Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

Bestimmung des Blutdrucks.
des Blutdrucks überhaupt angegeben werden. -- Hales, welcher den Blutdruck zu-
erst bestimmte, bediente sich des Verfahrens, welches die Hydrauliker bei Wasser-
strömen gewöhnlich anwenden, eine einfache, gerade Glasröhre. Diese etwas gröbliche
Methode wurde von Poiseuille zuerst dahin verbessert, dass er die in das Gefäss
eingefügte Glasröhre (a b c Fig. 41.), deren Schenkel a b und b c gleichen Durchmes-
[Abbildung] Fig. 41.
ser besassen, heberför-
mig bog. In die Schen-
kel füllte er, etwa so
weit der schwarz bezeich-
nete Inhalt des Rohres
geht, Quecksilber, und
auf dieses in dem kür-
zern, dessen Ende mit
einem Messinghahn ver-
sehen ist, kohlensaures
Natron. Darauf fügt er
die Dille d, während der
Hahn geschlossen ist, in
das Blutgefäss, in dem er
die Spannung messen will,
stellt das Rohr senkrecht
und öffnet nun den Hahn,
so dass das Lumen des
Gefässes und des gebo-
genen Rohres communizi-
ren. In diesem Moment
suchen sich auch die Span-
nungen der Flüssigkeiten
in beiden Röhrensystemen
in das Gleichgewicht zu
setzen, so dass, wenn die
Spannung des Blutes hö-
her als die des Röhren-
inhaltes ist, Blut aus dem
Gefäss in das gebogene
Messrohr eindringt, und
das Quecksilber aus dem
kurzen in den langen
Schenkel eintreibt. Man erhält dann, mit Hilfe einiger Correkturen, aus dem Niveau-
unterschied des Quecksilbers in beiden Schenkeln den Druck, den das Blut ausübt.
-- Da nun aber der Blutdruck im Verlaufe der Zeit sehr beträchtliche Veränderun-
gen erfährt, dass das Auge der auf- und absteigenden Quecksilbersäule nicht zu fol-
gen vermag, so verband C. Ludwig mit den Messröhren eine Schreibvorrichtung,
vermöge derer die in der Zeit veränderlichen Quecksilberdrücke sich selbst aufzeich-
neten. Diese Einrichtung beruht auf einem Prinzip, welches der berühmte Mechani-
ker Watt zuerst in Anwendung gebracht haben soll. Man setzt nemlich auf den
Spiegel des im Schenkel b c vorhandenen Quecksilbers einen schwimmenden Stab e f
auf, dessen freies Ende an einem Querholz einen Pinsel g trägt, der sich sanft ge-
gen einen Cylinder h h anlegt; dieser wird mittelst des Uhrwerkes i i in gleichmässi-
ger und bekannter Geschwindigkeit herumgedreht. Da der mit Papier überzogene
Cylinder während des Umgangs fortlaufend andere Orte mit dem Pinsel in Berührung

Bestimmung des Blutdrucks.
des Blutdrucks überhaupt angegeben werden. — Hales, welcher den Blutdruck zu-
erst bestimmte, bediente sich des Verfahrens, welches die Hydrauliker bei Wasser-
strömen gewöhnlich anwenden, eine einfache, gerade Glasröhre. Diese etwas gröbliche
Methode wurde von Poiseuille zuerst dahin verbessert, dass er die in das Gefäss
eingefügte Glasröhre (a b c Fig. 41.), deren Schenkel a b und b c gleichen Durchmes-
[Abbildung] Fig. 41.
ser besassen, heberför-
mig bog. In die Schen-
kel füllte er, etwa so
weit der schwarz bezeich-
nete Inhalt des Rohres
geht, Quecksilber, und
auf dieses in dem kür-
zern, dessen Ende mit
einem Messinghahn ver-
sehen ist, kohlensaures
Natron. Darauf fügt er
die Dille d, während der
Hahn geschlossen ist, in
das Blutgefäss, in dem er
die Spannung messen will,
stellt das Rohr senkrecht
und öffnet nun den Hahn,
so dass das Lumen des
Gefässes und des gebo-
genen Rohres communizi-
ren. In diesem Moment
suchen sich auch die Span-
nungen der Flüssigkeiten
in beiden Röhrensystemen
in das Gleichgewicht zu
setzen, so dass, wenn die
Spannung des Blutes hö-
her als die des Röhren-
inhaltes ist, Blut aus dem
Gefäss in das gebogene
Messrohr eindringt, und
das Quecksilber aus dem
kurzen in den langen
Schenkel eintreibt. Man erhält dann, mit Hilfe einiger Correkturen, aus dem Niveau-
unterschied des Quecksilbers in beiden Schenkeln den Druck, den das Blut ausübt.
