Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Aufrechtes Stehen.
neocuboideum getragen würde. Der dem os naviculare zukommende
Lastantheil theilt sich durch das os cuneiforme prim. und metatarsi
prim. und die zugehörigen Bänder den den Boden berührenden Sesam-
beinen mit, und ebenso geht der auf dem os cuboideum lastende durch
os metatarsi quintum auf den Boden über.

Wegen der nach allen Seiten sich verbreitenden Spannung der
Bänder kann der Fuss im Ganzen auch als ein Bogen angeschen wer-
den der auf drei Punkten aufruht, deren gegenseitige Lage zu einander
Fig. 128 angibt; Ca ist der aufruhende Punkt der Ferse, Se der des-

[Abbildung] Fig. 128.
jenigen des Sesambeins und MV der des fünften Mittel-
fussknochens. Der Lastantheil, welchen jeder der drei
Punkte zu tragen hat, kann im einzelnen Fall nach be-
kannten Regeln ermittelt werden, wenn die Neigung der
Linie gegen den Horizont gegeben ist, die man ziehen
kann von dem Ort, wo die Last den Fuss trifft gegen die
genannten Berührungsstellen zwischen Boden und Fuss.
Beispielsweise sind an dem Fussdurchschnitt Fig. 127
zwei dieser Linien A B und A C ausgeführt. -- In Er-
mangelung genauer auf diese Frage bezüglicher Mes-
sungen ergibt der Augenschein, dass beim Stehen auf
ebenem Boden die Ferse den grössten und der letzte Me-
tatarsalknochen den geringsten Lastantheil unterstützt. Auf die Vor-
theile, welche für die Sicherheit des Stehens aus der Gegenwart
dreier Stützpunkte jederzeit erwächst, braucht kaum aufmerksam
gemacht zu werden. Ebensowenig ist hervorzuheben, dass durch die
Rotation, welche entweder der ganze Fuss am os naviculare und cu-
boideum ausführt und durch die Bewegung des letzten Metatarsal-
knochens auf dem os cuboideum, die Möglichkeit gegeben ist, die
drei Punkte gegeneinander und gegen verschiedene Bodenuneben-
heiten zu verschieben.

Ein besonderes Problem bietet die Frage über das Stehen auf den
Ballen, auf dessen Lösung aber hier nicht eingegangen werden kann.
Es soll hier nur erwähnt werden, dass wir bei gebeugtem und ge-
strecktem Fussgelenk auf einem oder mehreren Metatarsalköpfchen
stehen können und dass, wenn das Stehen auf dem Ballen nur eines
Fusses sicher sein soll, wir die Zehen gleichzeitig auf den Boden
legen müssen, die sich dann dem Ballen gegenüber ähnlich verhalten
als die Ballen der Ferse gegenüber, wenn wir auf dem ganzen Fusse
ruhen.

B. Natürliches Gehen *). Unter ihm begreift man den Gang,
durch den mit möglichst geringer Muskelanstrengung der Rumpf in
einem gleichgrossen scheitelrechten Abstand vom Boden mit gleich-

*) Ed. u. W. Weber, Mechanik der Gehwerkzeuge. Göttingen 1836.

Aufrechtes Stehen.
neocuboideum getragen würde. Der dem os naviculare zukommende
Lastantheil theilt sich durch das os cuneiforme prim. und metatarsi
prim. und die zugehörigen Bänder den den Boden berührenden Sesam-
beinen mit, und ebenso geht der auf dem os cuboideum lastende durch
os metatarsi quintum auf den Boden über.

Wegen der nach allen Seiten sich verbreitenden Spannung der
Bänder kann der Fuss im Ganzen auch als ein Bogen angeschen wer-
den der auf drei Punkten aufruht, deren gegenseitige Lage zu einander
Fig. 128 angibt; Ca ist der aufruhende Punkt der Ferse, Se der des-

