genheit, die Waare vor baar Geld zu verkaufen, nicht aus den Hän- den lassen, indem es besser ist, die Waare ohne Gewinn, oder auch mit Schaden verkaufen, als auf die Verfallzeit nicht zah- len und den Credit verlieren, welcher selten wieder erhalten wird: es ist auch besser, mit Verkauf der Waaren ohne Nu- tzen, oder gar mit Schaden Geld machen, als es aufnehmen, oder die Schuld prolongiren lassen, und dafür große Jnter- d) verhoffte Theurung.essen bezahlen. d) Manche Kaufleute lassen vielfältig ihre Waaren bis auf eine solche Zeit liegen, da sie des Miswach- ses, Krieges, Brand- und Wasserschadens, oder vieler andern Ursachen halber gesuchet werden, mithin im Preiße zu steigen, oder angenehmer zu werden beginnen, als sie vor einem Jahre oder etlichen Monaten nicht gewesen: und alsdann saget man in solcher Zwischenzeit von dergleichen Kaufleuten, oder sie von sich selbst, daß ihnen die Waare nicht feil sey. Derjeni- ge Kaufmann nun, der solche Fälle klüglich vorher sehen, und die dazu, vermittelst guter Wissenschaft und des Speculirens, leicht zu ergründenden Merkmaale wohl anwenden kann, ge- winnt oft sehr viel, (§. 34.) und ist vermögend, sein Glück durch etliche dergleichen wohl genommene Maaßregeln zu ma- chen. Es ist ihm auch solches wohl zu gönnen, wenn nur nicht ein wucherisches Monopolium darunter stecket, welches, nach Beschaffenheit der Waaren, z. E. der zur Nothdurft des Lebens erforderlichen, oft statt des Segens einen Fluch nach sich zieht. Jndessen ist gleichwol zu merken, daß ein Kauf- mann auf solche, etwann aus falschen Grundsätzen anscheinen- de Erhöhung des Preißes nicht allezeit zu bauen habe; sondern er besser und sicherer thue, wenn er sich mit einem kleinen oder mittelmäßigen Profite begnüget, als daß er auf verhoffte Theu- rung die Waare lange fruchtlos liegen lasse, weil das darin- nen steckende Capital allezeit durch die Jnteressen vergrößert; die innerliche Beschaffenheit der Waaren aber durch die Zeit und den Ort verringert, oder gar verdorben wird.
§. 182.
6) des Orts des Ver- kaufes.|
Und 6) in Ansehung des Orts des Verkaufes dienen fol- gende Regeln: a) Wer seine Waare selber entweder vor der Thüre, das ist, an Ort und Stelle seines Aufenthalts, oder auch auf den Messen und Jahrmärkten verkaufen kann, thut besser, als daß er solche nach fremden Orten in Commis- sion wegsendet, siehe den 444 §. b) Will eine Waare an dem einen Orte nicht gehen, so muß man einen andern Ausweg damit suchen. Diese Regel hat insonderheit bey Waaren statt, bey welchen sich die Mode leicht verändert. Denn es ist mit den Moden so beschaffen, daß sie nach und nach von einem Orte zum andern gehen, und man, so zu sagen, die Route, oder den Cours, wie sie von einem Orte zum andern kommen, anzugeben weiß: Jnsgemein nehmen sie zu Paris ihren Anfang; von uns gehen sie nach Rußland; u. s. w. Will also eine Waare an dem Orte, wo sie außer der Mode gekommen ist,
nicht
1 Th. 9 Cap. Von dem
genheit, die Waare vor baar Geld zu verkaufen, nicht aus den Haͤn- den laſſen, indem es beſſer iſt, die Waare ohne Gewinn, oder auch mit Schaden verkaufen, als auf die Verfallzeit nicht zah- len und den Credit verlieren, welcher ſelten wieder erhalten wird: es iſt auch beſſer, mit Verkauf der Waaren ohne Nu- tzen, oder gar mit Schaden Geld machen, als es aufnehmen, oder die Schuld prolongiren laſſen, und dafuͤr große Jnter- d) verhoffte Theurung.eſſen bezahlen. d) Manche Kaufleute laſſen vielfaͤltig ihre Waaren bis auf eine ſolche Zeit liegen, da ſie des Miswach- ſes, Krieges, Brand- und Waſſerſchadens, oder vieler andern Urſachen halber geſuchet werden, mithin im Preiße zu ſteigen, oder angenehmer zu werden beginnen, als ſie vor einem Jahre oder etlichen Monaten nicht geweſen: und alsdann ſaget man in ſolcher Zwiſchenzeit von dergleichen Kaufleuten, oder ſie von ſich ſelbſt, daß ihnen die Waare nicht feil ſey. Derjeni- ge Kaufmann nun, der ſolche Faͤlle kluͤglich vorher ſehen, und die dazu, vermittelſt guter Wiſſenſchaft und des Speculirens, leicht zu ergruͤndenden Merkmaale wohl anwenden kann, ge- winnt oft ſehr viel, (§. 34.) und iſt vermoͤgend, ſein Gluͤck durch etliche dergleichen wohl genommene Maaßregeln zu ma- chen. Es iſt ihm auch ſolches wohl zu goͤnnen, wenn nur nicht ein wucheriſches Monopolium darunter ſtecket, welches, nach Beſchaffenheit der Waaren, z. E. der zur Nothdurft des Lebens erforderlichen, oft ſtatt des Segens einen Fluch nach ſich zieht. Jndeſſen iſt gleichwol zu merken, daß ein Kauf- mann auf ſolche, etwann aus falſchen Grundſaͤtzen anſcheinen- de Erhoͤhung des Preißes nicht allezeit zu bauen habe; ſondern er beſſer und ſicherer thue, wenn er ſich mit einem kleinen oder mittelmaͤßigen Profite begnuͤget, als daß er auf verhoffte Theu- rung die Waare lange fruchtlos liegen laſſe, weil das darin- nen ſteckende Capital allezeit durch die Jntereſſen vergroͤßert; die innerliche Beſchaffenheit der Waaren aber durch die Zeit und den Ort verringert, oder gar verdorben wird.