— Da nun aber der Blutdruck im Verlaufe der Zeit sehr beträchtliche Veränderun-
gen erfährt, dass das Auge der auf- und absteigenden Quecksilbersäule nicht zu fol-
gen vermag, so verband C. Ludwig mit den Messröhren eine Schreibvorrichtung,
vermöge derer die in der Zeit veränderlichen Quecksilberdrücke sich selbst aufzeich-
neten. Diese Einrichtung beruht auf einem Prinzip, welches der berühmte Mechani-
ker Watt zuerst in Anwendung gebracht haben soll. Man setzt nemlich auf den
Spiegel des im Schenkel b c vorhandenen Quecksilbers einen schwimmenden Stab e f
auf, dessen freies Ende an einem Querholz einen Pinsel g trägt, der sich sanft ge-
gen einen Cylinder h h anlegt; dieser wird mittelst des Uhrwerkes i i in gleichmässi-
ger und bekannter Geschwindigkeit herumgedreht. Da der mit Papier überzogene
Cylinder während des Umgangs fortlaufend andere Orte mit dem Pinsel in Berührung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0101" n="85"/><fw place="top" type="header">Bestimmung des Blutdrucks.</fw><lb/>
des Blutdrucks überhaupt angegeben werden. &#x2014; <hi rendition="#g">Hales</hi>, welcher den Blutdruck zu-<lb/>
erst bestimmte, bediente sich des Verfahrens, welches die Hydrauliker bei Wasser-<lb/>
strömen gewöhnlich anwenden, eine einfache, gerade Glasröhre. Diese etwas gröbliche<lb/>
Methode wurde von <hi rendition="#g">Poiseuille</hi> zuerst dahin verbessert, dass er die in das Gefäss<lb/>
eingefügte Glasröhre (<hi rendition="#i">a b c</hi> Fig. 41.), deren Schenkel <hi rendition="#i">a b</hi> und <hi rendition="#i">b c</hi> gleichen Durchmes-<lb/><figure><head>Fig. 41.</head></figure><lb/>
ser besassen, heberför-<lb/>
mig bog. In die Schen-<lb/>
kel füllte er, etwa so<lb/>
weit der schwarz bezeich-<lb/>
nete Inhalt des Rohres<lb/>
geht, Quecksilber, und<lb/>
auf dieses in dem kür-<lb/>
zern, dessen Ende mit<lb/>
einem Messinghahn ver-<lb/>
sehen ist, kohlensaures<lb/>
Natron. Darauf fügt er<lb/>
die Dille <hi rendition="#i">d</hi>, während der<lb/>
Hahn geschlossen ist, in<lb/>
das Blutgefäss, in dem er<lb/>
die Spannung messen will,<lb/>
stellt das Rohr senkrecht<lb/>
und öffnet nun den Hahn,<lb/>
so dass das Lumen des<lb/>
Gefässes und des gebo-<lb/>
genen Rohres communizi-<lb/>
ren. In diesem Moment<lb/>
suchen sich auch die Span-<lb/>
nungen der Flüssigkeiten<lb/>
in beiden Röhrensystemen<lb/>
in das Gleichgewicht zu<lb/>
setzen, so dass, wenn die<lb/>
Spannung des Blutes hö-<lb/>
her als die des Röhren-<lb/>
inhaltes ist, Blut aus dem<lb/>
Gefäss in das gebogene<lb/>
Messrohr eindringt, und<lb/>
das Quecksilber aus dem<lb/>
kurzen in den langen<lb/>
Schenkel eintreibt. Man erhält dann, mit Hilfe einiger Correkturen, aus dem Niveau-<lb/>
unterschied des Quecksilbers in beiden Schenkeln den Druck, den das Blut ausübt.<lb/>
&#x2014; Da nun aber der Blutdruck im Verlaufe der Zeit sehr beträchtliche Veränderun-<lb/>
gen erfährt, dass das Auge der auf- und absteigenden Quecksilbersäule nicht zu fol-<lb/>
gen vermag, so verband C. <hi rendition="#g">Ludwig</hi> mit den Messröhren eine Schreibvorrichtung,<lb/>
vermöge derer die in der Zeit veränderlichen Quecksilberdrücke sich selbst aufzeich-<lb/>
neten. Diese Einrichtung beruht auf einem Prinzip, welches der berühmte Mechani-<lb/>
