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Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756.

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deutschen Handlung.
beydes im Lande, als außerhalb Landes, weit und breit wieder
verbreiten: wie denn so gar viele Großirer selbsten, des Ein-
kaufs
wegen, jährlich nach Frankreich, England etc. reisen;
die meisten aber nebst den reichsten Krämern sich diejenigen
Waaren aus der ersten Hand verschreiben, welche ihnen die
Fremden entweder wol gar nicht, oder doch nicht in solcher
Menge, Güte und Preiße auf die Messen nach Leipzig bringen,
als sie verlangen: und eben diese Großirer sowol, als die Krä-
mer, besuchen mit denen aus fremden Landen geholten, ver-
schriebenen, und auf den hiesigen Messen eingekauften Waaren,
des Verkaufs wegen, sowol die einheimischen, als auswärti-
gen Messen. Was nun aber die leipziger Messen betrifft: so
sind deren drey, nämlich die Neujahrs- die Jubilate- oder
Oster- und die Michaelsmesse. Eine jede steht 14 Tage: je-
doch erstrecket sich die eigentliche Meßfreyheit nur auf die ersten
sieben Tage, und bis die Messe ausgeläutet wird. Die letzten
sieben Tage werden die Zahlwoche genennet. Die Neujahrs-
messe fängt sich mit dem Neujahrstage an. Die Ostermesse
nimmt ihren Anfang am Sonntage Jubilate. Die Michael-
messe fängt sich des nächsten Sonntags nach diesem Feste an;
daher, wenn dasselbige auf einen Sonntag eintrifft, die Messe
allererst acht Tage hernach angeht. Sonst hat man auch zu
Naumburg jährlich eine berühmte Messe, der Peter-Paul-
markt genannt, welcher von einigen für die vierte leipziger
Messe gerechnet wird, weil die meisten leipziger Kaufleute ins-
gemein daselbst zu finden sind. Der blühende Zustand der drey
leipziger Messen ist verwunderungswürdig, immaßen auf den-
selben ein unbeschreiblicher Schatz von allerhand Kaufmanns-
waaren, und eine Menge von allerhand Standespersonen in
Leipzig zu solcher Zeit zu sehen ist; doch ist auf der Neujahrs-
messe der Besuch von Fremden nicht so groß. Vornehmlich
kann man die leipziger Börse, und den darauf in der Zahlwo-
che vorgehenden Scontro, als ein ansehnliches Werk betrach-
ten; und ist es andem, daß hier einem großen Theile von Eu-
ropa der Wechselcours vorgeschrieben wird, welchen man des
Freytags in der ersten Meßwoche setzet. Von Privathäusern
ist der bekannte Auerbachshof, sonderlich in denen Messen mit
großem Gute und vielen Waaren, insbesondere den größten
Kostbarkeiten an augspurger Gold- und Silbergeschirren, Ju-
welen, reichen Stoffen und andern Galanterien reichlich ver-
sehen: gleichwie er auch, vornehmlich in der Zahlwoche, zum
Sammelplatze des sich häufig auf die Messen einfindenden Adels
dienet. Es dürfen aber die Fremden vor eingeläuteter Messe
keinen einzeln Verkauf treiben; der Handel im Ganzen hinge-
gen wird 2 bis 3 Tage vorher gestattet, wie denn auch wirk-
lich in solcher Zeit das meiste im Ganzen gehandelt wird: und
eben dieser Grossobandel ist der vorzüglichste Handel der Frem-
den auf den leipziger Messen. Die Mittwoche vor der ersten
Meßwoche langet das nürnberger Geleite (§. 83.) an, und geht
den Zahltag Abends wieder ab. Die Meßwaaren, oder die

Waa-

deutſchen Handlung.
