Ludwig, Otto: Der Erbförster. Band 1: Dramatische Werke. Leipzig, 1853.Der Erbförster. Frei. Noch eins, Wirth! (Gibt dem sein Glas.) Lindenschmied (in sich verloren, allein im Vordergrund). Sechsmal lief ich hinaus, wo er vorbei kommen sollte; aber er kam mir nicht. Damals war das Ge- wissen noch Mode. Da dacht' ich: jetzt soll's nicht sein, und verschob's, wenn er mir einmal von selber käme, so daß ich seh'n müßte, es sollte sein. Nächte lang hat's mich gewürgt wie der Alp und von meinem Blut gezehrt, daß ich nicht an ihn sollte, und jetzt -- ha ha ha (lacht krampfhaft kurz, weckt sich damit aus seinen Gedanken und sieht sich be- treten um). Frei. Habt Ihr gelacht, Lindenschmied? Lindenschmied. Weiß nicht, ob ich's war. Frei. Ihr habt eine kuriose Lache. Geht Ihr mit, Linden- schmied? In's Herzogliche? Lindenschmied (schlägt ihn auf die Schulter). Mann, jetzt ist Freiheit! Hab' meinen eig'nen Weg. Frei. Meinetwegen! (Tritt in den Hintergrund zum Wirth). Was hab' ich zu zahlen zu guter Letzt? Hier; gebt heraus. Wirth. Da sind drei, vier -- Der Erbförſter. Frei. Noch eins, Wirth! (Gibt dem ſein Glas.) Lindenſchmied (in ſich verloren, allein im Vordergrund). Sechsmal lief ich hinaus, wo er vorbei kommen ſollte; aber er kam mir nicht. Damals war das Ge- wiſſen noch Mode. Da dacht’ ich: jetzt ſoll’s nicht ſein, und verſchob’s, wenn er mir einmal von ſelber käme, ſo daß ich ſeh’n müßte, es ſollte ſein. Nächte lang hat’s mich gewürgt wie der Alp und von meinem Blut gezehrt, daß ich nicht an ihn ſollte, und jetzt — ha ha ha (lacht krampfhaft kurz, weckt ſich damit aus ſeinen Gedanken und ſieht ſich be- treten um). Frei. Habt Ihr gelacht, Lindenſchmied? Lindenſchmied. Weiß nicht, ob ich’s war. Frei. Ihr habt eine kurioſe Lache. Geht Ihr mit, Linden- ſchmied? In’s Herzogliche? Lindenſchmied (ſchlägt ihn auf die Schulter). Mann, jetzt iſt Freiheit! Hab’ meinen eig’nen Weg. Frei. Meinetwegen! (Tritt in den Hintergrund zum Wirth). Was hab’ ich zu zahlen zu guter Letzt? Hier; gebt heraus. Wirth. Da ſind drei, vier — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0106" n="92"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der Erbförſter</hi>.</fw><lb/> <sp who="#FRE"> <speaker> <hi rendition="#b">Frei.</hi> </speaker><lb/> <p>Noch eins, Wirth!</p> <stage>(Gibt dem ſein Glas.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#LIN"> <speaker> <hi rendition="#b">Lindenſchmied</hi> </speaker> <stage>(in ſich verloren, allein im Vordergrund).</stage><lb/> <p>Sechsmal lief ich hinaus, wo er vorbei kommen<lb/> ſollte; aber er kam mir nicht. Damals war das Ge-<lb/> wiſſen noch Mode. Da dacht’ ich: jetzt ſoll’s nicht ſein,<lb/> und verſchob’s, wenn er mir einmal von ſelber käme,<lb/> ſo daß ich ſeh’n müßte, es ſollte ſein. Nächte lang hat’s<lb/> mich gewürgt wie der Alp und von meinem Blut gezehrt,<lb/> daß ich nicht an ihn ſollte, und jetzt — ha ha ha</p> <stage>(lacht<lb/> krampfhaft kurz, weckt ſich damit aus ſeinen Gedanken und ſieht ſich be-<lb/> treten um).</stage> </sp><lb/> <sp who="#FRE"> <speaker> <hi rendition="#b">Frei.</hi> </speaker><lb/> <p>Habt Ihr gelacht, Lindenſchmied?</p> </sp><lb/> <sp who="#LIN"> <speaker> <hi rendition="#b">Lindenſchmied.</hi> </speaker><lb/> <p>Weiß nicht, ob ich’s war.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRE"> <speaker> <hi rendition="#b">Frei.</hi> </speaker><lb/> <p>Ihr habt eine kurioſe Lache. Geht Ihr mit, Linden-<lb/> ſchmied? In’s Herzogliche?</p> </sp><lb/> <sp who="#LIN"> <speaker> <hi rendition="#b">Lindenſchmied</hi> </speaker> <stage>(ſchlägt ihn auf die Schulter).</stage><lb/> <p>Mann, jetzt iſt Freiheit! Hab’ meinen eig’nen Weg.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRE"> <speaker> <hi rendition="#b">Frei.</hi> </speaker><lb/> <p>Meinetwegen!</p> <stage>(Tritt in den Hintergrund zum Wirth).</stage> <p>Was<lb/> hab’ ich zu zahlen zu guter Letzt? Hier; gebt heraus.</p> </sp><lb/> <sp who="#WIRT"> <speaker> <hi rendition="#b">Wirth.</hi> </speaker><lb/> <p>Da ſind drei, vier —</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0106]
Der Erbförſter.
Frei.
Noch eins, Wirth! (Gibt dem ſein Glas.)
Lindenſchmied (in ſich verloren, allein im Vordergrund).
Sechsmal lief ich hinaus, wo er vorbei kommen
ſollte; aber er kam mir nicht. Damals war das Ge-
wiſſen noch Mode. Da dacht’ ich: jetzt ſoll’s nicht ſein,
und verſchob’s, wenn er mir einmal von ſelber käme,
ſo daß ich ſeh’n müßte, es ſollte ſein. Nächte lang hat’s
mich gewürgt wie der Alp und von meinem Blut gezehrt,
daß ich nicht an ihn ſollte, und jetzt — ha ha ha (lacht
krampfhaft kurz, weckt ſich damit aus ſeinen Gedanken und ſieht ſich be-
treten um).
Frei.
Habt Ihr gelacht, Lindenſchmied?
Lindenſchmied.
Weiß nicht, ob ich’s war.
Frei.
Ihr habt eine kurioſe Lache. Geht Ihr mit, Linden-
ſchmied? In’s Herzogliche?
Lindenſchmied (ſchlägt ihn auf die Schulter).
Mann, jetzt iſt Freiheit! Hab’ meinen eig’nen Weg.
Frei.
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hab’ ich zu zahlen zu guter Letzt? Hier; gebt heraus.
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