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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

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Gebet eines muntern Jünglings etc.
wann ich auch ein Königreich damit gewinnen kön-
te. Pflantze in mich eine so tieffe Anbetung deiner
gewaltigen Hand/ und Beugung darunter/ auch ei-
ne so entzückte Hochschätzung deiner unbegreiffli-
chen Gnade/ daß mir alle Ehren der Welt vorkom-
men wie Kinder-Possen gegen deiner himmlischen
Pracht und ewigen Herrlichkeit; alle irrdischen Reich-
thümer wie Gassen-Steine/ gegen den unvergäng-
lichen Schätzen deiner Liebe; alle Fleisches-Lust
wie bittere Galle aus dem Pfuhl/ gegen deiner
reinen Freude/ so aus der Ewigkeit fliesset/ davon
sa ein eintzeler Tropffe alle Anmuth und Süßigkeit
dieser Welt unendlich übertrifft/ auch das gröste
Elend und Schmertzen wegwischet. Vater in den
Himmeln! vereinige mich nur mit dem Sohn dei-
ner Liebe/ damit durch den Einfluß seines Lebens
dein vollkommener Wille in und an mir geschehe/ so
bin ich reich/ geehr und glückselig genug/ wann
ich nur einmahl mit deinem Bilde gesättiget werde/
und genug Heiligkeit habe; dazu hast du Reini-
gungs-Mittel in deiner unergründlichen Weisbeit
genug/ wann es schon keine Galleeren/ Kercker/ Ge-
stanck-Löcher/ und Folter-Bäncke sind. Seelen-Ban-
gigkeiten sind deine glüende Kessel und Pfannen/
darin du den Sünden-Rost ausbrennest; wodurch
du manchen Jüngling zu einem herrlichen Gefäß
von klarem Gold in deinem Haus ausgerüstet hast/
und zu Sternen von der ersten Grösse zubereitet:
Ach/ daß ich auch möchte so selig seyn. Thue mit
mir/ wie es dir beliebt; halte mich nur in deiner
Hut/ daß mein Gewissen keinen Brandmahl-Flecken
und meine Seele nichts heßlichers bekomme/ mir
auch kein Gebrechen anklebe/ weswegen ich vom
Dienst im Heiligthum ausbeschlossen werde/ diß wä-
re ein grösser Unglück vor mich/ als wann ich le-
bendig gebraten würde/ und der Dampf über mich
hin und her schlüge. Ach guter GOtt! Erbarme dich
der heutigen Jugend/ über welche du einen höllisch-
finstern/ stinckenden Sünden-Rauch schweben sie-
best/ der vom fressenden Feuer der unreinen Lust
aufsteiget/ und sie blind und sturm machet. Und

wo

Gebet eines muntern Juͤnglings ꝛc.
wann ich auch ein Koͤnigreich damit gewinnen koͤn-
te. Pflantze in mich eine ſo tieffe Anbetung deiner
gewaltigen Hand/ und Beugung darunter/ auch ei-
ne ſo entzuͤckte Hochſchaͤtzung deiner unbegreiffli-
chen Gnade/ daß mir alle Ehren der Welt vorkom-
men wie Kinder-Poſſen gegen deiner himmliſchen
Pracht und ewigen Herrlichkeit; alle irrdiſchen Reich-
thuͤmer wie Gaſſen-Steine/ gegen den unvergaͤng-
lichen Schaͤtzen deiner Liebe; alle Fleiſches-Luſt
wie bittere Galle aus dem Pfuhl/ gegen deiner
reinen Freude/ ſo aus der Ewigkeit flieſſet/ davon
ſa ein eintzeler Tropffe alle Anmuth und Suͤßigkeit
dieſer Welt unendlich uͤbertrifft/ auch das groͤſte
Elend und Schmertzen wegwiſchet. Vater in den
Himmeln! vereinige mich nur mit dem Sohn dei-
ner Liebe/ damit durch den Einfluß ſeines Lebens
dein vollkommener Wille in und an mir geſchehe/ ſo
bin ich reich/ geehr und gluͤckſelig genug/ wann
ich nur einmahl mit deinem Bilde geſaͤttiget werde/
und genug Heiligkeit habe; dazu haſt du Reini-
gungs-Mittel in deiner unergruͤndlichen Weisbeit
genug/ wann es ſchon keine Galleeren/ Kercker/ Ge-
ſtanck-Loͤcher/ und Folter-Baͤncke ſind. Seelen-Ban-
gigkeiten ſind deine gluͤende Keſſel und Pfannen/
darin du den Suͤnden-Roſt ausbrenneſt; wodurch
du manchen Juͤngling zu einem herrlichen Gefaͤß
von klarem Gold in deinem Haus ausgeruͤſtet haſt/
und zu Sternen von der erſten Groͤſſe zubereitet:
Ach/ daß ich auch moͤchte ſo ſelig ſeyn. Thue mit
mir/ wie es dir beliebt; halte mich nur in deiner
Hut/ daß mein Gewiſſen keinen Brandmahl-Flecken
und meine Seele nichts heßlichers bekomme/ mir
auch kein Gebrechen anklebe/ weswegen ich vom
Dienſt im Heiligthum ausbeſchloſſen werde/ diß waͤ-
re ein groͤſſer Ungluͤck vor mich/ als wann ich le-
bendig gebraten wuͤrde/ und der Dampf uͤber mich
hin und her ſchluͤge. Ach guter GOtt! Erbarme dich
der heutigen Jugend/ uͤber welche du einen hoͤlliſch-
finſtern/ ſtinckenden Suͤnden-Rauch ſchweben ſie-
beſt/ der vom freſſenden Feuer der unreinen Luſt
aufſteiget/ und ſie blind und ſturm machet. Und