[Abbildung] Fig. 128.
jenigen des Sesambeins und MV der des fünften Mittel-
fussknochens. Der Lastantheil, welchen jeder der drei
Punkte zu tragen hat, kann im einzelnen Fall nach be-
kannten Regeln ermittelt werden, wenn die Neigung der
Linie gegen den Horizont gegeben ist, die man ziehen
kann von dem Ort, wo die Last den Fuss trifft gegen die
genannten Berührungsstellen zwischen Boden und Fuss.
Beispielsweise sind an dem Fussdurchschnitt Fig. 127
zwei dieser Linien A B und A C ausgeführt. — In Er-
mangelung genauer auf diese Frage bezüglicher Mes-
sungen ergibt der Augenschein, dass beim Stehen auf
ebenem Boden die Ferse den grössten und der letzte Me-
tatarsalknochen den geringsten Lastantheil unterstützt. Auf die Vor-
theile, welche für die Sicherheit des Stehens aus der Gegenwart
dreier Stützpunkte jederzeit erwächst, braucht kaum aufmerksam
gemacht zu werden. Ebensowenig ist hervorzuheben, dass durch die
Rotation, welche entweder der ganze Fuss am os naviculare und cu-
boideum ausführt und durch die Bewegung des letzten Metatarsal-
knochens auf dem os cuboideum, die Möglichkeit gegeben ist, die
drei Punkte gegeneinander und gegen verschiedene Bodenuneben-
heiten zu verschieben.

Ein besonderes Problem bietet die Frage über das Stehen auf den
Ballen, auf dessen Lösung aber hier nicht eingegangen werden kann.
Es soll hier nur erwähnt werden, dass wir bei gebeugtem und ge-
strecktem Fussgelenk auf einem oder mehreren Metatarsalköpfchen
stehen können und dass, wenn das Stehen auf dem Ballen nur eines
Fusses sicher sein soll, wir die Zehen gleichzeitig auf den Boden
legen müssen, die sich dann dem Ballen gegenüber ähnlich verhalten
als die Ballen der Ferse gegenüber, wenn wir auf dem ganzen Fusse
ruhen.

B. Natürliches Gehen *). Unter ihm begreift man den Gang,
durch den mit möglichst geringer Muskelanstrengung der Rumpf in
einem gleichgrossen scheitelrechten Abstand vom Boden mit gleich-

