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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Zurzach
man gleichfalls bey dem kleinen
Dorfe Rhinen oder Rheinen, Zur-
zach gegen über, Schiffer. Es ist
dieser Marktflecken wegen seiner
zweyen freyen (2) Messen berühmt,
welche unter die (a) ansehnlichsten
in Deutschland
gehören, und nicht
nur von den eidgenoßischen, son-
dern auch vielen andern Deutschen,
französischen, italienischen, und
hollandischen Kaufleuten besuchet
werden. Jnsonderheit besuchen die
Holländer, und vornehmlich die Am-
sterdamer, diese Messen sehr stark, und
treiben daselbst eine große Hand-
lung, sowol mit den Waaren, die
sie dahin bringen, als mit denen,
so sie von daher holen. Diese letz-
tern
bestehen vornehmlich in ver-
schiedenen Gattungen von Seide,
und allen den Zeugen, die in der
Schweiz gemacht werden. Jene
aber sind Tuch, wollene Zeuge, Ba-
tiste, Netteltuche, Cattune, Zitzen,
allerley Droguereyen, Thee, Cho-
colate, Caffee, allerley Specerey-
und Farbewaaren, spanische Röh-
re etc. Die (b) Zeit der Messen be-
treffend: so nimmt die erste, oder
die Pfingstmesse, an dem Pfingst-
dienstage zu Mittage um zwölf Uhr
ihren Anfang, und endiget sich am
achten Tage wieder am Dienstage.
Die andere, welche die Verenä-
messe
heißt, fängt sich am 25sten
August an, und währet bis den 2ten
September. Ungeachtet, wie wir
gesagt haben, dieser Flecken dem
Bischofe von Costnitz gehöret: so
höret doch, so lange diese Mes-
se währet, die ganze (c) Ge-
richtsbarkeit
des Bischofs daselbst
auf, und der Landvogt von Baden
hat alsdann daselbst die völlige Ge-
richtsbarkeit und Gerechtsame, da-
her er den sechsten Tag der Messe
in eigener Person daselbst seinen
feyerlichen Einzug hält, alle vor-
kommende Streithändel während
seines zweytägigen Aufenthalts ab-
thut, und nach zweymal 24 Stun-
[Spaltenumbruch]
Zurzach
den wieder abreiset, welche zwey-
mal 24 Stunden eigentlich die Zah-
lungszeit ausmachen. So es sich
im Verenämarkte zutrüge, daß der
Tag des Einzugs auf einen Freytag
fiele: so wird solcher um der Juden
willen bis den Sonntag nach Mit-
tage verschoben, und solchergestalt
die Messe um 2 Tage verlängert.
Den Verkäufern steht frey, sich auf
dieser Messe eines (d) Ellenmaaßes
zu bedienen, wie sie wollen; nur
müssen sie den Käufern sagen, nach
was für einer Elle sie verkaufen:
insgemein aber verkaufet man die
Tücher, seidene und wollene Zeuge,
Leinwande und Cattune nach der
französischen Elle. Die Acceptatio-
nen der (e) Wechselbriefe, haben
auf den dasigen Messen keinen gewis-
sen Tag, sondern währen die 6 er-
sten Meßtage hindurch; den sieben-
ten und achten aber geschehen die
Zahlungen: nach deren Verfließung
man den folgenden neunten Tag oh-
ne Nachtheil protestiren lassen kann.
Alle (3) Münzsorten, so in der
Schweiz gangbar sind, werden auch
zu Zurzach in eben dem Werthe ge-
nommen, was sie in den Städten
gelten, wo sie gepräget sind; und
dieser verschiedenen Münzsorten hal-
ber, müssen sich die Kaufleute, so-
wol die Käufer, als Verkäufer, al-
lemal mit einander vergleichen, in
was für Münzsorten die Zahlung
geschehen solle. Die fremden Mün-
zen haben keinen gewissen Cours,
sondern gelten etliche Kreuzer mehr
oder weniger, nachdem sie gesuchet
werden. (4) Buch und Rechnung
wird daselbst, wie an andern Orten
in der Schweiz, in Gulden, Kreuzern
und Pfennigen gehalten; den Gul-
den zu 60 Kreuzer, und den Kreuzer
zu 4 Pfennigen gerechnet. Daselbst
wird wenig, als etwann in den Mes-
sen, (5) gewechselt, und zwar auf
Amsterdam, 101 Reichsthaler mehr
oder weniger für 100 Reichsthaler

Cassa;
O o 5

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Zurzach
man gleichfalls bey dem kleinen
Dorfe Rhinen oder Rheinen, Zur-
zach gegen uͤber, Schiffer. Es iſt
dieſer Marktflecken wegen ſeiner
zweyen freyen (2) Meſſen beruͤhmt,
welche unter die (a) anſehnlichſten
in Deutſchland
gehoͤren, und nicht
nur von den eidgenoßiſchen, ſon-
dern auch vielen andern Deutſchen,
franzoͤſiſchen, italieniſchen, und
hollandiſchen Kaufleuten beſuchet
werden. Jnſonderheit beſuchen die
Hollaͤnder, und vornehmlich die Am-
ſterdamer, dieſe Meſſen ſehr ſtark, und
treiben daſelbſt eine große Hand-
lung, ſowol mit den Waaren, die
ſie dahin bringen, als mit denen,
ſo ſie von daher holen. Dieſe letz-
tern
beſtehen vornehmlich in ver-
ſchiedenen Gattungen von Seide,
und allen den Zeugen, die in der
Schweiz gemacht werden. Jene
aber ſind Tuch, wollene Zeuge, Ba-
tiſte, Netteltuche, Cattune, Zitzen,
allerley Droguereyen, Thee, Cho-
colate, Caffee, allerley Specerey-
und Farbewaaren, ſpaniſche Roͤh-
re ꝛc. Die (b) Zeit der Meſſen be-
treffend: ſo nimmt die erſte, oder
die Pfingſtmeſſe, an dem Pfingſt-
dienſtage zu Mittage um zwoͤlf Uhr
ihren Anfang, und endiget ſich am
achten Tage wieder am Dienſtage.