ker <hi rendition="#g">Watt</hi> zuerst in Anwendung gebracht haben soll. Man setzt nemlich auf den<lb/>
Spiegel des im Schenkel <hi rendition="#i">b c</hi> vorhandenen Quecksilbers einen schwimmenden Stab <hi rendition="#i">e f</hi><lb/>
auf, dessen freies Ende an einem Querholz einen Pinsel g trägt, der sich sanft ge-<lb/>
gen einen Cylinder <hi rendition="#i">h h</hi> anlegt; dieser wird mittelst des Uhrwerkes <hi rendition="#i">i i</hi> in gleichmässi-<lb/>
ger und bekannter Geschwindigkeit herumgedreht. Da der mit Papier überzogene<lb/>
Cylinder während des Umgangs fortlaufend andere Orte mit dem Pinsel in Berührung<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0101] Bestimmung des Blutdrucks. des Blutdrucks überhaupt angegeben werden. — Hales, welcher den Blutdruck zu- erst bestimmte, bediente sich des Verfahrens, welches die Hydrauliker bei Wasser- strömen gewöhnlich anwenden, eine einfache, gerade Glasröhre. Diese etwas gröbliche Methode wurde von Poiseuille zuerst dahin verbessert, dass er die in das Gefäss eingefügte Glasröhre (a b c Fig. 41.), deren Schenkel a b und b c gleichen Durchmes- [Abbildung Fig. 41.] ser besassen, heberför- mig bog. In die Schen- kel füllte er, etwa so weit der schwarz bezeich- nete Inhalt des Rohres geht, Quecksilber, und auf dieses in dem kür- zern, dessen Ende mit einem Messinghahn ver- sehen ist, kohlensaures Natron. Darauf fügt er die Dille d, während der Hahn geschlossen ist, in das Blutgefäss, in dem er die Spannung messen will, stellt das Rohr senkrecht und öffnet nun den Hahn, so dass das Lumen des Gefässes und des gebo- genen Rohres communizi- ren. In diesem Moment suchen sich auch die Span- nungen der Flüssigkeiten in beiden Röhrensystemen in das Gleichgewicht zu setzen, so dass, wenn die Spannung des Blutes hö- her als die des Röhren- inhaltes ist, Blut aus dem Gefäss in das gebogene Messrohr eindringt, und das Quecksilber aus dem kurzen in den langen Schenkel eintreibt. Man erhält dann, mit Hilfe einiger Correkturen, aus dem Niveau- unterschied des Quecksilbers in beiden Schenkeln den Druck, den das Blut ausübt. — Da nun aber der Blutdruck im Verlaufe der Zeit sehr beträchtliche Veränderun- gen erfährt, dass das Auge der auf- und absteigenden Quecksilbersäule nicht zu fol- gen vermag, so verband C. Ludwig mit den Messröhren eine Schreibvorrichtung, vermöge derer die in der Zeit veränderlichen Quecksilberdrücke sich selbst aufzeich- neten. Diese Einrichtung beruht auf einem Prinzip, welches der berühmte Mechani- ker Watt zuerst in Anwendung gebracht haben soll. Man setzt nemlich auf den Spiegel des im Schenkel b c vorhandenen Quecksilbers einen schwimmenden Stab e f auf, dessen freies Ende an einem Querholz einen Pinsel g trägt, der sich sanft ge- gen einen Cylinder h h anlegt; dieser wird mittelst des Uhrwerkes i i in gleichmässi- ger und bekannter Geschwindigkeit herumgedreht. Da der mit Papier überzogene Cylinder während des Umgangs fortlaufend andere Orte mit dem Pinsel in Berührung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/101
Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 2. Heidelberg und Leipzig, 1856, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie02_1856/101>, abgerufen am 22.11.2024.