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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

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der Verführung der Jugend.

Wann du/ liebes Kind/ kein so gar-
stig Hertz hättest/ das mit so vielen bö-
sen Lüsten angefüllet ist/ so würdest du
dich an der Gabe GOttes nicht versün-
digen. Bändige und brich nur die auf-
steigende Lüste zur Völlerey/ so bleibest
du bey dem Gebrauch der Creatur ohne
Gefahr. Es gehört also dieses zum er-
sten Capitel/ da dir über dein verderb-
tes Fleisch und Blut zu wachen anbefoh-
len worden.

Ach liebes Kind! Es fehlet dir der göttliche
Zaum der ewigen Weisheit, der dich allein göttlich
regieren kan, daß du weder zu viel, noch zu wenig
thuest, und nur das zu dir nehmest, was unter dem
Segen des alles schaffenden Worts zu deiner Ge-
sundheit dienet, in ein hohes Freuden-volles Al-
ter aufzusteigen, und zu der Grösse eines Cedern-
Baums in Libanon aufzuwachsen. Darum wann
du hungerst, so laß dich die Gierigkeit nicht so hin-
reissen, daß du auf die Speise, wie ein Wolff oder
Geyer auf ein Aas fallest: Welchenfalls dein Ge-
bet nicht eine Hertzens-Erhebung zu GOtt, und ei-
ne Darstellung vor seine Gegenwart, sondern ein
kaltsinniges Murmeln wäre, wodurch du deine
Seele der Schlange zu garstigen Befleckungen
Preiß geben würdest; wie die lüsterne Eva ge-
than, deren der Teuffel sein Gifft in der schönen
Schachtel der verbotenen Frucht angeboten, und
sie davon genaschet und dadurch sich in das gröste
Unheil gestürtzet hat. Diesem ihrem Exempel kan
niemand ohne entsetzlichen Schaden folgen; und

daß
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der Verfuͤhrung der Jugend.

Wann du/ liebes Kind/ kein ſo gar-
ſtig Hertz haͤtteſt/ das mit ſo vielen boͤ-
ſen Luͤſten angefuͤllet iſt/ ſo wuͤrdeſt du
dich an der Gabe GOttes nicht verſuͤn-
digen. Baͤndige und brich nur die auf-
ſteigende Luͤſte zur Voͤllerey/ ſo bleibeſt
du bey dem Gebrauch der Creatur ohne
Gefahr. Es gehoͤrt alſo dieſes zum er-
ſten Capitel/ da dir uͤber dein verderb-
tes Fleiſch und Blut zu wachen anbefoh-
len worden.

Ach liebes Kind! Es fehlet dir der goͤttliche
Zaum der ewigen Weisheit, der dich allein goͤttlich
regieren kan, daß du weder zu viel, noch zu wenig
thueſt, und nur das zu dir nehmeſt, was unter dem
Segen des alles ſchaffenden Worts zu deiner Ge-
ſundheit dienet, in ein hohes Freuden-volles Al-
ter aufzuſteigen, und zu der Groͤſſe eines Cedern-
Baums in Libanon aufzuwachſen. Darum wann
du hungerſt, ſo laß dich die Gierigkeit nicht ſo hin-
reiſſen, daß du auf die Speiſe, wie ein Wolff oder
Geyer auf ein Aas falleſt: Welchenfalls dein Ge-
bet nicht eine Hertzens-Erhebung zu GOtt, und ei-
ne Darſtellung vor ſeine Gegenwart, ſondern ein
kaltſinniges Murmeln waͤre, wodurch du deine
Seele der Schlange zu garſtigen Befleckungen
Preiß geben wuͤrdeſt; wie die luͤſterne Eva ge-
than, deren der Teuffel ſein Gifft in der ſchoͤnen
Schachtel der verbotenen Frucht angeboten, und
ſie davon genaſchet und dadurch ſich in das groͤſte
Unheil geſtuͤrtzet hat. Dieſem ihrem Exempel kan
niemand ohne entſetzlichen Schaden folgen; und

daß
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[359/0377] der Verfuͤhrung der Jugend. Wann du/ liebes Kind/ kein ſo gar- ſtig Hertz haͤtteſt/ das mit ſo vielen boͤ- ſen Luͤſten angefuͤllet iſt/ ſo wuͤrdeſt du dich an der Gabe GOttes nicht verſuͤn- digen. Baͤndige und brich nur die auf- ſteigende Luͤſte zur Voͤllerey/ ſo bleibeſt du bey dem Gebrauch der Creatur ohne Gefahr. Es gehoͤrt alſo dieſes zum er- ſten Capitel/ da dir uͤber dein verderb- tes Fleiſch und Blut zu wachen anbefoh- len worden. Ach liebes Kind! Es fehlet dir der goͤttliche Zaum der ewigen Weisheit, der dich allein goͤttlich regieren kan, daß du weder zu viel, noch zu wenig thueſt, und nur das zu dir nehmeſt, was unter dem Segen des alles ſchaffenden Worts zu deiner Ge- ſundheit dienet, in ein hohes Freuden-volles Al- ter aufzuſteigen, und zu der Groͤſſe eines Cedern- Baums in Libanon aufzuwachſen. Darum wann du hungerſt, ſo laß dich die Gierigkeit nicht ſo hin- reiſſen, daß du auf die Speiſe, wie ein Wolff oder Geyer auf ein Aas falleſt: Welchenfalls dein Ge- bet nicht eine Hertzens-Erhebung zu GOtt, und ei- ne Darſtellung vor ſeine Gegenwart, ſondern ein kaltſinniges Murmeln waͤre, wodurch du deine Seele der Schlange zu garſtigen Befleckungen Preiß geben wuͤrdeſt; wie die luͤſterne Eva ge- than, deren der Teuffel ſein Gifft in der ſchoͤnen Schachtel der verbotenen Frucht angeboten, und ſie davon genaſchet und dadurch ſich in das groͤſte Unheil geſtuͤrtzet hat. Dieſem ihrem Exempel kan niemand ohne entſetzlichen Schaden folgen; und daß Z 4

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/377>, abgerufen am 25.11.2024.