Die andere, welche die Verenaͤ-
meſſe
heißt, faͤngt ſich am 25ſten
Auguſt an, und waͤhret bis den 2ten
September. Ungeachtet, wie wir
geſagt haben, dieſer Flecken dem
Biſchofe von Coſtnitz gehoͤret: ſo
hoͤret doch, ſo lange dieſe Meſ-
ſe waͤhret, die ganze (c) Ge-
richtsbarkeit
des Biſchofs daſelbſt
auf, und der Landvogt von Baden
hat alsdann daſelbſt die voͤllige Ge-
richtsbarkeit und Gerechtſame, da-
her er den ſechſten Tag der Meſſe
in eigener Perſon daſelbſt ſeinen
feyerlichen Einzug haͤlt, alle vor-
kommende Streithaͤndel waͤhrend
ſeines zweytaͤgigen Aufenthalts ab-
thut, und nach zweymal 24 Stun-
[Spaltenumbruch]
Zurzach
den wieder abreiſet, welche zwey-
mal 24 Stunden eigentlich die Zah-
lungszeit ausmachen. So es ſich
im Verenaͤmarkte zutruͤge, daß der
Tag des Einzugs auf einen Freytag
fiele: ſo wird ſolcher um der Juden
willen bis den Sonntag nach Mit-
tage verſchoben, und ſolchergeſtalt
die Meſſe um 2 Tage verlaͤngert.
Den Verkaͤufern ſteht frey, ſich auf
dieſer Meſſe eines (d) Ellenmaaßes
zu bedienen, wie ſie wollen; nur
muͤſſen ſie den Kaͤufern ſagen, nach
was fuͤr einer Elle ſie verkaufen:
insgemein aber verkaufet man die
Tuͤcher, ſeidene und wollene Zeuge,
Leinwande und Cattune nach der
franzoͤſiſchen Elle. Die Acceptatio-
nen der (e) Wechſelbriefe, haben
auf den daſigen Meſſen keinen gewiſ-
ſen Tag, ſondern waͤhren die 6 er-
ſten Meßtage hindurch; den ſieben-
ten und achten aber geſchehen die
Zahlungen: nach deren Verfließung
man den folgenden neunten Tag oh-
ne Nachtheil proteſtiren laſſen kann.
