abwartend, der sich merken ließ, er wisse das, was sie zehn andere ähnliche Gruppen bilden sahn. Dort ver¬ kündete es Einer im schnellen Vorübereilen. Und im¬ mer begann es mit einem: "Wißt Ihr schon?", das oft von einem: "Aber was ist denn geschehn?" heraus¬ gefordert war. Herr Nettenmair brauchte nicht zu fragen; er wußte, ohne daß es ihm Einer zu sagen brauchte, was geschehen war. Aber er durfte sich nicht merken lassen, daß er's wußte, daß man eigentlich ihn hätte fragen müssen; nicht allein, wollte man wissen, was geschehen war; auch das Wie und Wodurch und das Warum. Der Blechschmiedegeselle meinte, Herr Nettenmair wollte an ihm niedersinken, aber der alte Herr hatte sich nur an den Fuß gestoßen, "es hatte nichts zu sagen." Der Gesell fragte einen Vorüber¬ eilenden. "Ein Schieferdecker ist verunglückt in Bram¬ bach. ""Wie denn?"" fragte der Gesell. "Ein Seil ist zerrissen. Weiter weiß man noch nichts." Herr Nettenmair fühlte, wie der Gesell erschrack, und daß er über dem Gedanken erschrack, der Sohn des Man¬ nes war verunglückt, den er führte. Er sagte: "Es wird in Tambach gewesen sein. Die Leute haben falsch gehört. Es hat nichts zu sagen." Der Gesell wußte nicht, was er von der Gleichgültigkeit des Herrn Net¬ tenmair denken sollte. Der sagte zu sich, indem das brennende Roth auf seine Wangen trat: "Ja, es muß sein. Es muß nun sein." Er dachte daran, es gab
abwartend, der ſich merken ließ, er wiſſe das, was ſie zehn andere ähnliche Gruppen bilden ſahn. Dort ver¬ kündete es Einer im ſchnellen Vorübereilen. Und im¬ mer begann es mit einem: „Wißt Ihr ſchon?“, das oft von einem: „Aber was iſt denn geſchehn?“ heraus¬ gefordert war. Herr Nettenmair brauchte nicht zu fragen; er wußte, ohne daß es ihm Einer zu ſagen brauchte, was geſchehen war. Aber er durfte ſich nicht merken laſſen, daß er's wußte, daß man eigentlich ihn hätte fragen müſſen; nicht allein, wollte man wiſſen, was geſchehen war; auch das Wie und Wodurch und das Warum. Der Blechſchmiedegeſelle meinte, Herr Nettenmair wollte an ihm niederſinken, aber der alte Herr hatte ſich nur an den Fuß geſtoßen, „es hatte nichts zu ſagen.“ Der Geſell fragte einen Vorüber¬ eilenden. „Ein Schieferdecker iſt verunglückt in Bram¬ bach. „„Wie denn?““ fragte der Geſell. „Ein Seil iſt zerriſſen. Weiter weiß man noch nichts.“ Herr Nettenmair fühlte, wie der Geſell erſchrack, und daß er über dem Gedanken erſchrack, der Sohn des Man¬ nes war verunglückt, den er führte. Er ſagte: „Es wird in Tambach geweſen ſein. Die Leute haben falſch gehört. Es hat nichts zu ſagen.“ Der Geſell wußte nicht, was er von der Gleichgültigkeit des Herrn Net¬ tenmair denken ſollte. Der ſagte zu ſich, indem das brennende Roth auf ſeine Wangen trat: „Ja, es muß ſein. Es muß nun ſein.“ Er dachte daran, es gab
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0216"n="207"/>
abwartend, der ſich merken ließ, er wiſſe das, was ſie<lb/>
zehn andere ähnliche Gruppen bilden ſahn. Dort ver¬<lb/>
