durchschnittener Nerv erzeugt während und nach seiner Trennung kaum einen Schmerz, den selbst schwache aber anhaltende Zerrungen und Drücke der Haut sehr heftig erregen. --
Ausser von den Erregern und von der Erregbarkeit ist Stärke des Schmerzes noch bedingt von der Ausbreitung und dem Orte der Einwirkung des Erregers. -- Denn a. mit der Summe der gleich- zeitig erregten Primitivröhren wächst der Schmerz. Diese Thatsache weist auf eine Summirung der in den einzelnen Primitivröhren vor- kommenden Erregung durch die Empfindungsorgane hin; E. H. Weber. -- b. Derselbe Angriff auf eine gleich grosse Zahl von Primitivröhren desselben Nerven erscheint schmerzhafter, wenn man das Erregungs- mittel auf die normale Verbreitungsstelle, als wenn man es auf den Stamm des Nerven anwendet. Pag. 140.
Die Beweise für die erste dieser Angaben hat E. H. Weber geliefert, zu den be- merkenswerthesten, unter seinen auf unsern Gegenstand bezüglichen Versuchen dürfte der gehören, dass eine Flüssigkeit, deren Temperatur + 48° oder + 12° C angenähert ist, nur dann Schmerzen erzeugt, wenn man die ganze Hand in sie taucht, während beim Eintauchen nur eines Fingers kein Schmerz entsteht. -- Die zweite Behauptung ist aus der Thatsache abstrahirt, dass chemische und mechani- sche Erregungsmittel, welche man auf den ganzen plexus ischiadicus des Frosches anwendet, weniger auffallende Reflexbewegungen erzeugen, als wenn man sie be- schränkt auf die Schwimmhaut anwendet. -- Von dem Einfluss, den die Verbreitung des Nerven auf sein Vermögen Schmerzempfindung zu wecken, äussert, lässt man auch die Erscheinung abhängig sein, dass dieselben Erregungsmittel an manchen Hautstellen Schmerz erwecken, an andern nicht; es ist aber die Frage ob diese Hautstellen nicht einfach durch ihren grössern Nervenreichthum empfindlicher sind, oder etwa sich einer Lagerung erfreuen, bei welcher, trotz scheinbar gleichstarker Anwendung eines Erre- gungsmittels dasselbe in dem einen Nerven doch zu grösserer Wirksamkeit kommt als im andern. Dieses ist z. B. offenbar der Fall bei der grössern Schmerzfähigkeit einzelner Hautparthieen für die Temperatureindrücke, indem bei gleichen Wärme- graden die mit einer zarten Epidermis bedeckten Stellen leichter und intensiver schmerzen als die mit dicker Epidermis versehenen.
2. Bestimmung des schmerzenden Ortes. Die Schmerz- empfindung ist stets mit einer Ortsempfindung verknüpft; und zwar empfinden wir jedesmal den schmerzhaften Ort als einen Theil unseres Leibes. Diese Ortsangabe wird nun insbesondere bestimmt durch den in Erregung versetzten Nerven, in der Art, dass jeder Nerv eine be- stimmte Ortsempfindung erweckt, die niemals durch einen andern ge- geben werden kann. -- Jeder Nerv scheint aber auch wiederum nur zur Erzeugung einer einzigen Ortsempfindung geschickt zu sein, so dass es in dieser Beziehung für die Empfindung gleichgültig ist, auf welchem Punkt seines Verlauß er von der schmerzerregenden Einwirkung getroffen wird. Dieser letzteren Angabe gemäss wird der Ort eines Angriffs sehr häufig in der Empfindung ein anderer als der des wirklichen Angriffs auf den Nerven sein; der scheinbare Ort des Angriffs, auf welchen jedesmal die Empfindung verlegt wird, ist immer derjenige der normalen peripherischen Verbreitung des Nerven.
