lieset man irgendwo, daß JEsus in einem sanfften Bette gelegen habe? Ach nein! Wohl aber die- ses, daß er gantze Nächte wie eine Turtel-Taube auf denen Bergen, auf der kalten, feuchten Erden, vom Thau und Regen benetzt, als einer, der nicht hatte/ da er sein Haupt hinlegen kunte; Matth. 8, 20. im Gebet, Seuffzen und Thränen zugebracht: Nur ein einigmahl wird von einem Küssen gemeldet, das die Jünger bey sich hat- ten und ihme, weil er wegen grosser Mattigkeit sehr schläfferte, aus Höflichkeit unter sein Haupt hin- legten; Marc. 4, 38.
Schaue sodann, wie es in seinem gedingten schlechten Häusgen ausgesehen habe: So elend nemlich, daß kaum ein armer Bettelmann mit wenigerm Hausrath versehen seyn kan. Die- ser allerhöchste König truge ferner nicht einen Pfenning im Sack, vermochte auch nicht sein Kopff-Geld zu geben, da ein Fisch das beste dabey thun muste. Matth. 17, 27. Und wann man zu ihm in seine Herberg kame, so fande man wohl nichts von dem, womit etwa vermögende, ja vor- nehme Leute ihre Ehren-Zimmer auszieren, noch vielweniger ließ der fromme HErr mit Silber- Geschirr sich bedienen. Endlich ware sein Ster- be-Bett das unbehobelte Creutzes-Holtz, daran sein erbärmlich-zerrissener und auf das grausamste zergeisselter Leib gehangen; wo auch eiserne Nägel sein Sammet und Seiden und stachlichte Dörner sein Haupt-Küssen waren.
Siehe dann, mein Kind! was JEsus um dei- netwillen leidet, wie er auf Golgatha so blos und
nacket
der Eltern in Anſehung ihrer Kinder.
lieſet man irgendwo, daß JEſus in einem ſanfften Bette gelegen habe? Ach nein! Wohl aber die- ſes, daß er gantze Naͤchte wie eine Turtel-Taube auf denen Bergen, auf der kalten, feuchten Erden, vom Thau und Regen benetzt, als einer, der nicht hatte/ da er ſein Haupt hinlegen kunte; Matth. 8, 20. im Gebet, Seuffzen und Thraͤnen zugebracht: Nur ein einigmahl wird von einem Kuͤſſen gemeldet, das die Juͤnger bey ſich hat- ten und ihme, weil er wegen groſſer Mattigkeit ſehr ſchlaͤfferte, aus Hoͤflichkeit unter ſein Haupt hin- legten; Marc. 4, 38.
Schaue ſodann, wie es in ſeinem gedingten ſchlechten Haͤusgen ausgeſehen habe: So elend nemlich, daß kaum ein armer Bettelmann mit wenigerm Hausrath verſehen ſeyn kan. Die- ſer allerhoͤchſte Koͤnig truge ferner nicht einen Pfenning im Sack, vermochte auch nicht ſein Kopff-Geld zu geben, da ein Fiſch das beſte dabey thun muſte. Matth. 17, 27. Und wann man zu ihm in ſeine Herberg kame, ſo fande man wohl nichts von dem, womit etwa vermoͤgende, ja vor- nehme Leute ihre Ehren-Zimmer auszieren, noch vielweniger ließ der fromme HErr mit Silber- Geſchirr ſich bedienen. Endlich ware ſein Ster- be-Bett das unbehobelte Creutzes-Holtz, daran ſein erbaͤrmlich-zerriſſener und auf das grauſamſte zergeiſſelter Leib gehangen; wo auch eiſerne Naͤgel ſein Sammet und Seiden und ſtachlichte Doͤrner ſein Haupt-Kuͤſſen waren.
Siehe dann, mein Kind! was JEſus um dei- netwillen leidet, wie er auf Golgatha ſo blos und
nacket
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der Eltern in Anſehung ihrer Kinder.
lieſet man irgendwo, daß JEſus in einem ſanfften
Bette gelegen habe? Ach nein! Wohl aber die-
ſes, daß er gantze Naͤchte wie eine Turtel-Taube
auf denen Bergen, auf der kalten, feuchten Erden,
vom Thau und Regen benetzt, als einer, der nicht
hatte/ da er ſein Haupt hinlegen kunte;
Matth. 8, 20. im Gebet, Seuffzen und Thraͤnen
zugebracht: Nur ein einigmahl wird von einem
Kuͤſſen gemeldet, das die Juͤnger bey ſich hat-
ten und ihme, weil er wegen groſſer Mattigkeit ſehr
ſchlaͤfferte, aus Hoͤflichkeit unter ſein Haupt hin-
legten; Marc. 4, 38.
Schaue ſodann, wie es in ſeinem gedingten
ſchlechten Haͤusgen ausgeſehen habe: So
elend nemlich, daß kaum ein armer Bettelmann
mit wenigerm Hausrath verſehen ſeyn kan. Die-
ſer allerhoͤchſte Koͤnig truge ferner nicht einen
Pfenning im Sack, vermochte auch nicht ſein
Kopff-Geld zu geben, da ein Fiſch das beſte dabey
thun muſte. Matth. 17, 27. Und wann man zu
ihm in ſeine Herberg kame, ſo fande man wohl
nichts von dem, womit etwa vermoͤgende, ja vor-
nehme Leute ihre Ehren-Zimmer auszieren, noch
vielweniger ließ der fromme HErr mit Silber-
Geſchirr ſich bedienen. Endlich ware ſein Ster-
be-Bett das unbehobelte Creutzes-Holtz, daran
ſein erbaͤrmlich-zerriſſener und auf das grauſamſte
zergeiſſelter Leib gehangen; wo auch eiſerne Naͤgel
ſein Sammet und Seiden und ſtachlichte Doͤrner
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Siehe dann, mein Kind! was JEſus um dei-
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/223>, abgerufen am 17.07.2024.
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