Einwohner Nothdurft, Bequemlichkeit, Vergnügen, und Zier- de erforderlich ist. Es ist daher mehr denn zu deutlich, daß das weiseste Wesen alles dieses zu dem Ende dergestalt geord- net habe, damit die Völker mit einander umgehen, und freund- schaftlich leben sollen, um an allen Orten und Enden seine gros- sen Werke wahrnehmen und bewundern zu können. Diesem Winke des Schöpfers folget der Kaufmann, und befördert dadurch zu- gleich die Bequemlichkeit seiner Mitbürger, wenn er a) dem Ue- berflusse der inländischen Natur- und Manufacturwaaren in andere, ja in die entlegensten Länder überführet, und b) sol- chen gegen die Bedürfnisse seines Vaterlandes in der Absicht verwechselt, damit selbiges an nichts Mangel leide.
§. 18.
b) Vermeh- rung der Producte der Natur.
Als einen zweyten allgemeinen Nutzen der Handlung ge- ben wir die Vermehrung der Producte der Natur in einem Lande an. Denn je mehr im Handel eine Naturwaare gesu- chet wird, es sey nun, daß selbige unmittelbar verbrauchet, oder zu einer gäng und gäbe gewordenen Manufactur angewen- det wird, oder daß die Handlung eines Landes sich in mehrere Länder verbreitet, die solcher Naturwaare benöthiget sind; je mehr leget man sich darauf, wie man ihre Zeugung verbreiten, beschleunigen, und verschönern könne. Statt aller Beyspiele kann die Seide dienen, denn da der Handel mit derselben von Tage zu Tage größer wird, weil sich ein jeder in Seide kleiden will, so treibt man mehr als sonst in Deutschland die Zucht der Seidenwürmer, und mit dieser zugleich die Pflanzung der Maulbeerbäume. Ja, weil die Natur beynahe nichts hervor- bringen kann, das nicht die Handlung an sich ziehen sollte: so sieht man auch, daß, je blühender in einem Lande die Handlung ist; je mit mehrerm Eifer man sich auf den Garten-Wein- und Holzbau, ingleichen auf die Viehzucht, Jägerey und Fischerey, und endlich auch auf den Ackerbau legt. Da hingegen in manchen eben so fruchtbaren Ländern, wegen Mangel des Vertriebs der erzeugten Waaren, das Land ungebauet liegt.
§. 19.
a) Flor der Fabriken und Hand- werker.
Der dritte allgemeine Nutzen der Handlung ist, daß sie den Flor der Fabriken und Handwerker eines Landes be- fördert. Wo Fabriken und Handwerksstätte floriren sollen, da muß nicht nur ein genugsamer Vorrath an allen dazu er- forderlichen Materialien und Jnstrumenten, sondern auch ein genugsamer Vertrieb der darinnen verfertigten Manufacturen und Arbeiten seyn. Nun aber gewähret die Handlung beydes, indem sie den Ueberfluß vertreibt und die Bedürfnisse herbey schaffet (§. 17); folglich ist sie die Befördererinn der Fabriken und Handwerksstätte. Daher hat ein Landesfürst, der sowol Fabriken, als Handwerksstätte in seinem Lande empor bringen will, nothwendig zugleich vor den Wohlstand der dasigen Handlung Sorge zu tragen, wenn anders nicht alle angelegte Fabriken und Werkstätte mit der Zeit wieder eingehen sollen.
§. 20.
1 Th. 1 Cap. Von der
Einwohner Nothdurft, Bequemlichkeit, Vergnuͤgen, und Zier- de erforderlich iſt. Es iſt daher mehr denn zu deutlich, daß das weiſeſte Weſen alles dieſes zu dem Ende dergeſtalt geord- net habe, damit die Voͤlker mit einander umgehen, und freund- ſchaftlich leben ſollen, um an allen Orten und Enden ſeine groſ- ſen Werke wahrnehmen und bewundern zu koͤnnen. Dieſem Winke des Schoͤpfers folget der Kaufmann, und befoͤrdert dadurch zu- gleich die Bequemlichkeit ſeiner Mitbuͤrger, wenn er a) dem Ue- berfluſſe der inlaͤndiſchen Natur- und Manufacturwaaren in andere, ja in die entlegenſten Laͤnder uͤberfuͤhret, und b) ſol- chen gegen die Beduͤrfniſſe ſeines Vaterlandes in der Abſicht verwechſelt, damit ſelbiges an nichts Mangel leide.
§. 18.
b) Vermeh- rung der Producte der Natur.
Als einen zweyten allgemeinen Nutzen der Handlung ge- ben wir die Vermehrung der Producte der Natur in einem Lande an. Denn je mehr im Handel eine Naturwaare geſu- chet wird, es ſey nun, daß ſelbige unmittelbar verbrauchet, oder zu einer gaͤng und gaͤbe gewordenen Manufactur angewen- det wird, oder daß die Handlung eines Landes ſich in mehrere Laͤnder verbreitet, die ſolcher Naturwaare benoͤthiget ſind; je mehr leget man ſich darauf, wie man ihre Zeugung verbreiten, beſchleunigen, und verſchoͤnern koͤnne. Statt aller Beyſpiele kann die Seide dienen, denn da der Handel mit derſelben von Tage zu Tage groͤßer wird, weil ſich ein jeder in Seide kleiden will, ſo treibt man mehr als ſonſt in Deutſchland die Zucht der Seidenwuͤrmer, und mit dieſer zugleich die Pflanzung der Maulbeerbaͤume. Ja, weil die Natur beynahe nichts hervor- bringen kann, das nicht die Handlung an ſich ziehen ſollte: ſo ſieht man auch, daß, je bluͤhender in einem Lande die Handlung iſt; je mit mehrerm Eifer man ſich auf den Garten-Wein- und Holzbau, ingleichen auf die Viehzucht, Jaͤgerey und Fiſcherey, und endlich auch auf den Ackerbau legt. Da hingegen in manchen eben ſo fruchtbaren Laͤndern, wegen Mangel des Vertriebs der erzeugten Waaren, das Land ungebauet liegt.
