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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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Wolle
die Schäfer nicht selten Ziegenböcke
zu den Schafen lassen, damit die
Wolle von den davon fallenden
Schafen mehr am Gewichte geben
soll: die aber sehr grob und straubigt
ist; daher solches in verschiednen
Policeyordnungen verboten ist. Es
giebt aber gar vielerley (II) Gattun-
gen der Wolle.
Denn so wird die
Wolle (1) in Ansehung der Art, wie
sie von den Schaffellen gesondert
worden,
eingetheilet in Rauf- und
in Scheerwolle. (a) Raufwolle
oder geraufte Wolle, franz, Pelade,
Pelure, Pelie
,
und Avalis, heißt
diejenige Wolle, welche die Weiß-
gärber aus den Schaffellen, so sie
gärben wollen, entweder vorher,
ehe sie solche in Kalk legen, oder
auch, nachdem sie solche bereits in
Kalk gebeizet haben, ausraufen.
Viele glauben, daß die Raufwolle
wegen des gebrauchten Kalks zum
Abbeizen, bald durchfressen, mürbe,
und rißig werde, und also zum
Verarbeiten nicht gut zu gebrauchen
sey; andere hingegen halten davor,
daß der zum Abraufen gebrauchte
Kalk derselben nicht schade, wenn
nur die Wolle alsdenn rein gewa-
schen und getrocknet worden. Die-
sem sey wie ihm wolle, so ist doch
die Raufwolle die schlechteste Gat-
tung von Wolle. Denn, weil bey
dem Ausraufen die Wurzel der Wolle
mit abgeht, und auch das Haar, so
in dem Felle eines todten Thieres
lange sitzen bleibt, stockigt und gleich-
sam erstorben wird: so ist derglei-
chen Wolle nicht nur grob, sondern
auch sonst nicht so gut und dauer-
haftig, als die Scheerwolle; nicht
zu gedenken, daß sie, wenn sie be-
reits im Kalke gewesen ist, davon
sehr hart werde. Jndessen wird die
Raufwolle gleichwol auch zum Ein-
schusse verschiedener Zeuge gebraucht,
und in verschiedene Sorten gethei-
let. Jnsonderheit hat man zwey
Arten der Raufwolle, nämlich
[Spaltenumbruch]
Wolle
Schlachtwolle und Sterblings-
wolle;
a) Schlachtwolle ist dieje-
nige, welche aus den Fellen gerauft
wird, so die Fleischer von den ge-
schlachteten Schafen abgezogen;
und b) Sterblingswolle ist diejeni-
ge, welche aus den Fellen gerauft
wird, so die Schäfer von den
selbstgestorbenen Schafen abge-
streift haben. Diese letztere ist
schlechter als die erstere, siehe ab-
gebeizte Wolle.
(b) Scheerwolle,
Schurwolle,
oder Schärwolle,
franz. Toison, ist diejenige Wolle,
welche die Schäfer und andere
Hausväter den lebendigen Scha-
fen des Jahrs ein bis zweymal ab-
scheeren. Solche ist nicht mit der
Scheerwolle zu vermengen, welche
die Tuchscheerer den rauhen Tü-
chern abscheeren, und welche unten,
da wir von den Abgängen von der
Wolle reden, vorkömmt. Die
Scheer- oder Schurwolle wird wie-
derum in verschiedene Gattungen
sortiret und abgesondert, nach dem
verschiedenen Gebrauche, wozu sie
angewendet werden soll. Denn es
wird die Wolle ferner (2) in Anse-
hung des Geschlechts und Alters
der Schafe eingetheilt in Hammel-
Schaf-
und Lammwolle; (a) Ham-
melwolle
ist die von den ver-
schnittenen Männlein des Schaf-
viehes gewonnene Wolle; (b) Schaf-
wolle
heißt die von den Weiblein
des Schafviehes geschorne Wolle;
und (c) Lammwolle oder Jähr-
lingswolle
ist die von den Jun-
gen beyderley Geschlechts in dem
ersten Jahre genommene Wolle.
Den Unterscheid dieser drey Gat-
tungen der Wolle beobachten die
Handwerker fleißig, indem die erste
grob, die zweyte zu Tüchern besser
als die erste, und die dritte die feinste
und allerbeste ist, siehe Lamm.
Weiter ist die Wolle (3) in Anse-
hung der Wollschur entweder ein-
oder zweyschürig: (a) Einschürige

Wolle
V. Theil. F f

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Wolle
die Schaͤfer nicht ſelten Ziegenboͤcke
zu den Schafen laſſen, damit die
Wolle von den davon fallenden
Schafen mehr am Gewichte geben
ſoll: die aber ſehr grob und ſtraubigt
iſt; daher ſolches in verſchiednen
Policeyordnungen verboten iſt. Es
giebt aber gar vielerley (II) Gattun-
gen der Wolle.