beydes im Lande, als außerhalb Landes, weit und breit wieder
verbreiten: wie denn ſo gar viele Großirer ſelbſten, des Ein-
kaufs
wegen, jaͤhrlich nach Frankreich, England ꝛc. reiſen;
die meiſten aber nebſt den reichſten Kraͤmern ſich diejenigen
Waaren aus der erſten Hand verſchreiben, welche ihnen die
Fremden entweder wol gar nicht, oder doch nicht in ſolcher
Menge, Guͤte und Preiße auf die Meſſen nach Leipzig bringen,
als ſie verlangen: und eben dieſe Großirer ſowol, als die Kraͤ-
mer, beſuchen mit denen aus fremden Landen geholten, ver-
ſchriebenen, und auf den hieſigen Meſſen eingekauften Waaren,
des Verkaufs wegen, ſowol die einheimiſchen, als auswaͤrti-
gen Meſſen. Was nun aber die leipziger Meſſen betrifft: ſo
ſind deren drey, naͤmlich die Neujahrs- die Jubilate- oder
Oſter- und die Michaelsmeſſe. Eine jede ſteht 14 Tage: je-
doch erſtrecket ſich die eigentliche Meßfreyheit nur auf die erſten
ſieben Tage, und bis die Meſſe ausgelaͤutet wird. Die letzten
ſieben Tage werden die Zahlwoche genennet. Die Neujahrs-
meſſe faͤngt ſich mit dem Neujahrstage an. Die Oſtermeſſe
nimmt ihren Anfang am Sonntage Jubilate. Die Michael-
meſſe faͤngt ſich des naͤchſten Sonntags nach dieſem Feſte an;
daher, wenn daſſelbige auf einen Sonntag eintrifft, die Meſſe
allererſt acht Tage hernach angeht. Sonſt hat man auch zu
Naumburg jaͤhrlich eine beruͤhmte Meſſe, der Peter-Paul-
markt genannt, welcher von einigen fuͤr die vierte leipziger
Meſſe gerechnet wird, weil die meiſten leipziger Kaufleute ins-
gemein daſelbſt zu finden ſind. Der bluͤhende Zuſtand der drey
leipziger Meſſen iſt verwunderungswuͤrdig, immaßen auf den-
ſelben ein unbeſchreiblicher Schatz von allerhand Kaufmanns-
waaren, und eine Menge von allerhand Standesperſonen in
Leipzig zu ſolcher Zeit zu ſehen iſt; doch iſt auf der Neujahrs-
meſſe der Beſuch von Fremden nicht ſo groß. Vornehmlich
kann man die leipziger Boͤrſe, und den darauf in der Zahlwo-
che vorgehenden Scontro, als ein anſehnliches Werk betrach-
ten; und iſt es andem, daß hier einem großen Theile von Eu-
ropa der Wechſelcours vorgeſchrieben wird, welchen man des
Freytags in der erſten Meßwoche ſetzet. Von Privathaͤuſern
iſt der bekannte Auerbachshof, ſonderlich in denen Meſſen mit
großem Gute und vielen Waaren, insbeſondere den groͤßten
Koſtbarkeiten an augſpurger Gold- und Silbergeſchirren, Ju-
welen, reichen Stoffen und andern Galanterien reichlich ver-
ſehen: gleichwie er auch, vornehmlich in der Zahlwoche, zum
Sammelplatze des ſich haͤufig auf die Meſſen einfindenden Adels
dienet. Es duͤrfen aber die Fremden vor eingelaͤuteter Meſſe
keinen einzeln Verkauf treiben; der Handel im Ganzen hinge-
gen wird 2 bis 3 Tage vorher geſtattet, wie denn auch wirk-
lich in ſolcher Zeit das meiſte im Ganzen gehandelt wird: und
eben dieſer Groſſobandel iſt der vorzuͤglichſte Handel der Frem-
den auf den leipziger Meſſen. Die Mittwoche vor der erſten
Meßwoche langet das nuͤrnberger Geleite (§. 83.) an, und geht
