verbunden. Man kann bekanntlich aus dem Knochen die Erde durch Säuren und den Knorpel durch Kalien ausziehen, ohne dass die anato- mische Elementarstruktur verloren geht.
Das Verhältniss, in dem die organischen (Knorpel, Bindegewebe und Gefässe) und unorganischen Stoffe im Knochen enthalten sind, ist nicht constant. -- a) Ordnet man die substantia dura der trockenen Knochen der Erwachsenen nach ihrem Gehalt an Erde, so erhält man folgende Reihe: os temporum, humerus, femur, ulna, radius, tibia, fibula, os ilium, clavicula, vertebrae, costae, sternum, os metatarsi, scapula. Das os tempor. enthielt 63,5, die scapula 54,5 pCt. Knochenerde (Rees) *). -- Bibra fand beim Weib eine etwas andere Reihenfolge: humerus, femur, tibia, fibula, ulna, radius, metacarpus, os occipitis, clavicula, scapula, costa, os ilium, vertebrae, sternum; in dem ersten Glied 69, und in dem letzten 51 pCt. Knochenerde. Diese Unterschiede sind, wie wohl zu merken, nur giltig für die Knochen des Geborenen, nicht aber für die des Foetus (v. Bibra). -- b) Die spongiöse Knochensubstanz ent- hält einige Prozente feuerflüchtiger Bestandtheile mehr, als die com- pakte (Rees, Fremy). Theilt man willkührlich einen Röhrenknochen seiner Dicke nach (vom Periost zur Markhaut) in mehrere Schichten, so hinterlässt die äussere zuweilen um 1 bis 2 Prozent weniger Asche, als die innere, zuweilen ist der Knochen auch durchweg gleich zusammen- gesetzt (Fremy). -- c) An einer und derselben Knochenstelle nimmt der Gehalt an Kalkerde mit dem Alter zu; so betrug er z. B. in dem Femur männlicher Individuen beim Foetus = 59 pCt., beim dreiviertel- jährigen Säugling = 56,4, beim fünfjährigen 67 pCt. und endlich beim 25jährigen 68 pCt. -- Das Steigen des Kalkgehaltes geht nun aber kei- neswegs in allen Knochen gleich rasch vor sich. So nähert sich u. A. die Knochensubstanz in den obern Gliedmaassen früher ihrem höchsten Werth an, als in den untern (v. Bibra). Im Gegensatz hierzu führt Fremy's Analyse überhaupt zu keinem Altersunterschied; den Femur des Fötus, des Erwachsenen und Greises fand er annähernd gleich reich an Erden, vorausgesetzt, dass aus dem Fötus die Knochenpunkte ausge- schält würden. -- d) Ein bemerkenswerther Unterschied zwischen dem prozentischen Erdgehalt in den gleichnamigen Knochen des Mannes und des Weibes hat sich nicht herausgestellt.
Das Knochenmark unterscheidet man seinem Ansehen nach in ein fettes und ein gelatinöses. Das erstere besteht vorzugsweise aus einem sehr oleinhaltigen Fett und daneben aus einer eiweiss- und salzhaltigen Flüssigkeit, den Hüllensubstanzen der Mark- und Fettzellen, Gefässhäuten und Bindegeweben. Das gelatinöse enthält dagegen überwiegend die salz- und eiweisshaltige Lösung und sehr geringe Mengen von Fett; die bei-
*)Berzelius vermuthet, dass die von Rees untersuchten Knochen nicht vollkommen getrocknet gewesen seien.
Knochen.
verbunden. Man kann bekanntlich aus dem Knochen die Erde durch Säuren und den Knorpel durch Kalien ausziehen, ohne dass die anato- mische Elementarstruktur verloren geht.
Das Verhältniss, in dem die organischen (Knorpel, Bindegewebe und Gefässe) und unorganischen Stoffe im Knochen enthalten sind, ist nicht constant. — a) Ordnet man die substantia dura der trockenen Knochen der Erwachsenen nach ihrem Gehalt an Erde, so erhält man folgende Reihe: os temporum, humerus, femur, ulna, radius, tibia, fibula, os ilium, clavicula, vertebrae, costae, sternum, os metatarsi, scapula. Das os tempor. enthielt 63,5, die scapula 54,5 pCt. Knochenerde (Rees) *). — Bibra fand beim Weib eine etwas andere Reihenfolge: humerus, femur, tibia, fibula, ulna, radius, metacarpus, os occipitis, clavicula, scapula, costa, os ilium, vertebrae, sternum; in dem ersten Glied 69, und in dem letzten 51 pCt. Knochenerde. Diese Unterschiede sind, wie wohl zu merken, nur giltig für die Knochen des Geborenen, nicht aber für die des Foetus (v. Bibra). — b) Die spongiöse Knochensubstanz ent- hält einige Prozente feuerflüchtiger Bestandtheile mehr, als die com- pakte (Rees, Fremy). Theilt man willkührlich einen Röhrenknochen seiner Dicke nach (vom Periost zur Markhaut) in mehrere Schichten, so hinterlässt die äussere zuweilen um 1 bis 2 Prozent weniger Asche, als die innere, zuweilen ist der Knochen auch durchweg gleich zusammen- gesetzt (Fremy). — c) An einer und derselben Knochenstelle nimmt der Gehalt an Kalkerde mit dem Alter zu; so betrug er z. B. in dem Femur männlicher Individuen beim Foetus = 59 pCt., beim dreiviertel- jährigen Säugling = 56,4, beim fünfjährigen 67 pCt. und endlich beim 25jährigen 68 pCt. — Das Steigen des Kalkgehaltes geht nun aber kei- neswegs in allen Knochen gleich rasch vor sich. So nähert sich u. A. die Knochensubstanz in den obern Gliedmaassen früher ihrem höchsten Werth an, als in den untern (v. Bibra). Im Gegensatz hierzu führt Fremy’s Analyse überhaupt zu keinem Altersunterschied; den Femur des Fötus, des Erwachsenen und Greises fand er annähernd gleich reich an Erden, vorausgesetzt, dass aus dem Fötus die Knochenpunkte ausge- schält würden. — d) Ein bemerkenswerther Unterschied zwischen dem prozentischen Erdgehalt in den gleichnamigen Knochen des Mannes und des Weibes hat sich nicht herausgestellt.