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[454/0472] Gebet eines muntern Juͤnglings ꝛc. wann ich auch ein Koͤnigreich damit gewinnen koͤn- te. Pflantze in mich eine ſo tieffe Anbetung deiner gewaltigen Hand/ und Beugung darunter/ auch ei- ne ſo entzuͤckte Hochſchaͤtzung deiner unbegreiffli- chen Gnade/ daß mir alle Ehren der Welt vorkom- men wie Kinder-Poſſen gegen deiner himmliſchen Pracht und ewigen Herrlichkeit; alle irrdiſchen Reich- thuͤmer wie Gaſſen-Steine/ gegen den unvergaͤng- lichen Schaͤtzen deiner Liebe; alle Fleiſches-Luſt wie bittere Galle aus dem Pfuhl/ gegen deiner reinen Freude/ ſo aus der Ewigkeit flieſſet/ davon ſa ein eintzeler Tropffe alle Anmuth und Suͤßigkeit dieſer Welt unendlich uͤbertrifft/ auch das groͤſte Elend und Schmertzen wegwiſchet. Vater in den Himmeln! vereinige mich nur mit dem Sohn dei- ner Liebe/ damit durch den Einfluß ſeines Lebens dein vollkommener Wille in und an mir geſchehe/ ſo bin ich reich/ geehr und gluͤckſelig genug/ wann ich nur einmahl mit deinem Bilde geſaͤttiget werde/ und genug Heiligkeit habe; dazu haſt du Reini- gungs-Mittel in deiner unergruͤndlichen Weisbeit genug/ wann es ſchon keine Galleeren/ Kercker/ Ge- ſtanck-Loͤcher/ und Folter-Baͤncke ſind. Seelen-Ban- gigkeiten ſind deine gluͤende Keſſel und Pfannen/ darin du den Suͤnden-Roſt ausbrenneſt; wodurch du manchen Juͤngling zu einem herrlichen Gefaͤß von klarem Gold in deinem Haus ausgeruͤſtet haſt/ und zu Sternen von der erſten Groͤſſe zubereitet: Ach/ daß ich auch moͤchte ſo ſelig ſeyn. Thue mit mir/ wie es dir beliebt; halte mich nur in deiner Hut/ daß mein Gewiſſen keinen Brandmahl-Flecken und meine Seele nichts heßlichers bekomme/ mir auch kein Gebrechen anklebe/ weswegen ich vom Dienſt im Heiligthum ausbeſchloſſen werde/ diß waͤ- re ein groͤſſer Ungluͤck vor mich/ als wann ich le- bendig gebraten wuͤrde/ und der Dampf uͤber mich hin und her ſchluͤge. Ach guter GOtt! Erbarme dich der heutigen Jugend/ uͤber welche du einen hoͤlliſch- finſtern/ ſtinckenden Suͤnden-Rauch ſchweben ſie- beſt/ der vom freſſenden Feuer der unreinen Luſt aufſteiget/ und ſie blind und ſturm machet. Und wo

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/472>, abgerufen am 19.05.2024.