Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.Cap. 2. Die zweyte Quelle als mit dem Beding, daß sie auch lesen können,etwas geben wolte; da sie dann um eines schlechten Pfennings willen alle vollkommen lesen gelernet. Welches dann eine Prob ist, wie ein nichts-wer- thig Ding bey Thier-Menschen ungleich mehr ver- möge, als alle Seligkeit des Paradises und als die blutenden Liebes-Wunden des Heylandes, wo man nur Schatten und todte Bilder und Buch- staben darvon im Gehirn hat, die Sachen selber aber nicht würcklich im Hertzen und Leben genies- set; als worzu doch beydes Eltern und Lehrer das junge Blut allerdings anzuweisen und zu nöthigen haben. Von der Kröte sagt man, daß sie einen köst- Eltern
Cap. 2. Die zweyte Quelle als mit dem Beding, daß ſie auch leſen koͤnnen,etwas geben wolte; da ſie dann um eines ſchlechten Pfennings willen alle vollkommen leſen gelernet. Welches dann eine Prob iſt, wie ein nichts-wer- thig Ding bey Thier-Menſchen ungleich mehr ver- moͤge, als alle Seligkeit des Paradiſes und als die blutenden Liebes-Wunden des Heylandes, wo man nur Schatten und todte Bilder und Buch- ſtaben darvon im Gehirn hat, die Sachen ſelber aber nicht wuͤrcklich im Hertzen und Leben genieſ- ſet; als worzu doch beydes Eltern und Lehrer das junge Blut allerdings anzuweiſen und zu noͤthigen haben. Von der Kroͤte ſagt man, daß ſie einen koͤſt- Eltern
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Cap. 2. Die zweyte Quelle
als mit dem Beding, daß ſie auch leſen koͤnnen,
etwas geben wolte; da ſie dann um eines ſchlechten
Pfennings willen alle vollkommen leſen gelernet.
Welches dann eine Prob iſt, wie ein nichts-wer-
thig Ding bey Thier-Menſchen ungleich mehr ver-
moͤge, als alle Seligkeit des Paradiſes und als
die blutenden Liebes-Wunden des Heylandes, wo
man nur Schatten und todte Bilder und Buch-
ſtaben darvon im Gehirn hat, die Sachen ſelber
aber nicht wuͤrcklich im Hertzen und Leben genieſ-
ſet; als worzu doch beydes Eltern und Lehrer das
junge Blut allerdings anzuweiſen und zu noͤthigen
haben.
Von der Kroͤte ſagt man, daß ſie einen koͤſt-
lichen Stein im Kopff habe, da ſie uͤbrigens ein
gifftig und garſtiges Thierlein iſt: Alſo kan ein
Menſch Wiſſenſchafft im Kopff haben von geiſtli-
chen Geheimniſſen, darneben aber voll teuffliſcher
Eigenſchafften, ein greulich Ungeheur, eine Kroͤte
des Geitzes, ein Schwein der Fleiſches-Luſt, ein
Hund des Neids, ein Aff der heuchleriſchen Nach-
ahmung anderer; ein Pfau der hoffaͤrtigen Selbſt-
Beſpieglung, eine Schlange der Lugen und Falſch-
heit, ein Fuchs der Argliſtigkeit zur Ubervorthei-
lung des Naͤchſten, ein Loͤw des Jaͤch-Zorns ꝛc.
ſeyn; welches alles der Engel des Bundes, der
Goͤttliche Schmeltzer umſchmeltzen, fiuͤßig machen,
alle Haͤrtigkeit und Willens-Widerſetzlichkeit be-
nehmen und in einen andern Model gleichſam gieſ-
ſen muß, alſo, daß das junge Hertz die Geſtalt
des Kindes von Bethlehem, das iſt, ſeinen Sinn
und Bild bekomme. Worzu dann gut iſt, wann
Eltern
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