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[429/1033] deutſchen Handlung. beydes im Lande, als außerhalb Landes, weit und breit wieder verbreiten: wie denn ſo gar viele Großirer ſelbſten, des Ein- kaufs wegen, jaͤhrlich nach Frankreich, England ꝛc. reiſen; die meiſten aber nebſt den reichſten Kraͤmern ſich diejenigen Waaren aus der erſten Hand verſchreiben, welche ihnen die Fremden entweder wol gar nicht, oder doch nicht in ſolcher Menge, Guͤte und Preiße auf die Meſſen nach Leipzig bringen, als ſie verlangen: und eben dieſe Großirer ſowol, als die Kraͤ- mer, beſuchen mit denen aus fremden Landen geholten, ver- ſchriebenen, und auf den hieſigen Meſſen eingekauften Waaren, des Verkaufs wegen, ſowol die einheimiſchen, als auswaͤrti- gen Meſſen. Was nun aber die leipziger Meſſen betrifft: ſo ſind deren drey, naͤmlich die Neujahrs- die Jubilate- oder Oſter- und die Michaelsmeſſe. Eine jede ſteht 14 Tage: je- doch erſtrecket ſich die eigentliche Meßfreyheit nur auf die erſten ſieben Tage, und bis die Meſſe ausgelaͤutet wird. Die letzten ſieben Tage werden die Zahlwoche genennet. Die Neujahrs- meſſe faͤngt ſich mit dem Neujahrstage an. Die Oſtermeſſe nimmt ihren Anfang am Sonntage Jubilate. Die Michael- meſſe faͤngt ſich des naͤchſten Sonntags nach dieſem Feſte an; daher, wenn daſſelbige auf einen Sonntag eintrifft, die Meſſe allererſt acht Tage hernach angeht. Sonſt hat man auch zu Naumburg jaͤhrlich eine beruͤhmte Meſſe, der Peter-Paul- markt genannt, welcher von einigen fuͤr die vierte leipziger Meſſe gerechnet wird, weil die meiſten leipziger Kaufleute ins- gemein daſelbſt zu finden ſind. Der bluͤhende Zuſtand der drey leipziger Meſſen iſt verwunderungswuͤrdig, immaßen auf den- ſelben ein unbeſchreiblicher Schatz von allerhand Kaufmanns- waaren, und eine Menge von allerhand Standesperſonen in Leipzig zu ſolcher Zeit zu ſehen iſt; doch iſt auf der Neujahrs- meſſe der Beſuch von Fremden nicht ſo groß. Vornehmlich kann man die leipziger Boͤrſe, und den darauf in der Zahlwo- che vorgehenden Scontro, als ein anſehnliches Werk betrach- ten; und iſt es andem, daß hier einem großen Theile von Eu- ropa der Wechſelcours vorgeſchrieben wird, welchen man des Freytags in der erſten Meßwoche ſetzet. Von Privathaͤuſern iſt der bekannte Auerbachshof, ſonderlich in denen Meſſen mit großem Gute und vielen Waaren, insbeſondere den groͤßten Koſtbarkeiten an augſpurger Gold- und Silbergeſchirren, Ju- welen, reichen Stoffen und andern Galanterien reichlich ver- ſehen: gleichwie er auch, vornehmlich in der Zahlwoche, zum Sammelplatze des ſich haͤufig auf die Meſſen einfindenden Adels dienet. Es duͤrfen aber die Fremden vor eingelaͤuteter Meſſe keinen einzeln Verkauf treiben; der Handel im Ganzen hinge- gen wird 2 bis 3 Tage vorher geſtattet, wie denn auch wirk- lich in ſolcher Zeit das meiſte im Ganzen gehandelt wird: und eben dieſer Groſſobandel iſt der vorzuͤglichſte Handel der Frem- den auf den leipziger Meſſen. Die Mittwoche vor der erſten Meßwoche langet das nuͤrnberger Geleite (§. 83.) an, und geht den Zahltag Abends wieder ab. Die Meßwaaren, oder die Waa-

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Zitationshilfe: Ludovici, Carl Günther: Eröffnete Akademie der Kaufleute, oder vollständiges Kaufmanns-Lexicon. Bd. 5. Leipzig, 1756, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ludovici_grundriss_1756/1033>, abgerufen am 23.11.2024.