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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Thränenapparat. Entoptische Erscheinungen.
tensiver Lichteindruck auf die Retina geschieht oder wegen mangelhaf-
ter Wirkung des Accommodationsapparates Zerstreuungsbilder auf der
Retina auftreten. -- Bemerkenswerth erscheint es nach den Unter-
suchungen von Bell *) dass mit dem Schliessen der Augenlider eine
unwillkürliche Bewegung des bulbus nach oben und innen erfolgt. --
Die Behaarung der Augenlidränder durch die sogenannten Cilien stellt
einen feinen Fühlapparat (Tasthaare) dar, auf deren Berührung das
Auge ebenfalls geschlossen wird, um mechanische Insulte zu verhüten.

3. Der Thränenapparat. Aus der Thränendrüse wird unter das
obere Augenlid aus mehreren punktförmigen Oeffnungen eine sehr
schwach salzige Flüssigkeit entleert, welche sich durch Capil-
larität und durch den Augenlidschlag über die vordere Fläche des
Auges verbreitet, sie stets befeuchtet (wodurch sie die Augenhäute
vor Verdunstung schützt und wäscht) und endlich gegen den inneren
Augenwinkel in den sog. Thränensee abfliesst. Während des Augen-
lidschlusses läuft sie nach diesem Raume hin durch den dreieckigen
Kanal der Augenlider. Ihr Ueberlaufen über die Augenlidränder wird in-
sofern die Thränen nicht massenhaft abgesondert werden, durch das fet-
tige Sekret der Meibom'schen Drüsen verhindert. Aus dem Thränensee
wird die Flüssigkeit durch die capillaren, wegen ihrer steifen Umge-
bung stets offen erhaltenen Mündungen der Thränenröhrchen aufge-
sogen und von da durch den Thränenkanal in die Nase geführt, wo
schliesslich ihr Wasser in Folge der durch das Athmen eingeführten
Luftströme verdunstet. Der Abfluss durch den Thränenkanal geschieht
wohl durch Fortkriechen der Flüssigkeit an den benetzbaren abschüs-
sig gelegenen Wandungen.

Anhang. Entoptische Erscheinungen **).

Die brechenden Medien des Auges enthalten Gebilde von ver-
schiedener Durchsichtigkeit; darum beleuchtet ein Lichtbüschel, wel-
cher mit parallelen Strahlen durch dieselben tritt, nicht allerwärts die
Retina gleich stark; aus der Stärke und Form der herbeigeführten Ver-
dunkelung kann man natürlich unmittelbar auf die Form und den Grad
der Undurchsichtigkeit der verdunkelnden Körper schliessen.

Um diese letztern der Retina sichtbar zu machen, hält man in der
vordern Brennebene des Auges einen dunklen Schirm in welchen man
eine 1/10 M. M. im Durchmesser haltende Oeffnung gebohrt hat; durch
den hier austretenden Lichtbüschel wird auf der Retina ein Zerstreu-
ungskreis gebildet, welcher der Pupillenöffnung entspricht.

*) Bei Tourtual in Müllers Archiv 1838. 323.
**) Listing, Beitrag zur physiologischen Optik. Göttingen 1845. F. C. Donders Beitrag zur
Bestimmung des Sitzes der entoptisch wahrnehmbaren Gegenstände im Auge. Archiv für
physiol. Heilkunde VIII. 30. ein Auszug aus einer grösseren Abhandlung in Nederlandsch
Lancet. II. 558.

Thränenapparat. Entoptische Erscheinungen.
tensiver Lichteindruck auf die Retina geschieht oder wegen mangelhaf-
ter Wirkung des Accommodationsapparates Zerstreuungsbilder auf der
Retina auftreten. — Bemerkenswerth erscheint es nach den Unter-
suchungen von Bell *) dass mit dem Schliessen der Augenlider eine
unwillkürliche Bewegung des bulbus nach oben und innen erfolgt. —
Die Behaarung der Augenlidränder durch die sogenannten Cilien stellt
einen feinen Fühlapparat (Tasthaare) dar, auf deren Berührung das
Auge ebenfalls geschlossen wird, um mechanische Insulte zu verhüten.

3. Der Thränenapparat. Aus der Thränendrüse wird unter das
obere Augenlid aus mehreren punktförmigen Oeffnungen eine sehr
schwach salzige Flüssigkeit entleert, welche sich durch Capil-
larität und durch den Augenlidschlag über die vordere Fläche des
Auges verbreitet, sie stets befeuchtet (wodurch sie die Augenhäute
vor Verdunstung schützt und wäscht) und endlich gegen den inneren
Augenwinkel in den sog. Thränensee abfliesst. Während des Augen-
lidschlusses läuft sie nach diesem Raume hin durch den dreieckigen
Kanal der Augenlider. Ihr Ueberlaufen über die Augenlidränder wird in-
sofern die Thränen nicht massenhaft abgesondert werden, durch das fet-
tige Sekret der Meibom’schen Drüsen verhindert. Aus dem Thränensee
wird die Flüssigkeit durch die capillaren, wegen ihrer steifen Umge-
bung stets offen erhaltenen Mündungen der Thränenröhrchen aufge-
sogen und von da durch den Thränenkanal in die Nase geführt, wo
schliesslich ihr Wasser in Folge der durch das Athmen eingeführten
Luftströme verdunstet. Der Abfluss durch den Thränenkanal geschieht
wohl durch Fortkriechen der Flüssigkeit an den benetzbaren abschüs-
sig gelegenen Wandungen.