Bestimmung des schmerzenden Ortes.
durchschnittener Nerv erzeugt während und nach seiner Trennung kaum einen Schmerz, den selbst schwache aber anhaltende Zerrungen und Drücke der Haut sehr heftig erregen. —
Ausser von den Erregern und von der Erregbarkeit ist Stärke des Schmerzes noch bedingt von der Ausbreitung und dem Orte der Einwirkung des Erregers. — Denn a. mit der Summe der gleich- zeitig erregten Primitivröhren wächst der Schmerz. Diese Thatsache weist auf eine Summirung der in den einzelnen Primitivröhren vor- kommenden Erregung durch die Empfindungsorgane hin; E. H. Weber. — b. Derselbe Angriff auf eine gleich grosse Zahl von Primitivröhren desselben Nerven erscheint schmerzhafter, wenn man das Erregungs- mittel auf die normale Verbreitungsstelle, als wenn man es auf den Stamm des Nerven anwendet. Pag. 140.
Die Beweise für die erste dieser Angaben hat E. H. Weber geliefert, zu den be- merkenswerthesten, unter seinen auf unsern Gegenstand bezüglichen Versuchen dürfte der gehören, dass eine Flüssigkeit, deren Temperatur + 48° oder + 12° C angenähert ist, nur dann Schmerzen erzeugt, wenn man die ganze Hand in sie taucht, während beim Eintauchen nur eines Fingers kein Schmerz entsteht. — Die zweite Behauptung ist aus der Thatsache abstrahirt, dass chemische und mechani- sche Erregungsmittel, welche man auf den ganzen plexus ischiadicus des Frosches anwendet, weniger auffallende Reflexbewegungen erzeugen, als wenn man sie be- schränkt auf die Schwimmhaut anwendet. — Von dem Einfluss, den die Verbreitung des Nerven auf sein Vermögen Schmerzempfindung zu wecken, äussert, lässt man auch die Erscheinung abhängig sein, dass dieselben Erregungsmittel an manchen Hautstellen Schmerz erwecken, an andern nicht; es ist aber die Frage ob diese Hautstellen nicht einfach durch ihren grössern Nervenreichthum empfindlicher sind, oder etwa sich einer Lagerung erfreuen, bei welcher, trotz scheinbar gleichstarker Anwendung eines Erre- gungsmittels dasselbe in dem einen Nerven doch zu grösserer Wirksamkeit kommt als im andern. Dieses ist z. B. offenbar der Fall bei der grössern Schmerzfähigkeit einzelner Hautparthieen für die Temperatureindrücke, indem bei gleichen Wärme- graden die mit einer zarten Epidermis bedeckten Stellen leichter und intensiver schmerzen als die mit dicker Epidermis versehenen.
2. Bestimmung des schmerzenden Ortes. Die Schmerz- empfindung ist stets mit einer Ortsempfindung verknüpft; und zwar empfinden wir jedesmal den schmerzhaften Ort als einen Theil unseres Leibes. Diese Ortsangabe wird nun insbesondere bestimmt durch den in Erregung versetzten Nerven, in der Art, dass jeder Nerv eine be- stimmte Ortsempfindung erweckt, die niemals durch einen andern ge- geben werden kann. — Jeder Nerv scheint aber auch wiederum nur zur Erzeugung einer einzigen Ortsempfindung geschickt zu sein, so dass es in dieser Beziehung für die Empfindung gleichgültig ist, auf welchem Punkt seines Verlauß er von der schmerzerregenden Einwirkung getroffen wird. Dieser letzteren Angabe gemäss wird der Ort eines Angriffs sehr häufig in der Empfindung ein anderer als der des wirklichen Angriffs auf den Nerven sein; der scheinbare Ort des Angriffs, auf welchen jedesmal die Empfindung verlegt wird, ist immer derjenige der normalen peripherischen Verbreitung des Nerven.
