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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Milz.
mit einzelnen Pigmentkörnchen, ferner Häutchen von zusammengeklebten
gelb oder bräunlich gefärbten Körnchen und endlich auch Häufchen un-
regelmässig gestalteter farbloser Körnchen.

2. Chemische Zusammensetzung. -- a. Die Flüssigkeit des venösen
Bluts der Milz unterscheidet sich nach den vorliegenden Untersuchungen
von der des arteriellen Bluts nicht durch besondere nur in diesem Or-
gan vorkommenden Merkmale; der Inhalt der venösen Blutscheiben kry-
stallisirt dagegen vorzugsweise leicht; die Zahl der farblosen Blutkörper-
chen des Milzvenenblutes ist im Verhältniss zu den rothen grösser, als
im Arterienblut (Funcke). -- In den Milzbläschen beobachteten Vir-
chow
*) und Meckel einen Stoff, welcher nach Zusatz von Jod hell-
roth oder blassblau, nach Zusatz von Schwefelsäure und Jod schön blau,
ähnlich wie die Stärke, gefärbt wird. Dieser Stoff widersteht der Fäul-
niss viel längere Zeit als die eiweissartigen Körper und ist in Aether
unlöslich (Naegli). Virchow vermuthet darum, dass er aus einer
Art von Cellulose bestehe. Dieser sehr wahrscheinlichen Vermuthung
gegenüber hält Meckel denselben für Cholestearin, welches sich seinen
Beobachtungen gemäss durch Jod und Schwefelsäure ebenfalls bläuet. --
Die Milzlymphe unterscheidet sich, soweit bekannt, dadurch von anderer,
dass sie häufiger, und zwar ebensowohl während der Verdauungsperiode
(Tiedemann, Gmelin), als auch während des Hungers (H. Nasse)
Blutkörperchen enthält. -- Aus der Milz lässt sich ein Extrakt gewin-
nen, der nach Scherer **) Milch-, Butter-, Essig-, Ameisensäure,
Hypoxanthin, Harnsäure, einen eisenreichen eiweissartigen Körper, koh-
lenstoffreiche Farbstoffe und nach Frerichs und Staedeler Leu-
cin ***) enthält.

3. Der Blutstrom in der Milz. Die unvollkommene Kenntniss der
Gefässlumina in der Milz erlaubt es uns nicht, zur Bildung einer Vor-
stellung zu kommen über die Verhältnisse der Spannung oder Geschwin-
digkeit in den aufeinanderfolgenden Querschnitten. Die Spannung in den
Venen und insbesondere in den Sinuositäten derselben muss aber nach
den vorliegenden Beobachtungen wechselnd sein +), weil die Milz an-
und abschwillt und zwar so rasch, dass diese Volumveränderungen nur
abgeleitet werden können von Störungen oder Erleichterungen im Ab-
oder Zufluss ihres Blutes. Da diese periodischen Schwellungen mit der
Verdauung zusammenfallen, also zu einer Zeit, in welcher sich auch
die Capillaren der Pankreas-, Magen- und Darmschleimhaut ausdehnen,
so liegt es nahe, anzunehmen, dass sie eine Folge des veränderten
Stromlaufs in den Collateralästen der Milzgefässe sind. Ob dieses der

*) Virchow, Archiv f. patholog. Anat. VI. Bd. p. 135. 268. 416. -- Luschka, ibid. 271. --
Donders, Nederland. Lancet. 1853. p. 278. -- H. Meckel, Annalen d. Berliner Charite. IV.
p. 264.
**) Würzburger Verhandlungen. Bd. II. 208.
***) Virchow, Offenes Schreiben an Schönlein. Göschen's deutsche Klinik. 1855.
+) Müller's Handbuch der Physiologie. 4. Auflage. 488.

Milz.
mit einzelnen Pigmentkörnchen, ferner Häutchen von zusammengeklebten
gelb oder bräunlich gefärbten Körnchen und endlich auch Häufchen un-
regelmässig gestalteter farbloser Körnchen.

2. Chemische Zusammensetzung. — a. Die Flüssigkeit des venösen
Bluts der Milz unterscheidet sich nach den vorliegenden Untersuchungen
von der des arteriellen Bluts nicht durch besondere nur in diesem Or-
gan vorkommenden Merkmale; der Inhalt der venösen Blutscheiben kry-
stallisirt dagegen vorzugsweise leicht; die Zahl der farblosen Blutkörper-
chen des Milzvenenblutes ist im Verhältniss zu den rothen grösser, als
im Arterienblut (Funcke). — In den Milzbläschen beobachteten Vir-
chow
*) und Meckel einen Stoff, welcher nach Zusatz von Jod hell-
roth oder blassblau, nach Zusatz von Schwefelsäure und Jod schön blau,
ähnlich wie die Stärke, gefärbt wird. Dieser Stoff widersteht der Fäul-
niss viel längere Zeit als die eiweissartigen Körper und ist in Aether
unlöslich (Naegli). Virchow vermuthet darum, dass er aus einer
Art von Cellulose bestehe. Dieser sehr wahrscheinlichen Vermuthung
gegenüber hält Meckel denselben für Cholestearin, welches sich seinen
Beobachtungen gemäss durch Jod und Schwefelsäure ebenfalls bläuet. —
Die Milzlymphe unterscheidet sich, soweit bekannt, dadurch von anderer,
dass sie häufiger, und zwar ebensowohl während der Verdauungsperiode
(Tiedemann, Gmelin), als auch während des Hungers (H. Nasse)
Blutkörperchen enthält. — Aus der Milz lässt sich ein Extrakt gewin-
nen, der nach Scherer **) Milch-, Butter-, Essig-, Ameisensäure,
Hypoxanthin, Harnsäure, einen eisenreichen eiweissartigen Körper, koh-
lenstoffreiche Farbstoffe und nach Frerichs und Staedeler Leu-
cin ***) enthält.

