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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

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Gedanken über die Art der Entstehung
den Kennzeichen für das relative Alter eines Zellenindividuums aufdecken.
Denn da man gewöhnlich an einem und demselben Orte Zellen findet,
welche von ähnlichen Ausgängen zu sehr verschiedenen Endpunkten ge-
langen, so bleibt der Willkühr oft genug die Verknüpfung der Formen
untereinander überlassen. Kein einsichtiger Anatom wird die Bedeutung
dieser Anforderungen unterschätzen. -- Die chemische Beobachtung,
welche an diesem Punkte noch alles zu leisten hat, wird gleichzeitig mit
der Stofffolge in einem seiner Form nach veränderlichen Gebilde auch
alle die Umwandlungen zu studiren haben, welche die umspülenden Flüs-
sigkeiten während dieser Zeit erleiden. -- Die Befriedigung solcher An-
forderungen, welche sich sehr bequem aussprechen aber sehr schwer er-
füllen lassen, würde aber nach unsern jetzigen Einsichten noch nicht
einmal genügen, um eine vollendete Entwickelungstheorie aufzustellen, vor-
ausgesetzt, dass sie, wie billig, uns Aufschluss geben sollte, in wie weit
und in welcher Art und Weise jede der vorhandenen chemischen und
mechanischen Bedingungen sich an einer jeden Form- oder Stoffverände-
rung betheiligte. Dieses könnte offenbar nur durch einen Versuch gelöst
werden, welcher willkührlich an den ursprünglich gegebenen Formen und
Stoffen ändert und daraus entspringende Entwickelungsabweichungen
feststellt. Die Nothwendigkeit des Versuchs wird um so mehr erkannt
werden, wenn man die Möglichkeit erwägt, dass unter den zahlreichen
Stoffen und Formen, welche gleichzeitig in den Orten vorhanden sind,
die wir Entwickelungsstätten nennen, mannigfache vorhanden sein können,
welche sich einer gerade eingeleiteten Zellenbildung gegenüber ganz gleich-
giltig verhalten.

Diese Beobachtungen und Versuche können selbst dem nicht voll-
kommen überflüssig erscheinen, welcher behauptet, dass die anziehenden
und abstossenden Kräfte der Masse bei der Zellenentwickelung beherrscht
werden durch ein regulatorisches Prinzip, durch eine Lebenskraft. Denn
diese selbst, mag sie wirken wie sie will, geht doch nur als eine be-
sondere Bedingung in einen Prozess ein, in dem neben ihr noch viele
andere thätig sind. Dieses kann um so weniger geläugnet werden, als
es eine allbekannte Erfahrung ist, dass schon sehr zarte Abweichungen
in der chemischen Zusammensetzung aller zur Zellenbildung verwendeten
Flüssigkeit, wie namentlich in ihrem Gehalt an CO., Salzen, Wasser
u. dergl., im Stande sind, die Zellenbildung ganz zu hemmen, oder min-
destens sehr zu modifiziren. Die Vertheidiger der Lebenskräfte, jener Kräfte,
welche die Form der Zelle abhängig machen von einem instinktiven, den
organischen Gebilden eingeborenen Willen, werden aber vielleicht die von
einer einfacheren und strengeren Gedankenfolge vorgeschlagenen Versuche für
zu mühselig halten im Vergleich zu dem aus ihnen bevorstehenden Erwerb.
Sie werden uns vorhalten, dass ein und dieselbe wie es scheint überall gleich-
artige Zelle oft genug nur an beschränkten Theilen ihres äussern oder innern

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Gedanken über die Art der Entstehung
den Kennzeichen für das relative Alter eines Zellenindividuums aufdecken.
Denn da man gewöhnlich an einem und demselben Orte Zellen findet,
welche von ähnlichen Ausgängen zu sehr verschiedenen Endpunkten ge-
langen, so bleibt der Willkühr oft genug die Verknüpfung der Formen
untereinander überlassen. Kein einsichtiger Anatom wird die Bedeutung
dieser Anforderungen unterschätzen. — Die chemische Beobachtung,
welche an diesem Punkte noch alles zu leisten hat, wird gleichzeitig mit
der Stofffolge in einem seiner Form nach veränderlichen Gebilde auch
alle die Umwandlungen zu studiren haben, welche die umspülenden Flüs-
sigkeiten während dieser Zeit erleiden. — Die Befriedigung solcher An-
forderungen, welche sich sehr bequem aussprechen aber sehr schwer er-
füllen lassen, würde aber nach unsern jetzigen Einsichten noch nicht
einmal genügen, um eine vollendete Entwickelungstheorie aufzustellen, vor-
ausgesetzt, dass sie, wie billig, uns Aufschluss geben sollte, in wie weit
und in welcher Art und Weise jede der vorhandenen chemischen und
mechanischen Bedingungen sich an einer jeden Form- oder Stoffverände-
rung betheiligte. Dieses könnte offenbar nur durch einen Versuch gelöst
werden, welcher willkührlich an den ursprünglich gegebenen Formen und
Stoffen ändert und daraus entspringende Entwickelungsabweichungen
feststellt. Die Nothwendigkeit des Versuchs wird um so mehr erkannt
werden, wenn man die Möglichkeit erwägt, dass unter den zahlreichen
Stoffen und Formen, welche gleichzeitig in den Orten vorhanden sind,
die wir Entwickelungsstätten nennen, mannigfache vorhanden sein können,
welche sich einer gerade eingeleiteten Zellenbildung gegenüber ganz gleich-
giltig verhalten.

