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Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852.

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Sehen in verschiedene Fernen.
[Abbildung] Fig. 46.
sultaten dürfte es führen,
wenn man (Fig. 46) in die
Verlängerung der Sehachse
S S in verschiedener Entfern-
ung die Mittelpunkte zweier
kleinen symmetrischen und
sich ähnlichen Körper A' A
und B' B brächte, so dass sie
sich im Auge decken; offen-
bar würden dann die Punkte
A und B und ebenso A' und B' dieselben Richtungsstrahlen besitzen, deren Richtung
durch die Punkte A B und A' B' angegeben würden. Hätte man dann den Abstand
E C, nämlich den des Mittelpunktes unseres ersten Körpers von der höchsten Erha-
benheit der Cornea, ferner die Entfernung E D, und die Grösse A D und E B gemes-
sen, so würde man durch einfache Proportionsrechnung den Schnittpunkt der
Richtungsstrahlen K und zugleich dessen Lage im Auge bestimmen können.

4. Feststellung der hintern Brennfläche bei wechselnder Diver-
genz der in das Auge fallenden Strahlen. Sehen in verschiedene Fer-
nen; Einrichtung des Auges.

Mit der Entfernung des Leuchtpunktes von den Grenzflächen
eines Linsensystems wechselt bekanntlich der Ort des Vereinigungs-
punktes hinter der Linse, oder was dasselbe der Ort des deutlichen
Bildes, welches hinter der Linse von einem vor ihr liegenden Ge-
genstand entworfen wird. Wäre also das Problem zu lösen, trotz
wechselnder Entfernung des Gegenstandes, den Abstand des Bildes
von dem Linsensystem beständig zu erhalten, so würde dieses nur
möglich sein, indem man die brechenden Eigenschaften der Linsen
änderte in der Art, dass mit steigender Näherung die Brechkräfte
der Linsen im Zunehmen begriffen wären.

Dieses Verhalten ist nun auch eine Eigenschaft des physiologi-
schen Linsensystemes des Auges, welche durch ein eben so einfaches
als geistreich erdachtes Mittel, den Augenspiegel von Helmholtz, *)
zu Jedermanns Anschauung gebracht werden kann. Mittelst dieses
Spiegels ist man nach geringer Uebung im Stande die Retina eines
andern lebenden Menschen genau zu betrachten, und sowohl die ihr
zugehörigen Formen als auch unter günstigen Umständen die auf ihr
entworfenen Bilder äusserer Gegenstände scharf aufzufassen. Führt
man nun die Betrachtung einer lebenden Retina mit Berücksichtigung
der auf ihr entworfenen Bilder äusserer Gegenstände aus, so gewahrt
man, dass wenn ein Objekt, welches vor dem Auge sich findet, auf
der Retina scharf erscheint jedes ferner oder näher liegende sich
nicht deutlich abbildet. Zugleich aber ergibt sich, dass es dem Auge
möglich wird zu verschiedenen Zeiten auf dieselben Stellen der Seh-
haut Gegenstände sehr verschiedener Entfernung genau abzubilden;
hierbei tritt aber der wohl zu merkende Umstand ein, dass das ursprüng-
lich deutliche Bild seine Schärfe verliert, so wie das Bild eines entfern-

*) Helmholtz, Beschreibung eines Augenspiegels. Berlin 1851.

Sehen in verschiedene Fernen.
[Abbildung] Fig. 46.
sultaten dürfte es führen,
wenn man (Fig. 46) in die
Verlängerung der Sehachse
S S in verschiedener Entfern-
ung die Mittelpunkte zweier
kleinen symmetrischen und
sich ähnlichen Körper A′ A
und B′ B brächte, so dass sie
sich im Auge decken; offen-
bar würden dann die Punkte
A und B und ebenso A′ und B′ dieselben Richtungsstrahlen besitzen, deren Richtung
durch die Punkte A B und A′ B′ angegeben würden. Hätte man dann den Abstand
E C, nämlich den des Mittelpunktes unseres ersten Körpers von der höchsten Erha-
benheit der Cornea, ferner die Entfernung E D, und die Grösse A D und E B gemes-
sen, so würde man durch einfache Proportionsrechnung den Schnittpunkt der
Richtungsstrahlen K und zugleich dessen Lage im Auge bestimmen können.

4. Feststellung der hintern Brennfläche bei wechselnder Diver-
genz der in das Auge fallenden Strahlen. Sehen in verschiedene Fer-
nen; Einrichtung des Auges.

Mit der Entfernung des Leuchtpunktes von den Grenzflächen
eines Linsensystems wechselt bekanntlich der Ort des Vereinigungs-
punktes hinter der Linse, oder was dasselbe der Ort des deutlichen
Bildes, welches hinter der Linse von einem vor ihr liegenden Ge-
genstand entworfen wird. Wäre also das Problem zu lösen, trotz
wechselnder Entfernung des Gegenstandes, den Abstand des Bildes
von dem Linsensystem beständig zu erhalten, so würde dieses nur
möglich sein, indem man die brechenden Eigenschaften der Linsen
änderte in der Art, dass mit steigender Näherung die Brechkräfte
der Linsen im Zunehmen begriffen wären.

