daß du mit aller Fertigkeit nur das wirst wollen, was deinen Eltern beliebet: Wann dich sodann Unwillen und Widerspenstigkeit anfallen wolte, so wirst du darab erschrecken, als ob Bissen feuriger Schlangen, die niemand heilen kan als dein Hey- land, zu welchem du fiugs lauffen wirst. O wel- che Seligkeit wirst du alsdann geniessen! und wie wird dein GOTT sich freuen, daß du ihme Anlaß gibst seine Verheissungen an dir zu erfüllen, und dir wohl zu thun immer und ewiglich!
§. 24.
Es wird zwar hierüber bey der Welt genug Redens geben, und Satan fürnemlich deine vorige Cameraden oder Gespielen zur Erleidung deines ge- faßten Ernsts gebrauchen, die etwa zu dir kommen, deinen Zustand beklagen und sagen werden: "Ey "du elender Tropf, du arme Tröpfin, wie jam- "mert mich deiner, daß dich deine Eltern so ty- "rannisch einschräncken. Wann ich dergleichen "Eltern hätte, ich bliebe wohl nicht zu Hause: "Aber meine Eltern sind andere Leute, und haben "mehrern Verstand, die mir auch meine Freyheit "lassen und es nicht ungern sehen, wann ich auch "mit andern in Ehren lustig bin: Sie wissen "wohl, daß ich kein Geistlicher werden, sondern "das liebe Welt-Leben lernen solle: Müßte "ich also eingeschränckt leben, wie du, so wolte "ich lieber daß ich nicht gebohren wäre, und ich "könnte es auch unmöglich ausstehen. Wie "magst du doch? Streube dich ein bißgen dar-
gegen,
Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden
daß du mit aller Fertigkeit nur das wirſt wollen, was deinen Eltern beliebet: Wann dich ſodann Unwillen und Widerſpenſtigkeit anfallen wolte, ſo wirſt du darab erſchrecken, als ob Biſſen feuriger Schlangen, die niemand heilen kan als dein Hey- land, zu welchem du fiugs lauffen wirſt. O wel- che Seligkeit wirſt du alsdann genieſſen! und wie wird dein GOTT ſich freuen, daß du ihme Anlaß gibſt ſeine Verheiſſungen an dir zu erfuͤllen, und dir wohl zu thun immer und ewiglich!
§. 24.
Es wird zwar hieruͤber bey der Welt genug Redens geben, und Satan fuͤrnemlich deine vorige Cameraden oder Geſpielen zur Erleidung deines ge- faßten Ernſts gebrauchen, die etwa zu dir kommen, deinen Zuſtand beklagen und ſagen werden: „Ey “du elender Tropf, du arme Troͤpfin, wie jam- “mert mich deiner, daß dich deine Eltern ſo ty- “ranniſch einſchraͤncken. Wann ich dergleichen “Eltern haͤtte, ich bliebe wohl nicht zu Hauſe: “Aber meine Eltern ſind andere Leute, und haben “mehrern Verſtand, die mir auch meine Freyheit “laſſen und es nicht ungern ſehen, wann ich auch “mit andern in Ehren luſtig bin: Sie wiſſen “wohl, daß ich kein Geiſtlicher werden, ſondern “das liebe Welt-Leben lernen ſolle: Muͤßte “ich alſo eingeſchraͤnckt leben, wie du, ſo wolte “ich lieber daß ich nicht gebohren waͤre, und ich “koͤnnte es auch unmoͤglich ausſtehen. Wie “magſt du doch? Streube dich ein bißgen dar-
gegen,
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Cap. 2. Von Begehungs-Suͤnden
daß du mit aller Fertigkeit nur das wirſt wollen,
was deinen Eltern beliebet: Wann dich ſodann
Unwillen und Widerſpenſtigkeit anfallen wolte, ſo
wirſt du darab erſchrecken, als ob Biſſen feuriger
Schlangen, die niemand heilen kan als dein Hey-
land, zu welchem du fiugs lauffen wirſt. O wel-
che Seligkeit wirſt du alsdann genieſſen! und
wie wird dein GOTT ſich freuen, daß du ihme
Anlaß gibſt ſeine Verheiſſungen an dir zu erfuͤllen,
und dir wohl zu thun immer und ewiglich!
§. 24.
Es wird zwar hieruͤber bey der Welt genug
Redens geben, und Satan fuͤrnemlich deine vorige
Cameraden oder Geſpielen zur Erleidung deines ge-
faßten Ernſts gebrauchen, die etwa zu dir kommen,
deinen Zuſtand beklagen und ſagen werden: „Ey
“du elender Tropf, du arme Troͤpfin, wie jam-
“mert mich deiner, daß dich deine Eltern ſo ty-
“ranniſch einſchraͤncken. Wann ich dergleichen
“Eltern haͤtte, ich bliebe wohl nicht zu Hauſe:
“Aber meine Eltern ſind andere Leute, und haben
“mehrern Verſtand, die mir auch meine Freyheit
“laſſen und es nicht ungern ſehen, wann ich auch
“mit andern in Ehren luſtig bin: Sie wiſſen
“wohl, daß ich kein Geiſtlicher werden, ſondern
“das liebe Welt-Leben lernen ſolle: Muͤßte
“ich alſo eingeſchraͤnckt leben, wie du, ſo wolte
“ich lieber daß ich nicht gebohren waͤre, und ich
“koͤnnte es auch unmoͤglich ausſtehen. Wie
“magſt du doch? Streube dich ein bißgen dar-
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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/192>, abgerufen am 17.07.2024.
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