*) Ed. u. W. Weber, Mechanik der Gehwerkzeuge. Göttingen 1836.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0423" n="409"/><fw place="top" type="header">Aufrechtes Stehen.</fw><lb/>
neocuboideum getragen würde. Der dem os naviculare zukommende<lb/>
Lastantheil theilt sich durch das os cuneiforme prim. und metatarsi<lb/>
prim. und die zugehörigen Bänder den den Boden berührenden Sesam-<lb/>
beinen mit, und ebenso geht der auf dem os cuboideum lastende durch<lb/>
os metatarsi quintum auf den Boden über.</p><lb/>
            <p>Wegen der nach allen Seiten sich verbreitenden Spannung der<lb/>
Bänder kann der Fuss im Ganzen auch als ein Bogen angeschen wer-<lb/>
den der auf drei Punkten aufruht, deren gegenseitige Lage zu einander<lb/>
Fig. 128 angibt; <hi rendition="#i">Ca</hi> ist der aufruhende Punkt der Ferse, <hi rendition="#i">Se</hi> der des-<lb/><figure><head>Fig. 128.</head></figure><lb/>
jenigen des Sesambeins und <hi rendition="#i">MV</hi> der des fünften Mittel-<lb/>
fussknochens. Der Lastantheil, welchen jeder der drei<lb/>
Punkte zu tragen hat, kann im einzelnen Fall nach be-<lb/>
kannten Regeln ermittelt werden, wenn die Neigung der<lb/>
Linie gegen den Horizont gegeben ist, die man ziehen<lb/>
kann von dem Ort, wo die Last den Fuss trifft gegen die<lb/>
genannten Berührungsstellen zwischen Boden und Fuss.<lb/>
Beispielsweise sind an dem Fussdurchschnitt Fig. 127<lb/>
zwei dieser Linien <hi rendition="#i">A B</hi> und <hi rendition="#i">A C</hi> ausgeführt. &#x2014; In Er-<lb/>
mangelung genauer auf diese Frage bezüglicher Mes-<lb/>
sungen ergibt der Augenschein, dass beim Stehen auf<lb/>
ebenem Boden die Ferse den grössten und der letzte Me-<lb/>
tatarsalknochen den geringsten Lastantheil unterstützt. Auf die Vor-<lb/>
theile, welche für die Sicherheit des Stehens aus der Gegenwart<lb/>
dreier Stützpunkte jederzeit erwächst, braucht kaum aufmerksam<lb/>
gemacht zu werden. Ebensowenig ist hervorzuheben, dass durch die<lb/>
Rotation, welche entweder der ganze Fuss am os naviculare und cu-<lb/>
boideum ausführt und durch die Bewegung des letzten Metatarsal-<lb/>
knochens auf dem os cuboideum, die Möglichkeit gegeben ist, die<lb/>
drei Punkte gegeneinander und gegen verschiedene Bodenuneben-<lb/>
heiten zu verschieben.</p><lb/>
            <p>Ein besonderes Problem bietet die Frage über das Stehen auf den<lb/>
Ballen, auf dessen Lösung aber hier nicht eingegangen werden kann.<lb/>
Es soll hier nur erwähnt werden, dass wir bei gebeugtem und ge-<lb/>
strecktem Fussgelenk auf einem oder mehreren Metatarsalköpfchen<lb/>
stehen können und dass, wenn das Stehen auf dem Ballen nur eines<lb/>
Fusses sicher sein soll, wir die Zehen gleichzeitig auf den Boden<lb/>
legen müssen, die sich dann dem Ballen gegenüber ähnlich verhalten<lb/>
als die Ballen der Ferse gegenüber, wenn wir auf dem ganzen Fusse<lb/>
ruhen.</p><lb/>
            <p>B. <hi rendition="#g">Natürliches Gehen</hi> <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Ed. u. W. Weber</hi>, Mechanik der Gehwerkzeuge. Göttingen 1836.</note>. Unter ihm begreift man den Gang,<lb/>
durch den mit möglichst geringer Muskelanstrengung der Rumpf in<lb/>
einem gleichgrossen scheitelrechten Abstand vom Boden mit gleich-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[409/0423] Aufrechtes Stehen. neocuboideum getragen würde. Der dem os naviculare zukommende Lastantheil theilt sich durch das os cuneiforme prim. und metatarsi prim. und die zugehörigen Bänder den den Boden berührenden Sesam- beinen mit, und ebenso geht der auf dem os cuboideum lastende durch os metatarsi quintum auf den Boden über. Wegen der nach allen Seiten sich verbreitenden Spannung der Bänder kann der Fuss im Ganzen auch als ein Bogen angeschen wer- den der auf drei Punkten aufruht, deren gegenseitige Lage zu einander Fig. 128 angibt; Ca ist der aufruhende Punkt der Ferse, Se der des- [Abbildung Fig. 128.] jenigen des Sesambeins und MV der des fünften Mittel- fussknochens. Der Lastantheil, welchen jeder der drei Punkte zu tragen hat, kann im einzelnen Fall nach be- kannten Regeln ermittelt werden, wenn die Neigung der Linie gegen den Horizont gegeben ist, die man ziehen kann von dem Ort, wo die Last den Fuss trifft gegen die genannten Berührungsstellen zwischen Boden und Fuss. Beispielsweise sind an dem Fussdurchschnitt Fig. 127 zwei dieser Linien A B und A C ausgeführt. — In Er- mangelung genauer auf diese Frage bezüglicher Mes- sungen ergibt der Augenschein, dass beim Stehen auf ebenem Boden die Ferse den grössten und der letzte Me- tatarsalknochen den geringsten Lastantheil unterstützt. Auf die Vor- theile, welche für die Sicherheit des Stehens aus der Gegenwart dreier Stützpunkte jederzeit erwächst, braucht kaum aufmerksam gemacht zu werden. Ebensowenig ist hervorzuheben, dass durch die Rotation, welche entweder der ganze Fuss am os naviculare und cu- boideum ausführt und durch die Bewegung des letzten Metatarsal- knochens auf dem os cuboideum, die Möglichkeit gegeben ist, die drei Punkte gegeneinander und gegen verschiedene Bodenuneben- heiten zu verschieben. Ein besonderes Problem bietet die Frage über das Stehen auf den Ballen, auf dessen Lösung aber hier nicht eingegangen werden kann. Es soll hier nur erwähnt werden, dass wir bei gebeugtem und ge- strecktem Fussgelenk auf einem oder mehreren Metatarsalköpfchen stehen können und dass, wenn das Stehen auf dem Ballen nur eines Fusses sicher sein soll, wir die Zehen gleichzeitig auf den Boden legen müssen, die sich dann dem Ballen gegenüber ähnlich verhalten als die Ballen der Ferse gegenüber, wenn wir auf dem ganzen Fusse ruhen. B. Natürliches Gehen *). Unter ihm begreift man den Gang, durch den mit möglichst geringer Muskelanstrengung der Rumpf in einem gleichgrossen scheitelrechten Abstand vom Boden mit gleich- *) Ed. u. W. Weber, Mechanik der Gehwerkzeuge. Göttingen 1836.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/423
Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/423>, abgerufen am 05.05.2024.