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Lorm, Hieronymus [d. i. Heinrich Landesmann]: Ein adeliges Fräulein. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–49. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Edelmann über das Entsetzen vor einem bürgerlichen Bewerber hätte hinweghelfen können, wenn Leo, mit den zerrütteten Verhältnissen des Cavaliers Wohl vertraut, ihm nicht einen Vertrag in die Hände gespielt hätte, aus welchem unter allerlei plausibel gemachten Vorwänden und Berechtigungen derartige Vortheile für den Baron hervorgingen, daß sie ihm die materielle Restauration seines Namens, seiner Güter, seines mit so brennendem Schmerz aufgegebenen Glanz- und Hoflebens gestatteten.

Noch immer ein wenig seufzend fand sich der Baron, bestochen durch den unerwarteten Reichthum, der ihm werden sollte, immer williger in den Gedanken an den bürgerlichen Schwiegersohn, und wenn jetzt außer Kunstwerken auch Luxusgegenstände aller Art eintrafen, weil Leo die Stätte, wo er himmlisches Glück gefunden hatte, aus Dankbarkeit zu einem Feenpalast herausschmücken wollte, so tröstete sich der Baron über die "unnatürliche" Verbindung, wie er sagte, mit der Betrachtung der zahlreichen Beispiele von Annäherung des Adels an die Industrie. Die ganze Gegend, über welche das Glück der Liebenden sich in zahlreichen Wohlthaten zu ergießen schien, sah den Baron lächelnd das Glück seines Kindes beobachten und hielt ihn selbst für beglückt.

Für die große Welt war das Bündniß noch so aiel wie Geheimniß, aber der Verlobungstag war festgesetzt, an welchem es allgemein bekannt werden sollte. Da traf eines Morgens im Spätherbste eine Staffette im Schlosse ein mit einem Schreiben für den Baron.

Edelmann über das Entsetzen vor einem bürgerlichen Bewerber hätte hinweghelfen können, wenn Leo, mit den zerrütteten Verhältnissen des Cavaliers Wohl vertraut, ihm nicht einen Vertrag in die Hände gespielt hätte, aus welchem unter allerlei plausibel gemachten Vorwänden und Berechtigungen derartige Vortheile für den Baron hervorgingen, daß sie ihm die materielle Restauration seines Namens, seiner Güter, seines mit so brennendem Schmerz aufgegebenen Glanz- und Hoflebens gestatteten.

Noch immer ein wenig seufzend fand sich der Baron, bestochen durch den unerwarteten Reichthum, der ihm werden sollte, immer williger in den Gedanken an den bürgerlichen Schwiegersohn, und wenn jetzt außer Kunstwerken auch Luxusgegenstände aller Art eintrafen, weil Leo die Stätte, wo er himmlisches Glück gefunden hatte, aus Dankbarkeit zu einem Feenpalast herausschmücken wollte, so tröstete sich der Baron über die „unnatürliche“ Verbindung, wie er sagte, mit der Betrachtung der zahlreichen Beispiele von Annäherung des Adels an die Industrie. Die ganze Gegend, über welche das Glück der Liebenden sich in zahlreichen Wohlthaten zu ergießen schien, sah den Baron lächelnd das Glück seines Kindes beobachten und hielt ihn selbst für beglückt.

Für die große Welt war das Bündniß noch so aiel wie Geheimniß, aber der Verlobungstag war festgesetzt, an welchem es allgemein bekannt werden sollte. Da traf eines Morgens im Spätherbste eine Staffette im Schlosse ein mit einem Schreiben für den Baron.

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[0042] Edelmann über das Entsetzen vor einem bürgerlichen Bewerber hätte hinweghelfen können, wenn Leo, mit den zerrütteten Verhältnissen des Cavaliers Wohl vertraut, ihm nicht einen Vertrag in die Hände gespielt hätte, aus welchem unter allerlei plausibel gemachten Vorwänden und Berechtigungen derartige Vortheile für den Baron hervorgingen, daß sie ihm die materielle Restauration seines Namens, seiner Güter, seines mit so brennendem Schmerz aufgegebenen Glanz- und Hoflebens gestatteten. Noch immer ein wenig seufzend fand sich der Baron, bestochen durch den unerwarteten Reichthum, der ihm werden sollte, immer williger in den Gedanken an den bürgerlichen Schwiegersohn, und wenn jetzt außer Kunstwerken auch Luxusgegenstände aller Art eintrafen, weil Leo die Stätte, wo er himmlisches Glück gefunden hatte, aus Dankbarkeit zu einem Feenpalast herausschmücken wollte, so tröstete sich der Baron über die „unnatürliche“ Verbindung, wie er sagte, mit der Betrachtung der zahlreichen Beispiele von Annäherung des Adels an die Industrie. Die ganze Gegend, über welche das Glück der Liebenden sich in zahlreichen Wohlthaten zu ergießen schien, sah den Baron lächelnd das Glück seines Kindes beobachten und hielt ihn selbst für beglückt. Für die große Welt war das Bündniß noch so aiel wie Geheimniß, aber der Verlobungstag war festgesetzt, an welchem es allgemein bekannt werden sollte. Da traf eines Morgens im Spätherbste eine Staffette im Schlosse ein mit einem Schreiben für den Baron.

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:30:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:30:32Z)

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Zitationshilfe: Lorm, Hieronymus [d. i. Heinrich Landesmann]: Ein adeliges Fräulein. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–49. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lorm_fraeulein_1910/42>, abgerufen am 27.11.2024.