Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

der Verführung der Jugend.
Schaden leiden, als der Aehnlichkeit mit dem Eben-
bild deines Jmmanuels dich beraubet sehen? O
mein liebstes Hertzens-Kind! wann du etwa einen
Linsen-Brey, Lebkuchen, Zucker-Brod, gemahlet
Glaß, glantzenden neuen Pfennig, ein wohl-rie-
chendes, Blumen-reiches, buntfärbiges Cräntzlein
und dergleichen Vergänglichkeiten, womit Unver-
ständige ihre kindische Gelüste büssen und darüber ei-
nen Himmel voll Seligkeiten offtmalen verschertzen,
mit inniglicher Sehnsucht verlangest; alles dieses
aber aus Krafft und Trieb des H. Geistes, und um
des lieben Friedens willen gerne andern überlässest:
So setzest du zwar das Nichtige, darvon kaum etwas
übrig bleibet bis Morgen, hindan; darfur aber be-
reiten dir die heiligen Engel ins himmlischen Vatters
Reich ewig-blühende Schönheiten und unaussprech-
liche Süßigkeiten, und dein Heyland leget dir im
ewigen Leben unausdenckliche Herrlichkeiten mit tau-
sendmal grösserer Freude seines Hertzens bey, als es
dich anjetzo freuet, ihme durch deine Nachahmung,
Ehre, Freude, Vergnügen und ein Wohlgefallen
zu machen. Was haben dannzumal die läppische,
Lust- und Hoffart-süchtige Kinder davon, wann sie
ihre Tändeleyen wie unvernünfftige Fercklein wegge-
naschet, verschleppet, zerbrochen und verbraucht ha-
ben? Es ist leicht zu erachten, daß das, was aus
dem Lebens-Baum, dem göttlichen Weinstock, dem
wahrhafftigen GOtt selber gewachsen, von ungleich-
grösserm Wehrt seyn müsse, als was nur durch Men-
schen-Fleiß und Arbeit aus der tummen, plumpen,
schwartzen, finstern Erden herkommt; jenes kanst
du alsdann haben, so lang GOtt lebt, wann diese
mit allen Menschen-Wercken, königlichen Pallästen

und

der Verfuͤhrung der Jugend.
Schaden leiden, als der Aehnlichkeit mit dem Eben-
bild deines Jmmanuels dich beraubet ſehen? O
mein liebſtes Hertzens-Kind! wann du etwa einen
Linſen-Brey, Lebkuchen, Zucker-Brod, gemahlet
Glaß, glantzenden neuen Pfennig, ein wohl-rie-
chendes, Blumen-reiches, buntfaͤrbiges Craͤntzlein
und dergleichen Vergaͤnglichkeiten, womit Unver-
ſtaͤndige ihre kindiſche Geluͤſte buͤſſen und daruͤber ei-
nen Himmel voll Seligkeiten offtmalen verſchertzen,
mit inniglicher Sehnſucht verlangeſt; alles dieſes
aber aus Krafft und Trieb des H. Geiſtes, und um
des lieben Friedens willen gerne andern uͤberlaͤſſeſt:
So ſetzeſt du zwar das Nichtige, darvon kaum etwas
uͤbrig bleibet bis Morgen, hindan; darfur aber be-
reiten dir die heiligen Engel ins himmliſchen Vatters
Reich ewig-bluͤhende Schoͤnheiten und unausſprech-
liche Suͤßigkeiten, und dein Heyland leget dir im
ewigen Leben unausdenckliche Herrlichkeiten mit tau-
ſendmal groͤſſerer Freude ſeines Hertzens bey, als es
dich anjetzo freuet, ihme durch deine Nachahmung,
Ehre, Freude, Vergnuͤgen und ein Wohlgefallen
zu machen. Was haben dannzumal die laͤppiſche,
Luſt- und Hoffart-ſuͤchtige Kinder davon, wann ſie
ihre Taͤndeleyen wie unvernuͤnfftige Fercklein wegge-
naſchet, verſchleppet, zerbrochen und verbraucht ha-
ben? Es iſt leicht zu erachten, daß das, was aus
dem Lebens-Baum, dem goͤttlichen Weinſtock, dem
wahrhafftigen GOtt ſelber gewachſen, von ungleich-
groͤſſerm Wehrt ſeyn muͤſſe, als was nur durch Men-
ſchen-Fleiß und Arbeit aus der tummen, plumpen,
ſchwartzen, finſtern Erden herkommt; jenes kanſt
du alsdann haben, ſo lang GOtt lebt, wann dieſe
mit allen Menſchen-Wercken, koͤniglichen Pallaͤſten