Dieses Verhalten ist nun auch eine Eigenschaft des physiologi-
schen Linsensystemes des Auges, welche durch ein eben so einfaches
als geistreich erdachtes Mittel, den Augenspiegel von Helmholtz, *)
zu Jedermanns Anschauung gebracht werden kann. Mittelst dieses
Spiegels ist man nach geringer Uebung im Stande die Retina eines
andern lebenden Menschen genau zu betrachten, und sowohl die ihr
zugehörigen Formen als auch unter günstigen Umständen die auf ihr
entworfenen Bilder äusserer Gegenstände scharf aufzufassen. Führt
man nun die Betrachtung einer lebenden Retina mit Berücksichtigung
der auf ihr entworfenen Bilder äusserer Gegenstände aus, so gewahrt
man, dass wenn ein Objekt, welches vor dem Auge sich findet, auf
der Retina scharf erscheint jedes ferner oder näher liegende sich
nicht deutlich abbildet. Zugleich aber ergibt sich, dass es dem Auge
möglich wird zu verschiedenen Zeiten auf dieselben Stellen der Seh-
haut Gegenstände sehr verschiedener Entfernung genau abzubilden;
hierbei tritt aber der wohl zu merkende Umstand ein, dass das ursprüng-
lich deutliche Bild seine Schärfe verliert, so wie das Bild eines entfern-

*) Helmholtz, Beschreibung eines Augenspiegels. Berlin 1851.
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[206/0220] Sehen in verschiedene Fernen. [Abbildung Fig. 46.] sultaten dürfte es führen, wenn man (Fig. 46) in die Verlängerung der Sehachse S S in verschiedener Entfern- ung die Mittelpunkte zweier kleinen symmetrischen und sich ähnlichen Körper A′ A und B′ B brächte, so dass sie sich im Auge decken; offen- bar würden dann die Punkte A und B und ebenso A′ und B′ dieselben Richtungsstrahlen besitzen, deren Richtung durch die Punkte A B und A′ B′ angegeben würden. Hätte man dann den Abstand E C, nämlich den des Mittelpunktes unseres ersten Körpers von der höchsten Erha- benheit der Cornea, ferner die Entfernung E D, und die Grösse A D und E B gemes- sen, so würde man durch einfache Proportionsrechnung den Schnittpunkt der Richtungsstrahlen K und zugleich dessen Lage im Auge bestimmen können. 4. Feststellung der hintern Brennfläche bei wechselnder Diver- genz der in das Auge fallenden Strahlen. Sehen in verschiedene Fer- nen; Einrichtung des Auges. Mit der Entfernung des Leuchtpunktes von den Grenzflächen eines Linsensystems wechselt bekanntlich der Ort des Vereinigungs- punktes hinter der Linse, oder was dasselbe der Ort des deutlichen Bildes, welches hinter der Linse von einem vor ihr liegenden Ge- genstand entworfen wird. Wäre also das Problem zu lösen, trotz wechselnder Entfernung des Gegenstandes, den Abstand des Bildes von dem Linsensystem beständig zu erhalten, so würde dieses nur möglich sein, indem man die brechenden Eigenschaften der Linsen änderte in der Art, dass mit steigender Näherung die Brechkräfte der Linsen im Zunehmen begriffen wären. Dieses Verhalten ist nun auch eine Eigenschaft des physiologi- schen Linsensystemes des Auges, welche durch ein eben so einfaches als geistreich erdachtes Mittel, den Augenspiegel von Helmholtz, *) zu Jedermanns Anschauung gebracht werden kann. Mittelst dieses Spiegels ist man nach geringer Uebung im Stande die Retina eines andern lebenden Menschen genau zu betrachten, und sowohl die ihr zugehörigen Formen als auch unter günstigen Umständen die auf ihr entworfenen Bilder äusserer Gegenstände scharf aufzufassen. Führt man nun die Betrachtung einer lebenden Retina mit Berücksichtigung der auf ihr entworfenen Bilder äusserer Gegenstände aus, so gewahrt man, dass wenn ein Objekt, welches vor dem Auge sich findet, auf der Retina scharf erscheint jedes ferner oder näher liegende sich nicht deutlich abbildet. Zugleich aber ergibt sich, dass es dem Auge möglich wird zu verschiedenen Zeiten auf dieselben Stellen der Seh- haut Gegenstände sehr verschiedener Entfernung genau abzubilden; hierbei tritt aber der wohl zu merkende Umstand ein, dass das ursprüng- lich deutliche Bild seine Schärfe verliert, so wie das Bild eines entfern- *) Helmholtz, Beschreibung eines Augenspiegels. Berlin 1851.

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Zitationshilfe: Ludwig, Carl: Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 1. Heidelberg, 1852, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_physiologie01_1852/220>, abgerufen am 23.11.2024.