§. 19.
a) Flor der Fabriken und Hand- werker.
Der dritte allgemeine Nutzen der Handlung iſt, daß ſie den Flor der Fabriken und Handwerker eines Landes be- foͤrdert. Wo Fabriken und Handwerksſtaͤtte floriren ſollen, da muß nicht nur ein genugſamer Vorrath an allen dazu er- forderlichen Materialien und Jnſtrumenten, ſondern auch ein genugſamer Vertrieb der darinnen verfertigten Manufacturen und Arbeiten ſeyn. Nun aber gewaͤhret die Handlung beydes, indem ſie den Ueberfluß vertreibt und die Beduͤrfniſſe herbey ſchaffet (§. 17); folglich iſt ſie die Befoͤrdererinn der Fabriken und Handwerksſtaͤtte. Daher hat ein Landesfuͤrſt, der ſowol Fabriken, als Handwerksſtaͤtte in ſeinem Lande empor bringen will, nothwendig zugleich vor den Wohlſtand der daſigen Handlung Sorge zu tragen, wenn anders nicht alle angelegte Fabriken und Werkſtaͤtte mit der Zeit wieder eingehen ſollen.
§. 20.
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1 Th. 1 Cap. Von der
Einwohner Nothdurft, Bequemlichkeit, Vergnuͤgen, und Zier-
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das weiſeſte Weſen alles dieſes zu dem Ende dergeſtalt geord-
net habe, damit die Voͤlker mit einander umgehen, und freund-
ſchaftlich leben ſollen, um an allen Orten und Enden ſeine groſ-
ſen Werke wahrnehmen und bewundern zu koͤnnen. Dieſem Winke
des Schoͤpfers folget der Kaufmann, und befoͤrdert dadurch zu-
gleich die Bequemlichkeit ſeiner Mitbuͤrger, wenn er a) dem Ue-
berfluſſe der inlaͤndiſchen Natur- und Manufacturwaaren in
andere, ja in die entlegenſten Laͤnder uͤberfuͤhret, und b) ſol-
chen gegen die Beduͤrfniſſe ſeines Vaterlandes in der Abſicht
verwechſelt, damit ſelbiges an nichts Mangel leide.
§. 18.
Als einen zweyten allgemeinen Nutzen der Handlung ge-
ben wir die Vermehrung der Producte der Natur in einem
Lande an. Denn je mehr im Handel eine Naturwaare geſu-
chet wird, es ſey nun, daß ſelbige unmittelbar verbrauchet,
oder zu einer gaͤng und gaͤbe gewordenen Manufactur angewen-
det wird, oder daß die Handlung eines Landes ſich in mehrere
Laͤnder verbreitet, die ſolcher Naturwaare benoͤthiget ſind; je
mehr leget man ſich darauf, wie man ihre Zeugung verbreiten,
beſchleunigen, und verſchoͤnern koͤnne. Statt aller Beyſpiele
kann die Seide dienen, denn da der Handel mit derſelben von
Tage zu Tage groͤßer wird, weil ſich ein jeder in Seide kleiden
will, ſo treibt man mehr als ſonſt in Deutſchland die Zucht
der Seidenwuͤrmer, und mit dieſer zugleich die Pflanzung der
Maulbeerbaͤume. Ja, weil die Natur beynahe nichts hervor-
bringen kann, das nicht die Handlung an ſich ziehen ſollte: ſo
ſieht man auch, daß, je bluͤhender in einem Lande die Handlung
iſt; je mit mehrerm Eifer man ſich auf den Garten-Wein- und
Holzbau, ingleichen auf die Viehzucht, Jaͤgerey und Fiſcherey,
und endlich auch auf den Ackerbau legt. Da hingegen in manchen
eben ſo fruchtbaren Laͤndern, wegen Mangel des Vertriebs der
erzeugten Waaren, das Land ungebauet liegt.
§. 19.
Der dritte allgemeine Nutzen der Handlung iſt, daß ſie
den Flor der Fabriken und Handwerker eines Landes be-
foͤrdert. Wo Fabriken und Handwerksſtaͤtte floriren ſollen,
da muß nicht nur ein genugſamer Vorrath an allen dazu er-
forderlichen Materialien und Jnſtrumenten, ſondern auch ein
genugſamer Vertrieb der darinnen verfertigten Manufacturen
und Arbeiten ſeyn. Nun aber gewaͤhret die Handlung beydes,
indem ſie den Ueberfluß vertreibt und die Beduͤrfniſſe herbey
ſchaffet (§. 17); folglich iſt ſie die Befoͤrdererinn der Fabriken
und Handwerksſtaͤtte. Daher hat ein Landesfuͤrſt, der ſowol
Fabriken, als Handwerksſtaͤtte in ſeinem Lande empor bringen
will, nothwendig zugleich vor den Wohlſtand der daſigen
Handlung Sorge zu tragen, wenn anders nicht alle angelegte
Fabriken und Werkſtaͤtte mit der Zeit wieder eingehen ſollen.
§. 20.
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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/640>, abgerufen am 21.11.2024.
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