Lorm, Hieronymus [d. i. Heinrich Landesmann]: Ein adeliges Fräulein. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–49. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Namen. Allein der Maler betheuerte, daß er noch nicht so Erhebliches geleistet hätte, daß seine Specialität eigentlich nur die Kunstkennerschaft wäre, und bewies, daß er wirklich den unberühmten Namen Leo Thurn führte. Unberühmt ist dieser Name nicht, versetzte der Baron, Thurn nennt sich ja der zwei- und dreifache Millionär, dessen landwirthschaftliche und Fabrik-Etablissements der König selbst als eine Zierde des Landes gepriesen hat. Es giebt so viele gleichlautende Namen, erwiderte der junge Mann, eine etwaige Vermuthung leichthin ablehnend. Schon wenige Tage nach seinem Scheiden trafen mehrere werthvolle Kunstwerke auf dem Schlosse ein, darunter auch das Bild von Ary Scheffer: "die heilige Monica mit ihrem Sohne." Thurn schrieb, der Baron möge einstweilen beschauen, prüfen, sich auf eine Wahl vorbereiten; über Art und Mittel der Erwerbung wolle er später mündlich mit ihm verhandeln. Auch ließ der junge Mann in der That nicht lange auf sich warten, doch führten die Verhandlungen bei seinem geschickten Ausweichen, so oft von einem Ankauf ernstlich die Rede sein sollte, zu keinem andern Ziele, als daß stets mehr Kunstwerke eintrafen und die Besuche des jungen Mannes in stets kürzeren Zwischenräumen erfolgten. Dem Baron mochte dies bei dem vollkommen edelmännischen Benehmen Thurn's, bei seinem feinen Tact Namen. Allein der Maler betheuerte, daß er noch nicht so Erhebliches geleistet hätte, daß seine Specialität eigentlich nur die Kunstkennerschaft wäre, und bewies, daß er wirklich den unberühmten Namen Leo Thurn führte. Unberühmt ist dieser Name nicht, versetzte der Baron, Thurn nennt sich ja der zwei- und dreifache Millionär, dessen landwirthschaftliche und Fabrik-Etablissements der König selbst als eine Zierde des Landes gepriesen hat. Es giebt so viele gleichlautende Namen, erwiderte der junge Mann, eine etwaige Vermuthung leichthin ablehnend. Schon wenige Tage nach seinem Scheiden trafen mehrere werthvolle Kunstwerke auf dem Schlosse ein, darunter auch das Bild von Ary Scheffer: „die heilige Monica mit ihrem Sohne.“ Thurn schrieb, der Baron möge einstweilen beschauen, prüfen, sich auf eine Wahl vorbereiten; über Art und Mittel der Erwerbung wolle er später mündlich mit ihm verhandeln. Auch ließ der junge Mann in der That nicht lange auf sich warten, doch führten die Verhandlungen bei seinem geschickten Ausweichen, so oft von einem Ankauf ernstlich die Rede sein sollte, zu keinem andern Ziele, als daß stets mehr Kunstwerke eintrafen und die Besuche des jungen Mannes in stets kürzeren Zwischenräumen erfolgten. Dem Baron mochte dies bei dem vollkommen edelmännischen Benehmen Thurn's, bei seinem feinen Tact <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <p><pb facs="#f0040"/> Namen. Allein der Maler betheuerte, daß er noch nicht so Erhebliches geleistet hätte, daß seine Specialität eigentlich nur die Kunstkennerschaft wäre, und bewies, daß er wirklich den unberühmten Namen Leo Thurn führte.</p><lb/> <p>Unberühmt ist dieser Name nicht, versetzte der Baron, Thurn nennt sich ja der zwei- und dreifache Millionär, dessen landwirthschaftliche und Fabrik-Etablissements der König selbst als eine Zierde des Landes gepriesen hat.</p><lb/> <p>Es giebt so viele gleichlautende Namen, erwiderte der junge Mann, eine etwaige Vermuthung leichthin ablehnend. Schon wenige Tage nach seinem Scheiden trafen mehrere werthvolle Kunstwerke auf dem Schlosse ein, darunter auch das Bild von Ary Scheffer: „die heilige Monica mit ihrem Sohne.“ Thurn schrieb, der Baron möge einstweilen beschauen, prüfen, sich auf eine Wahl vorbereiten; über Art und Mittel der Erwerbung wolle er später mündlich mit ihm verhandeln. Auch ließ der junge Mann in der That nicht lange auf sich warten, doch führten die Verhandlungen bei seinem geschickten Ausweichen, so oft von einem Ankauf ernstlich die Rede sein sollte, zu keinem andern Ziele, als daß stets mehr Kunstwerke eintrafen und die Besuche des jungen Mannes in stets kürzeren Zwischenräumen erfolgten.</p><lb/> <p>Dem Baron mochte dies bei dem vollkommen edelmännischen Benehmen Thurn's, bei seinem feinen Tact<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0040]
Namen. Allein der Maler betheuerte, daß er noch nicht so Erhebliches geleistet hätte, daß seine Specialität eigentlich nur die Kunstkennerschaft wäre, und bewies, daß er wirklich den unberühmten Namen Leo Thurn führte.
Unberühmt ist dieser Name nicht, versetzte der Baron, Thurn nennt sich ja der zwei- und dreifache Millionär, dessen landwirthschaftliche und Fabrik-Etablissements der König selbst als eine Zierde des Landes gepriesen hat.
Es giebt so viele gleichlautende Namen, erwiderte der junge Mann, eine etwaige Vermuthung leichthin ablehnend. Schon wenige Tage nach seinem Scheiden trafen mehrere werthvolle Kunstwerke auf dem Schlosse ein, darunter auch das Bild von Ary Scheffer: „die heilige Monica mit ihrem Sohne.“ Thurn schrieb, der Baron möge einstweilen beschauen, prüfen, sich auf eine Wahl vorbereiten; über Art und Mittel der Erwerbung wolle er später mündlich mit ihm verhandeln. Auch ließ der junge Mann in der That nicht lange auf sich warten, doch führten die Verhandlungen bei seinem geschickten Ausweichen, so oft von einem Ankauf ernstlich die Rede sein sollte, zu keinem andern Ziele, als daß stets mehr Kunstwerke eintrafen und die Besuche des jungen Mannes in stets kürzeren Zwischenräumen erfolgten.
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