ZU mir, zu mir (rufft JEsus noch) die Kindlein lasset kommen; hab ich aus Lieb zu ihnen doch die Kindheit angenommen, ja wie ein arm elendes Kind, gebüsset und beweint die Sünd der Kinder die mich hören.
2. Jch hab am Creutz für sie mein Blut mit bit- term Schmertz vergossen, dadurch gelöscht der Höllen- Glut, den Himmel aufgeschlossen: Nun steh und ruff ich mit Begier, kommt Kinder, kommet her zu mir, ich will euch selig machen.
3. Zu mir zu mir, nicht zu der Welt, und ihren Eitelkeiten; die auch euch Kindern sehr nachstellt, und lockt auf allen Seiten; drum sieh dich vor, mein Kind und thu vor sie dein Aug und Hertze zu, sie siürtzt dich ins Verderben.
4. Sie beut dir an Lust, Ehre, Pracht, Freud, Schönheit, Ruh und Schätze; doch wenn mans al- les wohl betracht' so sinds nur Strick und Netze, die Satan braucht, dadurch die Seel zu fangen und zu führn zur Höll auf ebnen breiten Wegen.
5. Die Welt giebt Wollust, die zerfließt im Blick, und dann folgt Pressen; Wie bald ist eine Lust gebüßt, ein Lecker-Bißgen gessen? Und davor muß die Seele dann auf ewig mit dem reichen Mann dort in der Flamme darben.
6. Welt, Ehre, Lieb, Lob, Gunst und Gnad ist kaum mit Müh zukriegen; und wem sies heunt gege- ben hat, den läßt sie morgen liegen in Schmach, Verachtung, Spott und Koth, und hielt mans gleich bis in den Tod, folgt dann doch ew'ge Schande.
7. Jhr
Mel. Nun freut euch lieben Chriſten ꝛc.
1
ZU mir, zu mir (rufft JEſus noch) die Kindlein laſſet kommen; hab ich aus Lieb zu ihnen doch die Kindheit angenommen, ja wie ein arm elendes Kind, gebuͤſſet und beweint die Suͤnd der Kinder die mich hoͤren.
2. Jch hab am Creutz fuͤr ſie mein Blut mit bit- term Schmertz vergoſſen, dadurch geloͤſcht der Hoͤllen- Glut, den Himmel aufgeſchloſſen: Nun ſteh und ruff ich mit Begier, kommt Kinder, kommet her zu mir, ich will euch ſelig machen.
3. Zu mir zu mir, nicht zu der Welt, und ihren Eitelkeiten; die auch euch Kindern ſehr nachſtellt, und lockt auf allen Seiten; drum ſieh dich vor, mein Kind und thu vor ſie dein Aug und Hertze zu, ſie ſiuͤrtzt dich ins Verderben.
4. Sie beut dir an Luſt, Ehre, Pracht, Freud, Schoͤnheit, Ruh und Schaͤtze; doch wenn mans al- les wohl betracht’ ſo ſinds nur Strick und Netze, die Satan braucht, dadurch die Seel zu fangen und zu fuͤhrn zur Hoͤll auf ebnen breiten Wegen.
5. Die Welt giebt Wolluſt, die zerfließt im Blick, und dann folgt Preſſen; Wie bald iſt eine Luſt gebuͤßt, ein Lecker-Bißgen geſſen? Und davor muß die Seele dann auf ewig mit dem reichen Mann dort in der Flamme darben.
6. Welt, Ehre, Lieb, Lob, Gunſt und Gnad iſt kaum mit Muͤh zukriegen; und wem ſies heunt gege- ben hat, den laͤßt ſie morgen liegen in Schmach, Verachtung, Spott und Koth, und hielt mans gleich bis in den Tod, folgt dann doch ew’ge Schande.
7. Jhr
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Mel. Nun freut euch lieben Chriſten ꝛc.
1
ZU mir, zu mir (rufft JEſus noch) die Kindlein
laſſet kommen; hab ich aus Lieb zu ihnen doch
die Kindheit angenommen, ja wie ein arm
elendes Kind, gebuͤſſet und beweint die Suͤnd der
Kinder die mich hoͤren.
2. Jch hab am Creutz fuͤr ſie mein Blut mit bit-
term Schmertz vergoſſen, dadurch geloͤſcht der Hoͤllen-
Glut, den Himmel aufgeſchloſſen: Nun ſteh und ruff
ich mit Begier, kommt Kinder, kommet her zu mir,
ich will euch ſelig machen.
3. Zu mir zu mir, nicht zu der Welt, und ihren
Eitelkeiten; die auch euch Kindern ſehr nachſtellt, und
lockt auf allen Seiten; drum ſieh dich vor, mein Kind
und thu vor ſie dein Aug und Hertze zu, ſie ſiuͤrtzt dich
ins Verderben.
4. Sie beut dir an Luſt, Ehre, Pracht, Freud,
Schoͤnheit, Ruh und Schaͤtze; doch wenn mans al-
les wohl betracht’ ſo ſinds nur Strick und Netze, die
Satan braucht, dadurch die Seel zu fangen und zu
fuͤhrn zur Hoͤll auf ebnen breiten Wegen.
5. Die Welt giebt Wolluſt, die zerfließt im
Blick, und dann folgt Preſſen; Wie bald iſt eine
Luſt gebuͤßt, ein Lecker-Bißgen geſſen? Und davor
muß die Seele dann auf ewig mit dem reichen Mann
dort in der Flamme darben.
6. Welt, Ehre, Lieb, Lob, Gunſt und Gnad iſt
kaum mit Muͤh zukriegen; und wem ſies heunt gege-
ben hat, den laͤßt ſie morgen liegen in Schmach,
Verachtung, Spott und Koth, und hielt mans gleich
bis in den Tod, folgt dann doch ew’ge Schande.
7. Jhr
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/479>, abgerufen am 21.11.2024.
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