Diese Beobachtungen und Versuche können selbst dem nicht voll-
kommen überflüssig erscheinen, welcher behauptet, dass die anziehenden
und abstossenden Kräfte der Masse bei der Zellenentwickelung beherrscht
werden durch ein regulatorisches Prinzip, durch eine Lebenskraft. Denn
diese selbst, mag sie wirken wie sie will, geht doch nur als eine be-
sondere Bedingung in einen Prozess ein, in dem neben ihr noch viele
andere thätig sind. Dieses kann um so weniger geläugnet werden, als
es eine allbekannte Erfahrung ist, dass schon sehr zarte Abweichungen
in der chemischen Zusammensetzung aller zur Zellenbildung verwendeten
Flüssigkeit, wie namentlich in ihrem Gehalt an CO., Salzen, Wasser
u. dergl., im Stande sind, die Zellenbildung ganz zu hemmen, oder min-
destens sehr zu modifiziren. Die Vertheidiger der Lebenskräfte, jener Kräfte,
welche die Form der Zelle abhängig machen von einem instinktiven, den
organischen Gebilden eingeborenen Willen, werden aber vielleicht die von
einer einfacheren und strengeren Gedankenfolge vorgeschlagenen Versuche für
zu mühselig halten im Vergleich zu dem aus ihnen bevorstehenden Erwerb.
Sie werden uns vorhalten, dass ein und dieselbe wie es scheint überall gleich-
artige Zelle oft genug nur an beschränkten Theilen ihres äussern oder innern

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[163/0179] Gedanken über die Art der Entstehung den Kennzeichen für das relative Alter eines Zellenindividuums aufdecken. Denn da man gewöhnlich an einem und demselben Orte Zellen findet, welche von ähnlichen Ausgängen zu sehr verschiedenen Endpunkten ge- langen, so bleibt der Willkühr oft genug die Verknüpfung der Formen untereinander überlassen. Kein einsichtiger Anatom wird die Bedeutung dieser Anforderungen unterschätzen. — Die chemische Beobachtung, welche an diesem Punkte noch alles zu leisten hat, wird gleichzeitig mit der Stofffolge in einem seiner Form nach veränderlichen Gebilde auch alle die Umwandlungen zu studiren haben, welche die umspülenden Flüs- sigkeiten während dieser Zeit erleiden. — Die Befriedigung solcher An- forderungen, welche sich sehr bequem aussprechen aber sehr schwer er- füllen lassen, würde aber nach unsern jetzigen Einsichten noch nicht einmal genügen, um eine vollendete Entwickelungstheorie aufzustellen, vor- ausgesetzt, dass sie, wie billig, uns Aufschluss geben sollte, in wie weit und in welcher Art und Weise jede der vorhandenen chemischen und mechanischen Bedingungen sich an einer jeden Form- oder Stoffverände- rung betheiligte. Dieses könnte offenbar nur durch einen Versuch gelöst werden, welcher willkührlich an den ursprünglich gegebenen Formen und Stoffen ändert und daraus entspringende Entwickelungsabweichungen feststellt. Die Nothwendigkeit des Versuchs wird um so mehr erkannt werden, wenn man die Möglichkeit erwägt, dass unter den zahlreichen Stoffen und Formen, welche gleichzeitig in den Orten vorhanden sind, die wir Entwickelungsstätten nennen, mannigfache vorhanden sein können, welche sich einer gerade eingeleiteten Zellenbildung gegenüber ganz gleich- giltig verhalten. Diese Beobachtungen und Versuche können selbst dem nicht voll- kommen überflüssig erscheinen, welcher behauptet, dass die anziehenden und abstossenden Kräfte der Masse bei der Zellenentwickelung beherrscht werden durch ein regulatorisches Prinzip, durch eine Lebenskraft. Denn diese selbst, mag sie wirken wie sie will, geht doch nur als eine be- sondere Bedingung in einen Prozess ein, in dem neben ihr noch viele andere thätig sind. Dieses kann um so weniger geläugnet werden, als es eine allbekannte Erfahrung ist, dass schon sehr zarte Abweichungen in der chemischen Zusammensetzung aller zur Zellenbildung verwendeten Flüssigkeit, wie namentlich in ihrem Gehalt an CO., Salzen, Wasser u. dergl., im Stande sind, die Zellenbildung ganz zu hemmen, oder min- destens sehr zu modifiziren. Die Vertheidiger der Lebenskräfte, jener Kräfte, welche die Form der Zelle abhängig machen von einem instinktiven, den organischen Gebilden eingeborenen Willen, werden aber vielleicht die von einer einfacheren und strengeren Gedankenfolge vorgeschlagenen Versuche für zu mühselig halten im Vergleich zu dem aus ihnen bevorstehenden Erwerb. Sie werden uns vorhalten, dass ein und dieselbe wie es scheint überall gleich- artige Zelle oft genug nur an beschränkten Theilen ihres äussern oder innern 11*

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/179>, abgerufen am 24.11.2024.