erhaben, oder die
Ränder tragen Zacken.

Die Blutkörperchen der ersten Form kann man in ein kugeliges Gebilde verwan-
deln, wenn man die Blutflüssigkeit, in der sie schwimmen, mit Wasser verdünnt, wo-
durch wahrscheinlich in Folge einer Diffusionsströmung der Inhalt vermehrt wird. —
Die Zackenform erhalten die Körperchen, wenn sie in eine concentrirte Lösung von
Glaubersalz, Zucker u. s. w. gebracht werden. Ueber andere Formveränderungen
siehe bei Lindwurm **), Donders, Moleschott ***), Staunius †), Leh-
mann
††).

Der Inhalt der Blutscheiben ist bald mehr, bald weniger tief ge-
färbt, bald ist er klar, bald noch mit Körnchen und Krümeln gefüllt.

*) Kolliker, Handbuch der Gewebelehre. 5. 68. — Vierordt, Archiv f. phys. Heilk. XI. 854.
**) Zeitschrift v. Henle u. Pfeuffer. VI. Bd. 266.
***) Holland, Beiträge p. 360 u. Illustr. med. Zeitg. III. 79.
†) Beobachtg. über Verjüngungsvorgänge. Rostock 1853.
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[11/0027] Blutscheiben. dieses folgendermassen auszuführen: er bestimmt die Anzahl der Blutkörperchen in einem C. Mm. und verdünnt dann ein bestimmtes Volumen dieses Bluts mit einem bestimm- ten Volumen einer farblosen Flüssigkeit, z. B. verdünntem Alkohol; will er nun den Blutkörperchengehalt einer andern Blutprobe ermitteln, so verdünnt er diese so lange mit derselben Flüssigkeit, bis sie die Farbe der ersten angenommen. Die Blutkör- perchenzahlen verhalten sich wie die Volumina der Zusatzflüssigkeiten. 1. Anatomisches Verhalten *). Die Blutscheiben sind kleine Zellen, deren Inhalt roth oder grün (Brücke) gefärbt ist; obwohl ihre Form keineswegs als eine beständige anzusehen ist, so stellt doch die weitaus grösste Zahl derselben Rundscheiben dar, die auf der Fläche liegend, sich wie eine oben hohle Linse ausnehmen, während sie auf dem Rande stehend das Ansehen eines Biscuits darbieten. Auf eine Vertiefung der obern Fläche schliessen wir aus der Vertheilung, die hier das Licht eines Büschels erfährt, welches von der untern Fläche her mit parallelen Strah- len in die Blutscheiben eingedrungen ist; bekanntlich erscheint beim durchfallenden Licht die helle Mitte des Blutkörperchens von einer leich- ten Verdunklung umgeben, auf die nach aussen ein heller Ring folgt; analysirt man aber den Gang der parallelen Strahlen 1234 Fig. 1. durch [Abbildung Fig. 1.] die planconcave Linse aa., so wird man sogleich sehen, dass auf der obe- ren Fläche die Mitte hell, der ausge- bogene Theil lichtschwach, und der Rand wieder lichtstark erscheinen muss. — Die Biscuitform der auf der Kante stehenden Blutscheiben beweist, dass der Rand nicht überall gleich breit ist, denn sonst müsste diese Ansicht ein Rechteck darstellen. — Ausser dieser häufigsten Gestalt kommen noch andre vor, zuweilen steht die Vertiefung excentrisch, oder die Scheibe ist auf beiden Flächen erhaben, oder die Ränder tragen Zacken. Die Blutkörperchen der ersten Form kann man in ein kugeliges Gebilde verwan- deln, wenn man die Blutflüssigkeit, in der sie schwimmen, mit Wasser verdünnt, wo- durch wahrscheinlich in Folge einer Diffusionsströmung der Inhalt vermehrt wird. — Die Zackenform erhalten die Körperchen, wenn sie in eine concentrirte Lösung von Glaubersalz, Zucker u. s. w. gebracht werden. Ueber andere Formveränderungen siehe bei Lindwurm **), Donders, Moleschott ***), Staunius †), Leh- mann ††). Der Inhalt der Blutscheiben ist bald mehr, bald weniger tief ge- färbt, bald ist er klar, bald noch mit Körnchen und Krümeln gefüllt. *) Kolliker, Handbuch der Gewebelehre. 5. 68. — Vierordt, Archiv f. phys. Heilk. XI. 854. **) Zeitschrift v. Henle u. Pfeuffer. VI. Bd. 266. ***) Holland, Beiträge p. 360 u. Illustr. med. Zeitg. III. 79. †) Beobachtg. über Verjüngungsvorgänge. Rostock 1853. ††) Physiolog. Chemie. II. 164.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/27>, abgerufen am 28.03.2024.