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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Ernährung des Haars; Säckchen.
hen. Die Warze ist ein kugelförmiger Auswuchs auf dem Boden des
Haarsäckchens, in welchen eine Gefässschlinge einkehrt; aus ihrer Ober-
fläche dringt der Saft, in welchem die Zellen des Haarknopfs entstehen.
Die Höhle des Haarsäckchens stellt einen kolbenförmigen Raum dar, der
sich überall auf das innigste an das Haar anlegt, so dass es entsprechend
den Durchmessern dieses letztern untern am Knopf desselben weiter und
oben gegen den Schaft hin enger wird. Die Wand, welche den engern,
dem Kolbenhals entsprechenden Theil der Höhle umschliesst, ist aus
sechs Schichten gebaut; zählt man von aussen nach innen, so trifft man
zuerst auf einer Lage von dem anatomischen Bau der Cutis, nemlich
auf ein Gemenge von elastischem und Bindegewebe; dann folgt eine
einfache Lage von kerntragenden Fasern, welche die kreisförmige Peri-
pherie des Balgs umschlingen. Diese Fasern schliessen eine strukturlose
Haut ein, auf welcher zuweilen feinstreifige Netzformen aufsitzen; sie
wird wiederum bedeckt von einer Lage kugeliger Zellen, welche an der
Mündung des Säckchens in die Schleimschicht der Oberhaut übergehen
und darum als die tiefste Lage von Epithelium angesehen werden; auf
sie folgen mehrere Schichten innig mit einander verbundener Hornschüpp-
chen und schliesslich eine Lage von Platten, welche denen vollkommen
gleichen, welche als sog. Oberhaut des Haars die Faserschicht derselben
einschliessen. -- Nahe an der Ausmündung des Haarbalgs öffnen sich in
denselben die Gänge kleiner Fettdrüsen, welche auf der äussern Seite
des Balgs gelegen sind. An den Grund des Sackes geht ein kleiner,
aus Faserzellen zusammengesetzter Muskelstreifen, der in den oberfläch-
lichen Schichten der zunächst gelegenen Cutis entspringt.

Der Hergang, durch den die Kugelzellen des Knopfs aus der Flüs-
sigkeit entstehen, welche sich aus den Gefässen der Warze ergiesst, ist
hier wie überall unbekannt; es ist sogar noch zweifelhaft, wie die Form
beschaffen sei, welche ursprünglich auftritt. Einige Autoren, namentlich
Henle, stellen die Behauptung auf, dass in die Warze unmittelbar be-
grenzenden Schichten des Haarknopfs nur Gebilde von der Form der
Kerne jener Kugelzellen enthalten seien; sie sind geneigt, aus dieser
Beobachtung abzuleiten, dass zuerst diese Kerne und mit Beihilfe der-
selben dann erst die fertigen Zellen entstehen. Andere Mikroskopiker,
namentlich Kölliker, läugnen aber die beständige Anwesenheit dieser
Kerne. -- Unzweifelhaft gehen aber die ausgebildeten Zellen des Haar-
knopfs in die Hornschüppchen der Faserschicht und die vertrockneten
Markzellen über, während die Plättchen des Oberhäutchens aus der
oberflächlichsten Epithelienlage des Haarbalgs abstammen, die das empor-
wachsende Haar an sich klebt und mit sich emporschiebt. -- Rinde und
Mark des Haares ist somit nichts anderes, als ein Epithelialübergang der
Warze, der insofern eigenthümlich ist, als nur die Rindenzellen verhor-
nen, während die Markzellen, ehe sie zu dieser Umwandlung gekommen

Ernährung des Haars; Säckchen.
hen. Die Warze ist ein kugelförmiger Auswuchs auf dem Boden des
Haarsäckchens, in welchen eine Gefässschlinge einkehrt; aus ihrer Ober-
fläche dringt der Saft, in welchem die Zellen des Haarknopfs entstehen.
Die Höhle des Haarsäckchens stellt einen kolbenförmigen Raum dar, der
sich überall auf das innigste an das Haar anlegt, so dass es entsprechend
den Durchmessern dieses letztern untern am Knopf desselben weiter und
oben gegen den Schaft hin enger wird. Die Wand, welche den engern,
dem Kolbenhals entsprechenden Theil der Höhle umschliesst, ist aus
sechs Schichten gebaut; zählt man von aussen nach innen, so trifft man
zuerst auf einer Lage von dem anatomischen Bau der Cutis, nemlich
auf ein Gemenge von elastischem und Bindegewebe; dann folgt eine
einfache Lage von kerntragenden Fasern, welche die kreisförmige Peri-
pherie des Balgs umschlingen. Diese Fasern schliessen eine strukturlose
Haut ein, auf welcher zuweilen feinstreifige Netzformen aufsitzen; sie
wird wiederum bedeckt von einer Lage kugeliger Zellen, welche an der
Mündung des Säckchens in die Schleimschicht der Oberhaut übergehen
und darum als die tiefste Lage von Epithelium angesehen werden; auf
sie folgen mehrere Schichten innig mit einander verbundener Hornschüpp-
chen und schliesslich eine Lage von Platten, welche denen vollkommen
gleichen, welche als sog. Oberhaut des Haars die Faserschicht derselben
einschliessen. — Nahe an der Ausmündung des Haarbalgs öffnen sich in
denselben die Gänge kleiner Fettdrüsen, welche auf der äussern Seite
des Balgs gelegen sind. An den Grund des Sackes geht ein kleiner,
aus Faserzellen zusammengesetzter Muskelstreifen, der in den oberfläch-
lichen Schichten der zunächst gelegenen Cutis entspringt.