Das Knochenmark unterscheidet man seinem Ansehen nach in ein fettes und ein gelatinöses. Das erstere besteht vorzugsweise aus einem sehr oleinhaltigen Fett und daneben aus einer eiweiss- und salzhaltigen Flüssigkeit, den Hüllensubstanzen der Mark- und Fettzellen, Gefässhäuten und Bindegeweben. Das gelatinöse enthält dagegen überwiegend die salz- und eiweisshaltige Lösung und sehr geringe Mengen von Fett; die bei-
*)Berzelius vermuthet, dass die von Rees untersuchten Knochen nicht vollkommen getrocknet gewesen seien.
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[194/0210]
Knochen.
verbunden. Man kann bekanntlich aus dem Knochen die Erde durch
Säuren und den Knorpel durch Kalien ausziehen, ohne dass die anato-
mische Elementarstruktur verloren geht.
Das Verhältniss, in dem die organischen (Knorpel, Bindegewebe und
Gefässe) und unorganischen Stoffe im Knochen enthalten sind, ist nicht
constant. — a) Ordnet man die substantia dura der trockenen Knochen
der Erwachsenen nach ihrem Gehalt an Erde, so erhält man folgende
Reihe: os temporum, humerus, femur, ulna, radius, tibia, fibula, os
ilium, clavicula, vertebrae, costae, sternum, os metatarsi, scapula. Das
os tempor. enthielt 63,5, die scapula 54,5 pCt. Knochenerde (Rees) *). —
Bibra fand beim Weib eine etwas andere Reihenfolge: humerus, femur,
tibia, fibula, ulna, radius, metacarpus, os occipitis, clavicula, scapula,
costa, os ilium, vertebrae, sternum; in dem ersten Glied 69, und in
dem letzten 51 pCt. Knochenerde. Diese Unterschiede sind, wie wohl
zu merken, nur giltig für die Knochen des Geborenen, nicht aber für
die des Foetus (v. Bibra). — b) Die spongiöse Knochensubstanz ent-
hält einige Prozente feuerflüchtiger Bestandtheile mehr, als die com-
pakte (Rees, Fremy). Theilt man willkührlich einen Röhrenknochen
seiner Dicke nach (vom Periost zur Markhaut) in mehrere Schichten,
so hinterlässt die äussere zuweilen um 1 bis 2 Prozent weniger Asche,
als die innere, zuweilen ist der Knochen auch durchweg gleich zusammen-
gesetzt (Fremy). — c) An einer und derselben Knochenstelle nimmt
der Gehalt an Kalkerde mit dem Alter zu; so betrug er z. B. in dem
Femur männlicher Individuen beim Foetus = 59 pCt., beim dreiviertel-
jährigen Säugling = 56,4, beim fünfjährigen 67 pCt. und endlich beim
25jährigen 68 pCt. — Das Steigen des Kalkgehaltes geht nun aber kei-
neswegs in allen Knochen gleich rasch vor sich. So nähert sich u. A.
die Knochensubstanz in den obern Gliedmaassen früher ihrem höchsten
Werth an, als in den untern (v. Bibra). Im Gegensatz hierzu führt
Fremy’s Analyse überhaupt zu keinem Altersunterschied; den Femur
des Fötus, des Erwachsenen und Greises fand er annähernd gleich reich
an Erden, vorausgesetzt, dass aus dem Fötus die Knochenpunkte ausge-
schält würden. — d) Ein bemerkenswerther Unterschied zwischen dem
prozentischen Erdgehalt in den gleichnamigen Knochen des Mannes und
des Weibes hat sich nicht herausgestellt.
Das Knochenmark unterscheidet man seinem Ansehen nach in ein
fettes und ein gelatinöses. Das erstere besteht vorzugsweise aus einem
sehr oleinhaltigen Fett und daneben aus einer eiweiss- und salzhaltigen
Flüssigkeit, den Hüllensubstanzen der Mark- und Fettzellen, Gefässhäuten
und Bindegeweben. Das gelatinöse enthält dagegen überwiegend die salz-
und eiweisshaltige Lösung und sehr geringe Mengen von Fett; die bei-
*) Berzelius vermuthet, dass die von Rees untersuchten Knochen nicht vollkommen getrocknet
gewesen seien.
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/210>, abgerufen am 04.12.2024.
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