Denn ſo wird die
Wolle (1) in Anſehung der Art, wie
ſie von den Schaffellen geſondert
worden,
eingetheilet in Rauf- und
in Scheerwolle. (a) Raufwolle
oder geraufte Wolle, franz, Pelade,
Pelure, Pelie
,
und Avalis, heißt
diejenige Wolle, welche die Weiß-
gaͤrber aus den Schaffellen, ſo ſie
gaͤrben wollen, entweder vorher,
ehe ſie ſolche in Kalk legen, oder
auch, nachdem ſie ſolche bereits in
Kalk gebeizet haben, ausraufen.
Viele glauben, daß die Raufwolle
wegen des gebrauchten Kalks zum
Abbeizen, bald durchfreſſen, muͤrbe,
und rißig werde, und alſo zum
Verarbeiten nicht gut zu gebrauchen
ſey; andere hingegen halten davor,
daß der zum Abraufen gebrauchte
Kalk derſelben nicht ſchade, wenn
nur die Wolle alsdenn rein gewa-
ſchen und getrocknet worden. Die-
ſem ſey wie ihm wolle, ſo iſt doch
die Raufwolle die ſchlechteſte Gat-
tung von Wolle. Denn, weil bey
dem Ausraufen die Wurzel der Wolle
mit abgeht, und auch das Haar, ſo
in dem Felle eines todten Thieres
lange ſitzen bleibt, ſtockigt und gleich-
ſam erſtorben wird: ſo iſt derglei-
chen Wolle nicht nur grob, ſondern
auch ſonſt nicht ſo gut und dauer-
haftig, als die Scheerwolle; nicht
zu gedenken, daß ſie, wenn ſie be-
reits im Kalke geweſen iſt, davon
ſehr hart werde. Jndeſſen wird die
Raufwolle gleichwol auch zum Ein-
ſchuſſe verſchiedener Zeuge gebraucht,
und in verſchiedene Sorten gethei-
let. Jnſonderheit hat man zwey
Arten der Raufwolle, naͤmlich
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Wolle
Schlachtwolle und Sterblings-
wolle;
a) Schlachtwolle iſt dieje-
nige, welche aus den Fellen gerauft
wird, ſo die Fleiſcher von den ge-
ſchlachteten Schafen abgezogen;
und b) Sterblingswolle iſt diejeni-
ge, welche aus den Fellen gerauft
wird, ſo die Schaͤfer von den
ſelbſtgeſtorbenen Schafen abge-
ſtreift haben. Dieſe letztere iſt
ſchlechter als die erſtere, ſiehe ab-
gebeizte Wolle.
(b) Scheerwolle,
Schurwolle,
oder Schaͤrwolle,
franz. Toiſon, iſt diejenige Wolle,
welche die Schaͤfer und andere
Hausvaͤter den lebendigen Scha-
fen des Jahrs ein bis zweymal ab-
ſcheeren. Solche iſt nicht mit der
Scheerwolle zu vermengen, welche
die Tuchſcheerer den rauhen Tuͤ-
chern abſcheeren, und welche unten,
da wir von den Abgaͤngen von der
Wolle reden, vorkoͤmmt. Die
Scheer- oder Schurwolle wird wie-
derum in verſchiedene Gattungen
ſortiret und abgeſondert, nach dem
verſchiedenen Gebrauche, wozu ſie
angewendet werden ſoll. Denn es
wird die Wolle ferner (2) in Anſe-
hung des Geſchlechts und Alters
der Schafe eingetheilt in Hammel-
Schaf-
und Lammwolle; (a) Ham-
melwolle
iſt die von den ver-
ſchnittenen Maͤnnlein des Schaf-
viehes gewonnene Wolle; (b) Schaf-
wolle
heißt die von den Weiblein
des Schafviehes geſchorne Wolle;
und (c) Lammwolle oder Jaͤhr-
lingswolle
iſt die von den Jun-
gen beyderley Geſchlechts in dem
erſten Jahre genommene Wolle.
Den Unterſcheid dieſer drey Gat-
tungen der Wolle beobachten die
Handwerker fleißig, indem die erſte
grob, die zweyte zu Tuͤchern beſſer
als die erſte, und die dritte die feinſte
und allerbeſte iſt, ſiehe Lamm.