Der Hergang, durch den die Kugelzellen des Knopfs aus der Flüs-
sigkeit entstehen, welche sich aus den Gefässen der Warze ergiesst, ist
hier wie überall unbekannt; es ist sogar noch zweifelhaft, wie die Form
beschaffen sei, welche ursprünglich auftritt. Einige Autoren, namentlich
Henle, stellen die Behauptung auf, dass in die Warze unmittelbar be-
grenzenden Schichten des Haarknopfs nur Gebilde von der Form der
Kerne jener Kugelzellen enthalten seien; sie sind geneigt, aus dieser
Beobachtung abzuleiten, dass zuerst diese Kerne und mit Beihilfe der-
selben dann erst die fertigen Zellen entstehen. Andere Mikroskopiker,
namentlich Kölliker, läugnen aber die beständige Anwesenheit dieser
Kerne. — Unzweifelhaft gehen aber die ausgebildeten Zellen des Haar-
knopfs in die Hornschüppchen der Faserschicht und die vertrockneten
Markzellen über, während die Plättchen des Oberhäutchens aus der
oberflächlichsten Epithelienlage des Haarbalgs abstammen, die das empor-
wachsende Haar an sich klebt und mit sich emporschiebt. — Rinde und
Mark des Haares ist somit nichts anderes, als ein Epithelialübergang der
Warze, der insofern eigenthümlich ist, als nur die Rindenzellen verhor-
nen, während die Markzellen, ehe sie zu dieser Umwandlung gekommen

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[175/0191] Ernährung des Haars; Säckchen. hen. Die Warze ist ein kugelförmiger Auswuchs auf dem Boden des Haarsäckchens, in welchen eine Gefässschlinge einkehrt; aus ihrer Ober- fläche dringt der Saft, in welchem die Zellen des Haarknopfs entstehen. Die Höhle des Haarsäckchens stellt einen kolbenförmigen Raum dar, der sich überall auf das innigste an das Haar anlegt, so dass es entsprechend den Durchmessern dieses letztern untern am Knopf desselben weiter und oben gegen den Schaft hin enger wird. Die Wand, welche den engern, dem Kolbenhals entsprechenden Theil der Höhle umschliesst, ist aus sechs Schichten gebaut; zählt man von aussen nach innen, so trifft man zuerst auf einer Lage von dem anatomischen Bau der Cutis, nemlich auf ein Gemenge von elastischem und Bindegewebe; dann folgt eine einfache Lage von kerntragenden Fasern, welche die kreisförmige Peri- pherie des Balgs umschlingen. Diese Fasern schliessen eine strukturlose Haut ein, auf welcher zuweilen feinstreifige Netzformen aufsitzen; sie wird wiederum bedeckt von einer Lage kugeliger Zellen, welche an der Mündung des Säckchens in die Schleimschicht der Oberhaut übergehen und darum als die tiefste Lage von Epithelium angesehen werden; auf sie folgen mehrere Schichten innig mit einander verbundener Hornschüpp- chen und schliesslich eine Lage von Platten, welche denen vollkommen gleichen, welche als sog. Oberhaut des Haars die Faserschicht derselben einschliessen. — Nahe an der Ausmündung des Haarbalgs öffnen sich in denselben die Gänge kleiner Fettdrüsen, welche auf der äussern Seite des Balgs gelegen sind. An den Grund des Sackes geht ein kleiner, aus Faserzellen zusammengesetzter Muskelstreifen, der in den oberfläch- lichen Schichten der zunächst gelegenen Cutis entspringt. Der Hergang, durch den die Kugelzellen des Knopfs aus der Flüs- sigkeit entstehen, welche sich aus den Gefässen der Warze ergiesst, ist hier wie überall unbekannt; es ist sogar noch zweifelhaft, wie die Form beschaffen sei, welche ursprünglich auftritt. Einige Autoren, namentlich Henle, stellen die Behauptung auf, dass in die Warze unmittelbar be- grenzenden Schichten des Haarknopfs nur Gebilde von der Form der Kerne jener Kugelzellen enthalten seien; sie sind geneigt, aus dieser Beobachtung abzuleiten, dass zuerst diese Kerne und mit Beihilfe der- selben dann erst die fertigen Zellen entstehen. Andere Mikroskopiker, namentlich Kölliker, läugnen aber die beständige Anwesenheit dieser Kerne. — Unzweifelhaft gehen aber die ausgebildeten Zellen des Haar- knopfs in die Hornschüppchen der Faserschicht und die vertrockneten Markzellen über, während die Plättchen des Oberhäutchens aus der oberflächlichsten Epithelienlage des Haarbalgs abstammen, die das empor- wachsende Haar an sich klebt und mit sich emporschiebt. — Rinde und Mark des Haares ist somit nichts anderes, als ein Epithelialübergang der Warze, der insofern eigenthümlich ist, als nur die Rindenzellen verhor- nen, während die Markzellen, ehe sie zu dieser Umwandlung gekommen

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/191>, abgerufen am 23.04.2024.