§. 182.
6) des Orts des Ver- kaufes.|
Und 6) in Anſehung des Orts des Verkaufes dienen fol- gende Regeln: a) Wer ſeine Waare ſelber entweder vor der Thuͤre, das iſt, an Ort und Stelle ſeines Aufenthalts, oder auch auf den Meſſen und Jahrmaͤrkten verkaufen kann, thut beſſer, als daß er ſolche nach fremden Orten in Commiſ- ſion wegſendet, ſiehe den 444 §. b) Will eine Waare an dem einen Orte nicht gehen, ſo muß man einen andern Ausweg damit ſuchen. Dieſe Regel hat inſonderheit bey Waaren ſtatt, bey welchen ſich die Mode leicht veraͤndert. Denn es iſt mit den Moden ſo beſchaffen, daß ſie nach und nach von einem Orte zum andern gehen, und man, ſo zu ſagen, die Route, oder den Cours, wie ſie von einem Orte zum andern kommen, anzugeben weiß: Jnsgemein nehmen ſie zu Paris ihren Anfang; von uns gehen ſie nach Rußland; u. ſ. w. Will alſo eine Waare an dem Orte, wo ſie außer der Mode gekommen iſt,
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1 Th. 9 Cap. Von dem
genheit, die Waare vor baar Geld zu verkaufen, nicht aus den Haͤn-
den laſſen, indem es beſſer iſt, die Waare ohne Gewinn, oder
auch mit Schaden verkaufen, als auf die Verfallzeit nicht zah-
len und den Credit verlieren, welcher ſelten wieder erhalten
wird: es iſt auch beſſer, mit Verkauf der Waaren ohne Nu-
tzen, oder gar mit Schaden Geld machen, als es aufnehmen,
oder die Schuld prolongiren laſſen, und dafuͤr große Jnter-
eſſen bezahlen. d) Manche Kaufleute laſſen vielfaͤltig ihre
Waaren bis auf eine ſolche Zeit liegen, da ſie des Miswach-
ſes, Krieges, Brand- und Waſſerſchadens, oder vieler andern
Urſachen halber geſuchet werden, mithin im Preiße zu ſteigen,
oder angenehmer zu werden beginnen, als ſie vor einem Jahre
oder etlichen Monaten nicht geweſen: und alsdann ſaget man
in ſolcher Zwiſchenzeit von dergleichen Kaufleuten, oder ſie
von ſich ſelbſt, daß ihnen die Waare nicht feil ſey. Derjeni-
ge Kaufmann nun, der ſolche Faͤlle kluͤglich vorher ſehen, und
die dazu, vermittelſt guter Wiſſenſchaft und des Speculirens,
leicht zu ergruͤndenden Merkmaale wohl anwenden kann, ge-
winnt oft ſehr viel, (§. 34.) und iſt vermoͤgend, ſein Gluͤck
durch etliche dergleichen wohl genommene Maaßregeln zu ma-
chen. Es iſt ihm auch ſolches wohl zu goͤnnen, wenn nur
nicht ein wucheriſches Monopolium darunter ſtecket, welches,
nach Beſchaffenheit der Waaren, z. E. der zur Nothdurft des
Lebens erforderlichen, oft ſtatt des Segens einen Fluch nach
ſich zieht. Jndeſſen iſt gleichwol zu merken, daß ein Kauf-
mann auf ſolche, etwann aus falſchen Grundſaͤtzen anſcheinen-
de Erhoͤhung des Preißes nicht allezeit zu bauen habe; ſondern
er beſſer und ſicherer thue, wenn er ſich mit einem kleinen oder
mittelmaͤßigen Profite begnuͤget, als daß er auf verhoffte Theu-
rung die Waare lange fruchtlos liegen laſſe, weil das darin-
nen ſteckende Capital allezeit durch die Jntereſſen vergroͤßert;
die innerliche Beſchaffenheit der Waaren aber durch die Zeit
und den Ort verringert, oder gar verdorben wird.
d) verhoffte
Theurung.
§. 182.
Und 6) in Anſehung des Orts des Verkaufes dienen fol-
gende Regeln: a) Wer ſeine Waare ſelber entweder vor der
Thuͤre, das iſt, an Ort und Stelle ſeines Aufenthalts, oder
auch auf den Meſſen und Jahrmaͤrkten verkaufen kann,
thut beſſer, als daß er ſolche nach fremden Orten in Commiſ-
ſion wegſendet, ſiehe den 444 §. b) Will eine Waare an dem
einen Orte nicht gehen, ſo muß man einen andern Ausweg
damit ſuchen. Dieſe Regel hat inſonderheit bey Waaren ſtatt,
bey welchen ſich die Mode leicht veraͤndert. Denn es iſt mit
den Moden ſo beſchaffen, daß ſie nach und nach von einem
Orte zum andern gehen, und man, ſo zu ſagen, die Route,
oder den Cours, wie ſie von einem Orte zum andern kommen,
anzugeben weiß: Jnsgemein nehmen ſie zu Paris ihren Anfang;
von uns gehen ſie nach Rußland; u. ſ. w. Will alſo eine
Waare an dem Orte, wo ſie außer der Mode gekommen iſt,
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/718>, abgerufen am 21.11.2024.
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