Weiter iſt die Wolle (3) in Anſe-
hung der Wollſchur entweder ein-
oder zweyſchuͤrig: (a) Einſchuͤrige

Wolle
V. Theil. F f
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[[449]/0455] Wolle Wolle die Schaͤfer nicht ſelten Ziegenboͤcke zu den Schafen laſſen, damit die Wolle von den davon fallenden Schafen mehr am Gewichte geben ſoll: die aber ſehr grob und ſtraubigt iſt; daher ſolches in verſchiednen Policeyordnungen verboten iſt. Es giebt aber gar vielerley (II) Gattun- gen der Wolle. Denn ſo wird die Wolle (1) in Anſehung der Art, wie ſie von den Schaffellen geſondert worden, eingetheilet in Rauf- und in Scheerwolle. (a) Raufwolle oder geraufte Wolle, franz, Pelade, Pelure, Pelie, und Avalis, heißt diejenige Wolle, welche die Weiß- gaͤrber aus den Schaffellen, ſo ſie gaͤrben wollen, entweder vorher, ehe ſie ſolche in Kalk legen, oder auch, nachdem ſie ſolche bereits in Kalk gebeizet haben, ausraufen. Viele glauben, daß die Raufwolle wegen des gebrauchten Kalks zum Abbeizen, bald durchfreſſen, muͤrbe, und rißig werde, und alſo zum Verarbeiten nicht gut zu gebrauchen ſey; andere hingegen halten davor, daß der zum Abraufen gebrauchte Kalk derſelben nicht ſchade, wenn nur die Wolle alsdenn rein gewa- ſchen und getrocknet worden. Die- ſem ſey wie ihm wolle, ſo iſt doch die Raufwolle die ſchlechteſte Gat- tung von Wolle. Denn, weil bey dem Ausraufen die Wurzel der Wolle mit abgeht, und auch das Haar, ſo in dem Felle eines todten Thieres lange ſitzen bleibt, ſtockigt und gleich- ſam erſtorben wird: ſo iſt derglei- chen Wolle nicht nur grob, ſondern auch ſonſt nicht ſo gut und dauer- haftig, als die Scheerwolle; nicht zu gedenken, daß ſie, wenn ſie be- reits im Kalke geweſen iſt, davon ſehr hart werde. Jndeſſen wird die Raufwolle gleichwol auch zum Ein- ſchuſſe verſchiedener Zeuge gebraucht, und in verſchiedene Sorten gethei- let. Jnſonderheit hat man zwey Arten der Raufwolle, naͤmlich Schlachtwolle und Sterblings- wolle; a) Schlachtwolle iſt dieje- nige, welche aus den Fellen gerauft wird, ſo die Fleiſcher von den ge- ſchlachteten Schafen abgezogen; und b) Sterblingswolle iſt diejeni- ge, welche aus den Fellen gerauft wird, ſo die Schaͤfer von den ſelbſtgeſtorbenen Schafen abge- ſtreift haben. Dieſe letztere iſt ſchlechter als die erſtere, ſiehe ab- gebeizte Wolle. (b) Scheerwolle, Schurwolle, oder Schaͤrwolle, franz. Toiſon, iſt diejenige Wolle, welche die Schaͤfer und andere Hausvaͤter den lebendigen Scha- fen des Jahrs ein bis zweymal ab- ſcheeren. Solche iſt nicht mit der Scheerwolle zu vermengen, welche die Tuchſcheerer den rauhen Tuͤ- chern abſcheeren, und welche unten, da wir von den Abgaͤngen von der Wolle reden, vorkoͤmmt. Die Scheer- oder Schurwolle wird wie- derum in verſchiedene Gattungen ſortiret und abgeſondert, nach dem verſchiedenen Gebrauche, wozu ſie angewendet werden ſoll. Denn es wird die Wolle ferner (2) in Anſe- hung des Geſchlechts und Alters der Schafe eingetheilt in Hammel- Schaf- und Lammwolle; (a) Ham- melwolle iſt die von den ver- ſchnittenen Maͤnnlein des Schaf- viehes gewonnene Wolle; (b) Schaf- wolle heißt die von den Weiblein des Schafviehes geſchorne Wolle; und (c) Lammwolle oder Jaͤhr- lingswolle iſt die von den Jun- gen beyderley Geſchlechts in dem erſten Jahre genommene Wolle. Den Unterſcheid dieſer drey Gat- tungen der Wolle beobachten die Handwerker fleißig, indem die erſte grob, die zweyte zu Tuͤchern beſſer als die erſte, und die dritte die feinſte und allerbeſte iſt, ſiehe Lamm. Weiter iſt die Wolle (3) in Anſe- hung der Wollſchur entweder ein- oder zweyſchuͤrig: (a) Einſchuͤrige Wolle V. Theil. F f

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. [449]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/455>, abgerufen am 20.05.2024.