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0049" n="31"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Verfu&#x0364;hrung der Jugend.</hi></fw><lb/>
Schaden leiden, als der Aehnlichkeit mit dem Eben-<lb/>
bild deines Jmmanuels dich beraubet &#x017F;ehen? O<lb/>
mein lieb&#x017F;tes Hertzens-Kind! wann du etwa einen<lb/>
Lin&#x017F;en-Brey, Lebkuchen, Zucker-Brod, gemahlet<lb/>
Glaß, glantzenden neuen Pfennig, ein wohl-rie-<lb/>
chendes, Blumen-reiches, buntfa&#x0364;rbiges Cra&#x0364;ntzlein<lb/>
und dergleichen Verga&#x0364;nglichkeiten, womit Unver-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndige ihre kindi&#x017F;che Gelu&#x0364;&#x017F;te bu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en und daru&#x0364;ber ei-<lb/>
nen Himmel voll Seligkeiten offtmalen ver&#x017F;chertzen,<lb/>
mit inniglicher Sehn&#x017F;ucht verlange&#x017F;t; alles die&#x017F;es<lb/>
aber aus Krafft und Trieb des H. Gei&#x017F;tes, und um<lb/>
des lieben Friedens willen gerne andern u&#x0364;berla&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t:<lb/>
So &#x017F;etze&#x017F;t du zwar das Nichtige, darvon kaum etwas<lb/>
u&#x0364;brig bleibet bis Morgen, hindan; darfur aber be-<lb/>
reiten dir die heiligen Engel ins himmli&#x017F;chen Vatters<lb/>
Reich ewig-blu&#x0364;hende Scho&#x0364;nheiten und unaus&#x017F;prech-<lb/>
liche Su&#x0364;ßigkeiten, und dein Heyland leget dir im<lb/>
ewigen Leben unausdenckliche Herrlichkeiten mit tau-<lb/>
&#x017F;endmal gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erer Freude &#x017F;eines Hertzens bey, als es<lb/>
dich anjetzo freuet, ihme durch deine Nachahmung,<lb/>
Ehre, Freude, Vergnu&#x0364;gen und ein Wohlgefallen<lb/>
zu machen. Was haben dannzumal die la&#x0364;ppi&#x017F;che,<lb/>
Lu&#x017F;t- und Hoffart-&#x017F;u&#x0364;chtige Kinder davon, wann &#x017F;ie<lb/>
ihre Ta&#x0364;ndeleyen wie unvernu&#x0364;nfftige Fercklein wegge-<lb/>
na&#x017F;chet, ver&#x017F;chleppet, zerbrochen und verbraucht ha-<lb/>
ben? Es i&#x017F;t leicht zu erachten, daß das, was aus<lb/>
dem Lebens-Baum, dem go&#x0364;ttlichen Wein&#x017F;tock, dem<lb/>
wahrhafftigen GOtt &#x017F;elber gewach&#x017F;en, von ungleich-<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erm Wehrt &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, als was nur durch Men-<lb/>
&#x017F;chen-Fleiß und Arbeit aus der tummen, plumpen,<lb/>
&#x017F;chwartzen, fin&#x017F;tern Erden herkommt; jenes kan&#x017F;t<lb/>
du alsdann haben, &#x017F;o lang GOtt lebt, wann die&#x017F;e<lb/>
mit allen Men&#x017F;chen-Wercken, ko&#x0364;niglichen Palla&#x0364;&#x017F;ten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0049] der Verfuͤhrung der Jugend. Schaden leiden, als der Aehnlichkeit mit dem Eben- bild deines Jmmanuels dich beraubet ſehen? O mein liebſtes Hertzens-Kind! wann du etwa einen Linſen-Brey, Lebkuchen, Zucker-Brod, gemahlet Glaß, glantzenden neuen Pfennig, ein wohl-rie- chendes, Blumen-reiches, buntfaͤrbiges Craͤntzlein und dergleichen Vergaͤnglichkeiten, womit Unver- ſtaͤndige ihre kindiſche Geluͤſte buͤſſen und daruͤber ei- nen Himmel voll Seligkeiten offtmalen verſchertzen, mit inniglicher Sehnſucht verlangeſt; alles dieſes aber aus Krafft und Trieb des H. Geiſtes, und um des lieben Friedens willen gerne andern uͤberlaͤſſeſt: So ſetzeſt du zwar das Nichtige, darvon kaum etwas uͤbrig bleibet bis Morgen, hindan; darfur aber be- reiten dir die heiligen Engel ins himmliſchen Vatters Reich ewig-bluͤhende Schoͤnheiten und unausſprech- liche Suͤßigkeiten, und dein Heyland leget dir im ewigen Leben unausdenckliche Herrlichkeiten mit tau- ſendmal groͤſſerer Freude ſeines Hertzens bey, als es dich anjetzo freuet, ihme durch deine Nachahmung, Ehre, Freude, Vergnuͤgen und ein Wohlgefallen zu machen. Was haben dannzumal die laͤppiſche, Luſt- und Hoffart-ſuͤchtige Kinder davon, wann ſie ihre Taͤndeleyen wie unvernuͤnfftige Fercklein wegge- naſchet, verſchleppet, zerbrochen und verbraucht ha- ben? Es iſt leicht zu erachten, daß das, was aus dem Lebens-Baum, dem goͤttlichen Weinſtock, dem wahrhafftigen GOtt ſelber gewachſen, von ungleich- groͤſſerm Wehrt ſeyn muͤſſe, als was nur durch Men- ſchen-Fleiß und Arbeit aus der tummen, plumpen, ſchwartzen, finſtern Erden herkommt; jenes kanſt du alsdann haben, ſo lang GOtt lebt, wann dieſe mit allen Menſchen-Wercken, koͤniglichen Pallaͤſten und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/49
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/49>, abgerufen am 24.11.2024.