Widerschein der Flamme war durch Fenster und Lucke gefallen und hatte roth von dem Stahl des Beiles und durch die Nacht des Schuppens geglänzt. Den¬ noch stand Fritz Nettenmair bebend hinter seinem Busche. Der gespenstige Schauder verließ ihn, aber nicht so schnell das Grauen über das, was er gewollt, und daß es war, als hätte ihm der Bruder noch zu seinem Werke leuchten wollen. Bald verlosch Apollonius Licht. Fritz Nettenmair konnte zurückkehren und sein Werk vollenden. Es störte ihn Niemand mehr. Er that es nicht. Aber er rückte sich wieder in seinem Hasse zu¬ recht. Er sagte sich: "so weit sollen sie ihn nicht brin¬ gen." Die Schuld des Gedankens wälzt er auf die, auf die er Alles wälzt; daß er den Gedanken nicht ausgeführt, rechnet er sich zu. Er weiß, jeder Andere an seiner Statt hätte schlimm gethan. Dann verschließt er Hinterthür und Vorlegschloß, zuletzt die Hausthür; und geht. Er will trinken, bis er nichts mehr von sich weiß. Heut hat er mehr zu vergessen, als je. Er geht. Ob er nicht wieder kommen wird? heute nicht; aber morgen, übermorgen, überübermorgen? Wenn der Gedanke seine Fremdheit für ihn verloren hat. Ge¬ wohnheit macht selbst mit dem Teufel vertraut. Dazu sollen sie ihn nicht bringen! Ob die Stunde nicht kom¬ men wird, wo er bereut, daß er sich nicht so weit brin¬ gen lassen, und sich doch noch so weit bringen läßt? Dazu, wozu jeder Andere an seiner Stelle sich hätte brin¬
Widerſchein der Flamme war durch Fenſter und Lucke gefallen und hatte roth von dem Stahl des Beiles und durch die Nacht des Schuppens geglänzt. Den¬ noch ſtand Fritz Nettenmair bebend hinter ſeinem Buſche. Der geſpenſtige Schauder verließ ihn, aber nicht ſo ſchnell das Grauen über das, was er gewollt, und daß es war, als hätte ihm der Bruder noch zu ſeinem Werke leuchten wollen. Bald verloſch Apollonius Licht. Fritz Nettenmair konnte zurückkehren und ſein Werk vollenden. Es ſtörte ihn Niemand mehr. Er that es nicht. Aber er rückte ſich wieder in ſeinem Haſſe zu¬ recht. Er ſagte ſich: „ſo weit ſollen ſie ihn nicht brin¬ gen.“ Die Schuld des Gedankens wälzt er auf die, auf die er Alles wälzt; daß er den Gedanken nicht ausgeführt, rechnet er ſich zu. Er weiß, jeder Andere an ſeiner Statt hätte ſchlimm gethan. Dann verſchließt er Hinterthür und Vorlegſchloß, zuletzt die Hausthür; und geht. Er will trinken, bis er nichts mehr von ſich weiß. Heut hat er mehr zu vergeſſen, als je. Er geht. Ob er nicht wieder kommen wird? heute nicht; aber morgen, übermorgen, überübermorgen? Wenn der Gedanke ſeine Fremdheit für ihn verloren hat. Ge¬ wohnheit macht ſelbſt mit dem Teufel vertraut. Dazu ſollen ſie ihn nicht bringen! Ob die Stunde nicht kom¬ men wird, wo er bereut, daß er ſich nicht ſo weit brin¬ gen laſſen, und ſich doch noch ſo weit bringen läßt? Dazu, wozu jeder Andere an ſeiner Stelle ſich hätte brin¬
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Widerſchein der Flamme war durch Fenſter und Lucke
gefallen und hatte roth von dem Stahl des Beiles
und durch die Nacht des Schuppens geglänzt. Den¬
noch ſtand Fritz Nettenmair bebend hinter ſeinem Buſche.
Der geſpenſtige Schauder verließ ihn, aber nicht ſo
ſchnell das Grauen über das, was er gewollt, und daß
es war, als hätte ihm der Bruder noch zu ſeinem
Werke leuchten wollen. Bald verloſch Apollonius Licht.
Fritz Nettenmair konnte zurückkehren und ſein Werk
vollenden. Es ſtörte ihn Niemand mehr. Er that es
nicht. Aber er rückte ſich wieder in ſeinem Haſſe zu¬
recht. Er ſagte ſich: „ſo weit ſollen ſie ihn nicht brin¬
gen.“ Die Schuld des Gedankens wälzt er auf die,
auf die er Alles wälzt; daß er den Gedanken nicht
ausgeführt, rechnet er ſich zu. Er weiß, jeder Andere
an ſeiner Statt hätte ſchlimm gethan. Dann verſchließt
er Hinterthür und Vorlegſchloß, zuletzt die Hausthür;
und geht. Er will trinken, bis er nichts mehr von ſich
weiß. Heut hat er mehr zu vergeſſen, als je. Er
geht. Ob er nicht wieder kommen wird? heute nicht;
aber morgen, übermorgen, überübermorgen? Wenn der
Gedanke ſeine Fremdheit für ihn verloren hat. Ge¬
wohnheit macht ſelbſt mit dem Teufel vertraut. Dazu
ſollen ſie ihn nicht bringen! Ob die Stunde nicht kom¬
men wird, wo er bereut, daß er ſich nicht ſo weit brin¬
gen laſſen, und ſich doch noch ſo weit bringen läßt?
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Ludwig, Otto: Zwischen Himmel und Erde. Frankfurt (Main), 1856, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_himmel_1856/196>, abgerufen am 04.12.2024.
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