kündete es Einer im ſchnellen Vorübereilen. Und im¬<lb/>
mer begann es mit einem: „Wißt Ihr ſchon?“, das<lb/>
oft von einem: „Aber was iſt denn geſchehn?“ heraus¬<lb/>
gefordert war. Herr Nettenmair brauchte nicht zu<lb/>
fragen; er wußte, ohne daß es ihm Einer zu ſagen<lb/>
brauchte, was geſchehen war. Aber er durfte ſich nicht<lb/>
merken laſſen, daß er's wußte, daß man eigentlich ihn<lb/>
hätte fragen müſſen; nicht allein, wollte man wiſſen,<lb/>
was geſchehen war; auch das Wie und Wodurch und<lb/>
das Warum. Der Blechſchmiedegeſelle meinte, Herr<lb/>
Nettenmair wollte an ihm niederſinken, aber der alte<lb/>
Herr hatte ſich nur an den Fuß geſtoßen, „es hatte<lb/>
nichts zu ſagen.“ Der Geſell fragte einen Vorüber¬<lb/>
eilenden. „Ein Schieferdecker iſt verunglückt in Bram¬<lb/>
bach. „„Wie denn?““ fragte der Geſell. „Ein Seil<lb/>
iſt zerriſſen. Weiter weiß man noch nichts.“ Herr<lb/>
Nettenmair fühlte, wie der Geſell erſchrack, und daß<lb/>
er über dem Gedanken erſchrack, der Sohn des Man¬<lb/>
nes war verunglückt, den er führte. Er ſagte: „Es<lb/>
wird in Tambach geweſen ſein. Die Leute haben falſch<lb/>
gehört. Es hat nichts zu ſagen.“ Der Geſell wußte<lb/>
nicht, was er von der Gleichgültigkeit des Herrn Net¬<lb/>
tenmair denken ſollte. Der ſagte zu ſich, indem das<lb/>
brennende Roth auf ſeine Wangen trat: „Ja, es muß<lb/>ſein. Es muß nun ſein.“ Er dachte daran, es gab<lb/></p></div></body></text></TEI>
[207/0216]
abwartend, der ſich merken ließ, er wiſſe das, was ſie
zehn andere ähnliche Gruppen bilden ſahn. Dort ver¬
kündete es Einer im ſchnellen Vorübereilen. Und im¬
mer begann es mit einem: „Wißt Ihr ſchon?“, das
oft von einem: „Aber was iſt denn geſchehn?“ heraus¬
gefordert war. Herr Nettenmair brauchte nicht zu
fragen; er wußte, ohne daß es ihm Einer zu ſagen
brauchte, was geſchehen war. Aber er durfte ſich nicht
merken laſſen, daß er's wußte, daß man eigentlich ihn
hätte fragen müſſen; nicht allein, wollte man wiſſen,
was geſchehen war; auch das Wie und Wodurch und
das Warum. Der Blechſchmiedegeſelle meinte, Herr
Nettenmair wollte an ihm niederſinken, aber der alte
Herr hatte ſich nur an den Fuß geſtoßen, „es hatte
nichts zu ſagen.“ Der Geſell fragte einen Vorüber¬
eilenden. „Ein Schieferdecker iſt verunglückt in Bram¬
bach. „„Wie denn?““ fragte der Geſell. „Ein Seil
iſt zerriſſen. Weiter weiß man noch nichts.“ Herr
Nettenmair fühlte, wie der Geſell erſchrack, und daß
er über dem Gedanken erſchrack, der Sohn des Man¬
nes war verunglückt, den er führte. Er ſagte: „Es
wird in Tambach geweſen ſein. Die Leute haben falſch
gehört. Es hat nichts zu ſagen.“ Der Geſell wußte
nicht, was er von der Gleichgültigkeit des Herrn Net¬
tenmair denken ſollte. Der ſagte zu ſich, indem das
brennende Roth auf ſeine Wangen trat: „Ja, es muß
ſein. Es muß nun ſein.“ Er dachte daran, es gab
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/216>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.