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Bestimmung des schmerzenden Ortes.
durchschnittener Nerv erzeugt während und nach seiner Trennung
kaum einen Schmerz, den selbst schwache aber anhaltende Zerrungen
und Drücke der Haut sehr heftig erregen. —
Ausser von den Erregern und von der Erregbarkeit ist Stärke des
Schmerzes noch bedingt von der Ausbreitung und dem Orte der
Einwirkung des Erregers. — Denn a. mit der Summe der gleich-
zeitig erregten Primitivröhren wächst der Schmerz. Diese Thatsache
weist auf eine Summirung der in den einzelnen Primitivröhren vor-
kommenden Erregung durch die Empfindungsorgane hin; E. H. Weber.
— b. Derselbe Angriff auf eine gleich grosse Zahl von Primitivröhren
desselben Nerven erscheint schmerzhafter, wenn man das Erregungs-
mittel auf die normale Verbreitungsstelle, als wenn man es auf den
Stamm des Nerven anwendet. Pag. 140.
Die Beweise für die erste dieser Angaben hat E. H. Weber geliefert, zu den be-
merkenswerthesten, unter seinen auf unsern Gegenstand bezüglichen Versuchen
dürfte der gehören, dass eine Flüssigkeit, deren Temperatur + 48° oder + 12° C
angenähert ist, nur dann Schmerzen erzeugt, wenn man die ganze Hand in sie
taucht, während beim Eintauchen nur eines Fingers kein Schmerz entsteht. — Die
zweite Behauptung ist aus der Thatsache abstrahirt, dass chemische und mechani-
sche Erregungsmittel, welche man auf den ganzen plexus ischiadicus des Frosches
anwendet, weniger auffallende Reflexbewegungen erzeugen, als wenn man sie be-
schränkt auf die Schwimmhaut anwendet. — Von dem Einfluss, den die Verbreitung
des Nerven auf sein Vermögen Schmerzempfindung zu wecken, äussert, lässt man auch
die Erscheinung abhängig sein, dass dieselben Erregungsmittel an manchen Hautstellen
Schmerz erwecken, an andern nicht; es ist aber die Frage ob diese Hautstellen nicht
einfach durch ihren grössern Nervenreichthum empfindlicher sind, oder etwa sich einer
Lagerung erfreuen, bei welcher, trotz scheinbar gleichstarker Anwendung eines Erre-
gungsmittels dasselbe in dem einen Nerven doch zu grösserer Wirksamkeit kommt
als im andern. Dieses ist z. B. offenbar der Fall bei der grössern Schmerzfähigkeit
einzelner Hautparthieen für die Temperatureindrücke, indem bei gleichen Wärme-
graden die mit einer zarten Epidermis bedeckten Stellen leichter und intensiver
schmerzen als die mit dicker Epidermis versehenen.
2. Bestimmung des schmerzenden Ortes. Die Schmerz-
empfindung ist stets mit einer Ortsempfindung verknüpft; und zwar
empfinden wir jedesmal den schmerzhaften Ort als einen Theil unseres
Leibes. Diese Ortsangabe wird nun insbesondere bestimmt durch den
in Erregung versetzten Nerven, in der Art, dass jeder Nerv eine be-
stimmte Ortsempfindung erweckt, die niemals durch einen andern ge-
geben werden kann. — Jeder Nerv scheint aber auch wiederum nur
zur Erzeugung einer einzigen Ortsempfindung geschickt zu sein,
so dass es in dieser Beziehung für die Empfindung gleichgültig ist,
auf welchem Punkt seines Verlauß er von der schmerzerregenden
Einwirkung getroffen wird. Dieser letzteren Angabe gemäss wird
der Ort eines Angriffs sehr häufig in der Empfindung ein anderer als der
des wirklichen Angriffs auf den Nerven sein; der scheinbare Ort
des Angriffs, auf welchen jedesmal die Empfindung verlegt wird, ist
immer derjenige der normalen peripherischen Verbreitung des Nerven.
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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/314>, abgerufen am 22.11.2024.
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