Alle (3) Muͤnzſorten, ſo in der
Schweiz gangbar ſind, werden auch
zu Zurzach in eben dem Werthe ge-
nommen, was ſie in den Staͤdten
gelten, wo ſie gepraͤget ſind; und
dieſer verſchiedenen Muͤnzſorten hal-
ber, muͤſſen ſich die Kaufleute, ſo-
wol die Kaͤufer, als Verkaͤufer, al-
lemal mit einander vergleichen, in
was fuͤr Muͤnzſorten die Zahlung
geſchehen ſolle. Die fremden Muͤn-
zen haben keinen gewiſſen Cours,
ſondern gelten etliche Kreuzer mehr
oder weniger, nachdem ſie geſuchet
werden. (4) Buch und Rechnung
wird daſelbſt, wie an andern Orten
in der Schweiz, in Gulden, Kreuzern
und Pfennigen gehalten; den Gul-
den zu 60 Kreuzer, und den Kreuzer
zu 4 Pfennigen gerechnet. Daſelbſt
wird wenig, als etwann in den Meſ-
ſen, (5) gewechſelt, und zwar auf
Amſterdam, 101 Reichsthaler mehr
oder weniger fuͤr 100 Reichsthaler

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O o 5
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[[585]/0591] Zurzach Zurzach man gleichfalls bey dem kleinen Dorfe Rhinen oder Rheinen, Zur- zach gegen uͤber, Schiffer. Es iſt dieſer Marktflecken wegen ſeiner zweyen freyen (2) Meſſen beruͤhmt, welche unter die (a) anſehnlichſten in Deutſchland gehoͤren, und nicht nur von den eidgenoßiſchen, ſon- dern auch vielen andern Deutſchen, franzoͤſiſchen, italieniſchen, und hollandiſchen Kaufleuten beſuchet werden. Jnſonderheit beſuchen die Hollaͤnder, und vornehmlich die Am- ſterdamer, dieſe Meſſen ſehr ſtark, und treiben daſelbſt eine große Hand- lung, ſowol mit den Waaren, die ſie dahin bringen, als mit denen, ſo ſie von daher holen. Dieſe letz- tern beſtehen vornehmlich in ver- ſchiedenen Gattungen von Seide, und allen den Zeugen, die in der Schweiz gemacht werden. Jene aber ſind Tuch, wollene Zeuge, Ba- tiſte, Netteltuche, Cattune, Zitzen, allerley Droguereyen, Thee, Cho- colate, Caffee, allerley Specerey- und Farbewaaren, ſpaniſche Roͤh- re ꝛc. Die (b) Zeit der Meſſen be- treffend: ſo nimmt die erſte, oder die Pfingſtmeſſe, an dem Pfingſt- dienſtage zu Mittage um zwoͤlf Uhr ihren Anfang, und endiget ſich am achten Tage wieder am Dienſtage. Die andere, welche die Verenaͤ- meſſe heißt, faͤngt ſich am 25ſten Auguſt an, und waͤhret bis den 2ten September. Ungeachtet, wie wir geſagt haben, dieſer Flecken dem Biſchofe von Coſtnitz gehoͤret: ſo hoͤret doch, ſo lange dieſe Meſ- ſe waͤhret, die ganze (c) Ge- richtsbarkeit des Biſchofs daſelbſt auf, und der Landvogt von Baden hat alsdann daſelbſt die voͤllige Ge- richtsbarkeit und Gerechtſame, da- her er den ſechſten Tag der Meſſe in eigener Perſon daſelbſt ſeinen feyerlichen Einzug haͤlt, alle vor- kommende Streithaͤndel waͤhrend ſeines zweytaͤgigen Aufenthalts ab- thut, und nach zweymal 24 Stun- den wieder abreiſet, welche zwey- mal 24 Stunden eigentlich die Zah- lungszeit ausmachen. So es ſich im Verenaͤmarkte zutruͤge, daß der Tag des Einzugs auf einen Freytag fiele: ſo wird ſolcher um der Juden willen bis den Sonntag nach Mit- tage verſchoben, und ſolchergeſtalt die Meſſe um 2 Tage verlaͤngert. Den Verkaͤufern ſteht frey, ſich auf dieſer Meſſe eines (d) Ellenmaaßes zu bedienen, wie ſie wollen; nur muͤſſen ſie den Kaͤufern ſagen, nach was fuͤr einer Elle ſie verkaufen: insgemein aber verkaufet man die Tuͤcher, ſeidene und wollene Zeuge, Leinwande und Cattune nach der franzoͤſiſchen Elle. Die Acceptatio- nen der (e) Wechſelbriefe, haben auf den daſigen Meſſen keinen gewiſ- ſen Tag, ſondern waͤhren die 6 er- ſten Meßtage hindurch; den ſieben- ten und achten aber geſchehen die Zahlungen: nach deren Verfließung man den folgenden neunten Tag oh- ne Nachtheil proteſtiren laſſen kann. Alle (3) Muͤnzſorten, ſo in der Schweiz gangbar ſind, werden auch zu Zurzach in eben dem Werthe ge- nommen, was ſie in den Staͤdten gelten, wo ſie gepraͤget ſind; und dieſer verſchiedenen Muͤnzſorten hal- ber, muͤſſen ſich die Kaufleute, ſo- wol die Kaͤufer, als Verkaͤufer, al- lemal mit einander vergleichen, in was fuͤr Muͤnzſorten die Zahlung geſchehen ſolle. Die fremden Muͤn- zen haben keinen gewiſſen Cours, ſondern gelten etliche Kreuzer mehr oder weniger, nachdem ſie geſuchet werden. (4) Buch und Rechnung wird daſelbſt, wie an andern Orten in der Schweiz, in Gulden, Kreuzern und Pfennigen gehalten; den Gul- den zu 60 Kreuzer, und den Kreuzer zu 4 Pfennigen gerechnet. Daſelbſt wird wenig, als etwann in den Meſ- ſen, (5) gewechſelt, und zwar auf Amſterdam, 101 Reichsthaler mehr oder weniger fuͤr 100 Reichsthaler Caſſa; O o 5

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [585]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/591>, abgerufen am 25.11.2024.