Anhang. Entoptische Erscheinungen **).

Die brechenden Medien des Auges enthalten Gebilde von ver-
schiedener Durchsichtigkeit; darum beleuchtet ein Lichtbüschel, wel-
cher mit parallelen Strahlen durch dieselben tritt, nicht allerwärts die
Retina gleich stark; aus der Stärke und Form der herbeigeführten Ver-
dunkelung kann man natürlich unmittelbar auf die Form und den Grad
der Undurchsichtigkeit der verdunkelnden Körper schliessen.

Um diese letztern der Retina sichtbar zu machen, hält man in der
vordern Brennebene des Auges einen dunklen Schirm in welchen man
eine 1/10 M. M. im Durchmesser haltende Oeffnung gebohrt hat; durch
den hier austretenden Lichtbüschel wird auf der Retina ein Zerstreu-
ungskreis gebildet, welcher der Pupillenöffnung entspricht.

*) Bei Tourtual in Müllers Archiv 1838. 323.
**) Listing, Beitrag zur physiologischen Optik. Göttingen 1845. F. C. Donders Beitrag zur
Bestimmung des Sitzes der entoptisch wahrnehmbaren Gegenstände im Auge. Archiv für
physiol. Heilkunde VIII. 30. ein Auszug aus einer grösseren Abhandlung in Nederlandsch
Lancet. II. 558.
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[261/0275] Thränenapparat. Entoptische Erscheinungen. tensiver Lichteindruck auf die Retina geschieht oder wegen mangelhaf- ter Wirkung des Accommodationsapparates Zerstreuungsbilder auf der Retina auftreten. — Bemerkenswerth erscheint es nach den Unter- suchungen von Bell *) dass mit dem Schliessen der Augenlider eine unwillkürliche Bewegung des bulbus nach oben und innen erfolgt. — Die Behaarung der Augenlidränder durch die sogenannten Cilien stellt einen feinen Fühlapparat (Tasthaare) dar, auf deren Berührung das Auge ebenfalls geschlossen wird, um mechanische Insulte zu verhüten. 3. Der Thränenapparat. Aus der Thränendrüse wird unter das obere Augenlid aus mehreren punktförmigen Oeffnungen eine sehr schwach salzige Flüssigkeit entleert, welche sich durch Capil- larität und durch den Augenlidschlag über die vordere Fläche des Auges verbreitet, sie stets befeuchtet (wodurch sie die Augenhäute vor Verdunstung schützt und wäscht) und endlich gegen den inneren Augenwinkel in den sog. Thränensee abfliesst. Während des Augen- lidschlusses läuft sie nach diesem Raume hin durch den dreieckigen Kanal der Augenlider. Ihr Ueberlaufen über die Augenlidränder wird in- sofern die Thränen nicht massenhaft abgesondert werden, durch das fet- tige Sekret der Meibom’schen Drüsen verhindert. Aus dem Thränensee wird die Flüssigkeit durch die capillaren, wegen ihrer steifen Umge- bung stets offen erhaltenen Mündungen der Thränenröhrchen aufge- sogen und von da durch den Thränenkanal in die Nase geführt, wo schliesslich ihr Wasser in Folge der durch das Athmen eingeführten Luftströme verdunstet. Der Abfluss durch den Thränenkanal geschieht wohl durch Fortkriechen der Flüssigkeit an den benetzbaren abschüs- sig gelegenen Wandungen. Anhang. Entoptische Erscheinungen **). Die brechenden Medien des Auges enthalten Gebilde von ver- schiedener Durchsichtigkeit; darum beleuchtet ein Lichtbüschel, wel- cher mit parallelen Strahlen durch dieselben tritt, nicht allerwärts die Retina gleich stark; aus der Stärke und Form der herbeigeführten Ver- dunkelung kann man natürlich unmittelbar auf die Form und den Grad der Undurchsichtigkeit der verdunkelnden Körper schliessen. Um diese letztern der Retina sichtbar zu machen, hält man in der vordern Brennebene des Auges einen dunklen Schirm in welchen man eine 1/10 M. M. im Durchmesser haltende Oeffnung gebohrt hat; durch den hier austretenden Lichtbüschel wird auf der Retina ein Zerstreu- ungskreis gebildet, welcher der Pupillenöffnung entspricht. *) Bei Tourtual in Müllers Archiv 1838. 323. **) Listing, Beitrag zur physiologischen Optik. Göttingen 1845. F. C. Donders Beitrag zur Bestimmung des Sitzes der entoptisch wahrnehmbaren Gegenstände im Auge. Archiv für physiol. Heilkunde VIII. 30. ein Auszug aus einer grösseren Abhandlung in Nederlandsch Lancet. II. 558.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/275>, abgerufen am 24.11.2024.