3. Der Blutstrom in der Milz. Die unvollkommene Kenntniss der
Gefässlumina in der Milz erlaubt es uns nicht, zur Bildung einer Vor-
stellung zu kommen über die Verhältnisse der Spannung oder Geschwin-
digkeit in den aufeinanderfolgenden Querschnitten. Die Spannung in den
Venen und insbesondere in den Sinuositäten derselben muss aber nach
den vorliegenden Beobachtungen wechselnd sein †), weil die Milz an-
und abschwillt und zwar so rasch, dass diese Volumveränderungen nur
abgeleitet werden können von Störungen oder Erleichterungen im Ab-
oder Zufluss ihres Blutes. Da diese periodischen Schwellungen mit der
Verdauung zusammenfallen, also zu einer Zeit, in welcher sich auch
die Capillaren der Pankreas-, Magen- und Darmschleimhaut ausdehnen,
so liegt es nahe, anzunehmen, dass sie eine Folge des veränderten
Stromlaufs in den Collateralästen der Milzgefässe sind. Ob dieses der

*) Virchow, Archiv f. patholog. Anat. VI. Bd. p. 135. 268. 416. — Luschka, ibid. 271. —
Donders, Nederland. Lancet. 1853. p. 278. — H. Meckel, Annalen d. Berliner Charité. IV.
p. 264.
**) Würzburger Verhandlungen. Bd. II. 208.
***) Virchow, Offenes Schreiben an Schönlein. Göschen’s deutsche Klinik. 1855.
†) Müller’s Handbuch der Physiologie. 4. Auflage. 488.
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[214/0230] Milz. mit einzelnen Pigmentkörnchen, ferner Häutchen von zusammengeklebten gelb oder bräunlich gefärbten Körnchen und endlich auch Häufchen un- regelmässig gestalteter farbloser Körnchen. 2. Chemische Zusammensetzung. — a. Die Flüssigkeit des venösen Bluts der Milz unterscheidet sich nach den vorliegenden Untersuchungen von der des arteriellen Bluts nicht durch besondere nur in diesem Or- gan vorkommenden Merkmale; der Inhalt der venösen Blutscheiben kry- stallisirt dagegen vorzugsweise leicht; die Zahl der farblosen Blutkörper- chen des Milzvenenblutes ist im Verhältniss zu den rothen grösser, als im Arterienblut (Funcke). — In den Milzbläschen beobachteten Vir- chow *) und Meckel einen Stoff, welcher nach Zusatz von Jod hell- roth oder blassblau, nach Zusatz von Schwefelsäure und Jod schön blau, ähnlich wie die Stärke, gefärbt wird. Dieser Stoff widersteht der Fäul- niss viel längere Zeit als die eiweissartigen Körper und ist in Aether unlöslich (Naegli). Virchow vermuthet darum, dass er aus einer Art von Cellulose bestehe. Dieser sehr wahrscheinlichen Vermuthung gegenüber hält Meckel denselben für Cholestearin, welches sich seinen Beobachtungen gemäss durch Jod und Schwefelsäure ebenfalls bläuet. — Die Milzlymphe unterscheidet sich, soweit bekannt, dadurch von anderer, dass sie häufiger, und zwar ebensowohl während der Verdauungsperiode (Tiedemann, Gmelin), als auch während des Hungers (H. Nasse) Blutkörperchen enthält. — Aus der Milz lässt sich ein Extrakt gewin- nen, der nach Scherer **) Milch-, Butter-, Essig-, Ameisensäure, Hypoxanthin, Harnsäure, einen eisenreichen eiweissartigen Körper, koh- lenstoffreiche Farbstoffe und nach Frerichs und Staedeler Leu- cin ***) enthält. 3. Der Blutstrom in der Milz. Die unvollkommene Kenntniss der Gefässlumina in der Milz erlaubt es uns nicht, zur Bildung einer Vor- stellung zu kommen über die Verhältnisse der Spannung oder Geschwin- digkeit in den aufeinanderfolgenden Querschnitten. Die Spannung in den Venen und insbesondere in den Sinuositäten derselben muss aber nach den vorliegenden Beobachtungen wechselnd sein †), weil die Milz an- und abschwillt und zwar so rasch, dass diese Volumveränderungen nur abgeleitet werden können von Störungen oder Erleichterungen im Ab- oder Zufluss ihres Blutes. Da diese periodischen Schwellungen mit der Verdauung zusammenfallen, also zu einer Zeit, in welcher sich auch die Capillaren der Pankreas-, Magen- und Darmschleimhaut ausdehnen, so liegt es nahe, anzunehmen, dass sie eine Folge des veränderten Stromlaufs in den Collateralästen der Milzgefässe sind. Ob dieses der *) Virchow, Archiv f. patholog. Anat. VI. Bd. p. 135. 268. 416. — Luschka, ibid. 271. — Donders, Nederland. Lancet. 1853. p. 278. — H. Meckel, Annalen d. Berliner Charité. IV. p. 264. **) Würzburger Verhandlungen. Bd. II. 208. ***) Virchow, Offenes Schreiben an Schönlein. Göschen’s deutsche Klinik. 1855. †) Müller’s Handbuch der Physiologie. 4. Auflage. 488.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/230>, abgerufen am 28.03.2024.