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Ludwig, Otto: Der Erbförster. Band 1: Dramatische Werke. Leipzig, 1853.

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Der Erbförster.
der Stadt. Dem erzählst Du Alles. Er soll eine Klage
machen gegen den Stein und seinen Buchjäger und soll
sie einreichen bei den Gerichten. Vergiß nichts, Wil-
helm; daß mein Vater und mein Großvater die Stelle
hatten, daß sie mich den Erbförster heißen, das Exempel
vom Rupert in Erdmannsgrün; es wird nicht nöthig
sein, aber aus Vorsicht; daß der Forst offen liegt gegen
Mitternacht und Abend, vergiß mir nicht. Und daß der
Stein mich absetzen will, weil ich nicht als ein Schurke
an ihm handeln will. Wenn Du jetzt gehst, kannst Du
noch vor Nacht wieder heim kommen. Andres und ich
begleiten Dich bis an die Grenzschenke. Da kann Dich
der Andres Abends erwarten, wenn Du wieder kommst.

(Zu Andres, der unter den Flinten wählt.) Nimm die doppelläufige
mit dem gelben Riemen, Andres. Ich nehm' die andere.
Andres (thut es).
Mutter, ein Tuch; mich überläuft es so kalt.
Försterin (holt es aus dem Schranke).
Aber Du solltest heimbleiben, Andres, auf den Aerger.
(Hilft ihm das Tuch um den Hals binden.)
Wilkens.
Und Er sieht nicht, daß Er absolut Unrecht behalten
muß? Er ist mit sehenden Augen blind?
Pastor.
Des Absetzens wegen wollen Sie klagen? Das können
Sie nicht.
Ludwig, dram. Werke. I. 6
Der Erbförſter.
der Stadt. Dem erzählſt Du Alles. Er ſoll eine Klage
machen gegen den Stein und ſeinen Buchjäger und ſoll
ſie einreichen bei den Gerichten. Vergiß nichts, Wil-
helm; daß mein Vater und mein Großvater die Stelle
hatten, daß ſie mich den Erbförſter heißen, das Exempel
vom Rupert in Erdmannsgrün; es wird nicht nöthig
ſein, aber aus Vorſicht; daß der Forſt offen liegt gegen
Mitternacht und Abend, vergiß mir nicht. Und daß der
Stein mich abſetzen will, weil ich nicht als ein Schurke
an ihm handeln will. Wenn Du jetzt gehſt, kannſt Du
noch vor Nacht wieder heim kommen. Andres und ich
begleiten Dich bis an die Grenzſchenke. Da kann Dich
der Andres Abends erwarten, wenn Du wieder kommſt.

(Zu Andres, der unter den Flinten wählt.) Nimm die doppelläufige
mit dem gelben Riemen, Andres. Ich nehm’ die andere.
Andres (thut es).
Mutter, ein Tuch; mich überläuft es ſo kalt.
Förſterin (holt es aus dem Schranke).
Aber Du ſollteſt heimbleiben, Andres, auf den Aerger.
(Hilft ihm das Tuch um den Hals binden.)
Wilkens.
Und Er ſieht nicht, daß Er abſolut Unrecht behalten
muß? Er iſt mit ſehenden Augen blind?
Paſtor.
Des Abſetzens wegen wollen Sie klagen? Das können
Sie nicht.
Ludwig, dram. Werke. I. 6
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[81/0095] Der Erbförſter. der Stadt. Dem erzählſt Du Alles. Er ſoll eine Klage machen gegen den Stein und ſeinen Buchjäger und ſoll ſie einreichen bei den Gerichten. Vergiß nichts, Wil- helm; daß mein Vater und mein Großvater die Stelle hatten, daß ſie mich den Erbförſter heißen, das Exempel vom Rupert in Erdmannsgrün; es wird nicht nöthig ſein, aber aus Vorſicht; daß der Forſt offen liegt gegen Mitternacht und Abend, vergiß mir nicht. Und daß der Stein mich abſetzen will, weil ich nicht als ein Schurke an ihm handeln will. Wenn Du jetzt gehſt, kannſt Du noch vor Nacht wieder heim kommen. Andres und ich begleiten Dich bis an die Grenzſchenke. Da kann Dich der Andres Abends erwarten, wenn Du wieder kommſt. (Zu Andres, der unter den Flinten wählt.) Nimm die doppelläufige mit dem gelben Riemen, Andres. Ich nehm’ die andere. Andres (thut es). Mutter, ein Tuch; mich überläuft es ſo kalt. Förſterin (holt es aus dem Schranke). Aber Du ſollteſt heimbleiben, Andres, auf den Aerger. (Hilft ihm das Tuch um den Hals binden.) Wilkens. Und Er ſieht nicht, daß Er abſolut Unrecht behalten muß? Er iſt mit ſehenden Augen blind? Paſtor. Des Abſetzens wegen wollen Sie klagen? Das können Sie nicht. Ludwig, dram. Werke. I. 6

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Zitationshilfe: Ludwig, Otto: Der Erbförster. Band 1: Dramatische Werke. Leipzig, 1853, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludwig_erbfoerster_1853/95>, abgerufen am 28.04.2024.